Befehl von oben
unten schlank und gebogen, mit den Eiweißschlaufen oben. Letztere waren nach allgemeiner Auffassung der Schlüssel zur Virustätigkeit. Ihre genaue Funktion war unbekannt, und auch das befriedigte den Direktor in seinem Selbstbild als Techniker für biologische Kriegsführung. »Moudi«, rief er.
»Ja, ich sehe es«, der jüngere Arzt nickte langsam, als er das Zimmer durchquerte. Ebola-Zaire-Mayinga war im Blut des Abtrünnigen vorhanden. Er hatte gerade auch den Antikörpertest durchgeführt und die Farbveränderung der winzigen Probe beobachtet. Diese Probe war nicht falsch-positiv.
»Der Luftübertragungsweg ist bestätigt.«
»Ich stimme zu.« Moudis Ausdruck blieb unverändert. Es überraschte ihn nicht.
»Wir warten noch einen Tag ab – nein, zwei Tage für die zweite Phase. Dann werden wir es wissen.« Jetzt hatte er erst einen Bericht zu erstellen.
*
Die Ankündigung in Peking hatte die amerikanische Botschaft kalt erwischt. Die Wortwahl war routinemäßig. Die Chinesische Marine werde eine größere Übung in der Formosastraße abhalten. Verschiedentlich würden Abschüsse scharfer Boden-Luft- und Boden-Boden-Raketen stattfinden, deren Termine noch nicht feststanden (es seien noch Erwägungen zu den Wetterbedingungen im Gange, hieß es in der Mitteilung). Die Regierung der Volksrepublik China werde mit Luftfahrt- und Seefahrt-Bescheid warnen, damit Fluglinien und Handelsschiffer ihre Pläne anpassen könnten. Ansonsten sagte die Mitteilung gar nichts aus, was den Deputy Chief of Mission in Peking einigermaßen beunruhigte.
Der DCM besprach sich sofort mit seinen Militärattachés und dem CIA-Stationschef, von denen keiner neue Einsichten beisteuern konnte, außer daß die Mitteilung nichts über Taiwan aussagte. Einerseits waren das gute Neuigkeiten: keine Klagen über die fortdauernde politische Unabhängigkeit Taiwans – nach Ansicht Pekings eine abtrünnige Provinz. Andererseits waren die Neuigkeiten schlecht: Die Mitteilung sagte nicht aus, daß dies nur eine Routineübung war und keinen beunruhigen sollte. Die Information wurde ans NMCC im Pentagon, ans Außenministerium und an die CIA-Zentrale in Langley weitergeleitet.
Daryaei mußte sein Gedächtnis nach dem Gesicht zum Namen durchforsten. Raman … ach ja, Aref Raman, wie helle der Junge gewesen war.
Der Vater war Autohändler gewesen, für Wagen von Mercedes, und hatte sie an die Mächtigen verkauft – ein Mann, dessen Glauben wankte.
Der seines Sohnes aber nicht. Der Sohn hatte nicht einmal geblinzelt bei der Nachricht vom Tod seiner Eltern durch die Hände der Armee des Schahs. Mit seinem Lehrer zusammen hatte er für sie gebetet. Tod aus den Händen derer, denen sie vertraut hatten – das war die Lehre aus diesem Ereignis gewesen. Aber diese Lehre war nicht einmal ausschlaggebend. Raman war schon fest im Glauben gewesen, abgestoßen vom Gedanken an seine ältere Schwester, die sich mit einem amerikanischen Offizier eingelassen und somit ihrer Familie und seinem eigenen Namen Schande bereitet hatte. Auch sie war in der Revolution untergegangen, wegen Ehebruchs durch ein Islamisches Gericht verurteilt; somit blieb nur der Sohn. Man hätte ihn verwenden können auf verschiedene Weise, aber die Weise hatte Daryaei schließlich selbst gewählt. Gekoppelt mit zwei älteren Leuten, war die neue »Familie« mit dem Reichtum der Familie Raman erst nach Europa, rasch anschließend nach Amerika geflüchtet. Dort hatte man lediglich ruhig gelebt – Daryaei vermutete, daß die Alten schon tot waren. Der Sohn, für die Mission wegen seiner schnellen Beherrschung der englischen Sprache ausgesucht, hatte seine Ausbildung fortgeführt und war in den Regierungsdienst eingetreten.
Seine Aufgaben hatte er genauso hervorragend bewältigt wie in der Frühphase der Revolution, als er zwei Stabsoffiziere aus der Luftwaffe des Schahs umbrachte, während sie in einer Hotelbar Whiskey tranken.
Seitdem hatte er getan, wie befohlen. Nichts. Verschmelzen. Verschwinden. Immer an die Mission denken, aber tue nichts. Der Ajatollah freute sich, den Jungen richtig eingeschätzt zu haben, denn er wußte nun von der kurzen Nachricht, daß die Mission kurz vor der endgültigen Vollstreckung stand.
Das Wort Assassine ist abgeleitet von hashshash, dem arabischen Wort für die Droge Haschisch, die einst von den Mitgliedern der Nizari-Untersekte des Islam als Werkzeug benutzt wurde, um sich vor ihren Mordmissionen drogeninduzierte Visionen vom Paradies
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