Befehl von oben
mir und meinen Eltern. Ich muß nicht in allen Fragen mit Ihnen gleicher Meinung sein, Jack. Ich weiß, Sie versuchen, das Richtige zu tun. Mein Job ist also, Sie zu beschützen, damit Sie es auch können. Und das heißt, daß Sie zuhören und manchmal Dinge, die Ihnen nicht gefallen, tun müssen, denn Ihr Job, Mr. President, hat eigene Regeln. Sie müssen ihnen folgen«, schloß der Stabschef ruhig.
»Wie mache ich mich, Arnie?« fragte Ryan, der die dickste Lektion der Woche noch aufnahm.
»Nicht schlecht, aber Sie müssen noch besser werden. Kealty ist noch immer mehr Ärgernis als echte Bedrohung. Wenn Sie rausgehen und präsidial auftreten, drängt ihn das weiter an den Rand. Jetzt was anderes.
Wenn Sie rausgehen, das House verlassen, werden die Leute Sie fragen, ob Sie bei der nächsten Wahl antreten. Was werden Sie ihnen also sagen?«
Energisch schüttelte Ryan den Kopf. »Ich wünsche diesen Job nicht, Arnie. Soll ihn jemand anders übernehmen, wenn …«
»Dann haben Sie verspielt. Keiner wird Sie ernst nehmen. Dann bekommen Sie nicht die Leute in den Kongreß, die Sie brauchen. Sie lähmen sich selbst und erreichen niemals, was Sie sich vorstellen. Sie werden politisch ineffektiv. Das kann sich Amerika nicht leisten, Mr. President. Regierungen anderer Länder werden Sie nicht ernst nehmen, und das wirkt sich auf die nationale Sicherheit aus, unmittelbar und auch auf lange Sicht. Was sagen Sie also, wenn Reporter Ihnen diese Frage stellen?«
Der Präsident kam sich vor wie ein Schüler, der in der Klasse die Hand hob. »Ich habe mich noch nicht entschieden?«
»Korrekt. Gegenwärtig erfüllen Sie erst Ihre Aufgabe, die Regierung neu aufzubauen, und diese Frage werden Sie zu gegebener Zeit behandeln. Ich lasse beiläufig durchsickern, daß Sie drüber nachdenken, weiterzumachen, daß Sie glauben, Ihre erste Pflicht gebührt dem Land, und wenn Reporter Sie dazu befragen, müssen Sie nur Ihre ursprüngliche Position wiederholen. Das ist eine Botschaft an ausländische Regierungen, die sie verstehen und ernst nehmen werden, und das amerikanische Volk wird sie ebenfalls verstehen und respektieren. Aus praktischer Sicht werden bei den Vorwahlen für die Präsidentschaft beide Parteien nicht für marginale Kandidaten optieren, die nicht auf dem Hill geblieben sind. Eher dürften sie für nicht festgelegte Delegationen votieren. Vielleicht sollten Sie zu dem Thema was sagen. Werd' ich mit Callie besprechen.« Er erwähnte nicht, daß die Medien diese Aussicht lieben würden. Über zwei völlig offene Parteikonvente zu berichten, hätte kaum einer der Meute zu träumen gewagt. Arnie vereinfachte, so gut er nur konnte. Egal, welche Haltungen Ryan vertrat, sobald er sie einnahm, würden mindestens vierzig Prozent sie ablehnen, wohl eher mehr. Das Komische an den zwanzig Prozent war, daß sie die gesamte politische Bandbreite abdeckten. Von diesen würden einige lautstark protestieren und sich darin nicht unterscheiden von derjenigen Vierzig-Prozent-Gruppe, die die ideologische Einstellung teilte, aber am Ende würden sie den Mann wählen. Das taten sie immer, ehrliche Leute, die sie waren, die das Land über das Vorurteil stellten. Ryan begriff die Chance noch nicht, die er in Händen hielt, und das war bestimmt besser so, denn wenn er zu sehr darüber nachdächte, würde er womöglich versuchen, den Dreh zu beherrschen, der ihm nie liegen würde. Auch ehrbare Menschen konnten Fehler begehen, und Ryan war da keine Ausnahme. Deshalb gab es Leute wie Arnold van Damm, um gleichzeitig von innen und von außerhalb des Systems zu lehren und leiten. Er schaute seinen Präsidenten an und sah die Aufruhr, die mit neuen Gedanken einherging. Der bemühte sich, den Sinn zu erkennen, vermutlich auch mit Erfolg, denn er war ein guter Zuhörer und ein besonders talentierter Verarbeiter von Informationen. Er würde sie jedoch nicht bis zur logischen Schlußfolgerung durchblicken. So weit in die Zukunft schauen vermochten nur Arnie und vielleicht Callie Weston. In den vergangenen Wochen hatte van Damm entschieden, daß Ryan das Zeug zu einem echten Präsidenten hatte. Seine Aufgabe war es nun, dafür zu sorgen, daß Jack hier blieb.
*
»Das können wir nicht tun«, protestierte die indische Premierministerin und gab zu: »Wir haben gerade unlängst von der amerikanischen Navy eine Lektion erteilt bekommen.«
»Eine rauhe«, pflichtete Zhang bei. »Aber sie hat keinen bleibenden Schaden angerichtet. Ich glaube, Ihre Schiffe
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