Befehl von oben
Am anderen Ende konnte er ein deutliches Lachen hören. Telefonhaschen konnte einem ganz schön auf den Senkel gehen.
»Was macht's Angeln, Colonel?«
»Ob Sie es glauben oder nicht, aber ich bin noch gar nicht dazu gekommen. Ralph hält mich hier ganz schön auf Trab.«
»Was wollten Sie eigentlich – Sie hatten doch zuerst angerufen, oder nicht?« Lorenz war sich nicht mehr sicher. Auch ein Zeichen dafür, daß man zuviel um die Ohren hatte.
»Ja, das hatte ich, Gus. Ralph sagt mir, Sie würden sich erneut mit der Ebola-Struktur befassen, ausgehend von diesem Mini-Ausbruch in Zaire?«
»Ja, das würde ich, wenn mir nicht jemand meine Affen gestohlen hätte«, berichtete der CDC-Direktor sauer. »Die Ersatzlieferung wird in wenigen Tagen hier eintreffen, so hat man mir wenigstens gesagt.«
»Sie hatten einen Einbruch?« fragte Alexandre. Eine der lästigen Entwicklungen für Labors, die Versuchstiere hatten, war die, daß Tierrechtsfanatiker bisweilen einzubrechen versuchten, um die Tiere zu ›befreien‹.
Eines Tages würde so ein Spinner noch mit 'nem Affen unterm Arm davonmarschieren, wenn man nicht aufpaßte, und entdecken, daß er Lassafieber hatte – oder noch schlimmer. Wie zum Teufel sollen Ärzte die verdammten Viren erforschen können ohne Tiere – und wer sagt denn, daß ein Affe wertvoller sei als ein Mensch? Die Antwort darauf war ganz einfach: In Amerika gibt es Leute, die an so gut wie alles glauben, und das Recht, ein Rindvieh zu sein, ist verfassungsmäßig verbrieft.
Deshalb halten CDC, Hopkins und andere Forschungslabors bewaffnete Sicherheitskräfte, um die Affenkäfige zu bewachen. Sogar die Rattenkäfige, was Alex die Augen verdrehen ließ.
»Nein, sie sind in Afrika entführt worden. Jetzt spielt jemand anders mit ihnen. Wie auch immer, das hat mich eine Woche zurückgeworfen. Verdammt. Diesen kleinen Bastard habe ich schon fünfzehn Jahre im Visier.«
»Wie frisch ist die Probe?«
»Sie stammt vom Index-Patienten. Positive Identifizierung, Ebola-Mayinga-Subtyp. Wir haben noch eine Probe von der einzigen anderen Patientin. Von der, die verschwunden ist …«
»Was?« fragte Alexandre, auf der Stelle alarmiert.
»Bei einem Flugzeugabsturz über dem Meer verschwunden. Sie wollten sie vermutlich zu Rousseau nach Paris bringen. Keine weiteren Fälle, Alex. Zur Abwechslung sind wir diesmal der Kugel entgangen«, versicherte Lorenz dem jüngeren Kollegen.
Besser, dachte Alexandre, beim Flugzeugabsturz zerhackt zu werden, als durch dieses kleine Scheißviech auszubluten. Er dachte immer noch wie ein Soldat, hatte noch diese Ausdrucksweise und so. »Okay.«
»So, warum haben Sie angerufen?«
»Polynome«, hörte Lorenz.
»Was meinen Sie damit?« fragte der Doktor in Atlanta.
»Wenn Sie das hier durchmustern, denken Sie doch an eine mathematische Analyse der Struktur.«
»Mit diesem Gedanken spiele ich auch schon einige Zeit. Im Augenblick aber will ich den Reproduktionszyklus untersuchen und …«
»Genau, Gus, die mathematische Natur der Interaktion. Ich habe mich hier mit einer Kollegin unterhalten – Augenchirurgin, Sie werden es nicht glauben. Sie hat etwas Interessantes gesagt. Wenn die Aminosäuren einen bestimmbaren mathematischen Wert besitzen, und das sollten sie, dann könnten wir daraus, wie sie mit anderen Kodonfäden interagieren, etwas erfahren.« Alexandre hielt inne und hörte, wie ein Streichholz angezündet wurde. Gus rauchte seine Pfeife wieder im Büro.
»Weiter.«
»Das war's, Gus. Wenn es nun genau so ist, wie Sie gedacht haben, wenn es tatsächlich eine Gleichung ist? Wie gehen wir damit um? Okay, Ralph hat mir von Ihrer Zeitzyklusstudie erzählt. Ich denke, Sie sind da an etwas dran. Wenn wir die Virus-RNS dargestellt haben, und wir haben die Wirt-DNS dargestellt, dann …«
»Donnerwetter! Die Wechselwirkungen werden uns etwas über die Werte der Elemente in den Polynomen erzählen …«
»Und das wird uns einiges darüber verraten, wie dieser kleine Bastard sich vermehrt, und vielleicht …«
»Wie man ihn angehen kann.« Eine Pause, und über die Telefonleitung kam hörbares Paffen. »Alex, das ist sehr gut.«
»Sie sind der Beste für diesen Job, Gus, und Sie führen das Experiment ja sowieso durch.«
»Etwas fehlt allerdings noch.«
»Das ist immer so.«
»Lassen Sie mich einen Tag darüber nachdenken und Sie dann wieder anrufen. Sehr gut, Alex!«
»Danke, Sir.« Professor Alexandre legte den Hörer auf und sagte sich, für
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