Befehl von oben
wischten die Pfleglinge mit raschen, unsanften Schwammbewegungen ab. Nur ein paar kamen ihm echt mitfühlend vor. Vielleicht würde Allah ihre Mildtätigkeit bemerken und gnädig zu ihnen sein, wenn ihre Zeit kam – in weniger als zehn Tagen.
*
»Zeugnisberichte«, sagte Cathy, als Jack ins Schlafzimmer kam.
»Gut oder schlecht?« fragte ihr Mann.
»Schau selber«, schlug seine Frau vor.
Oje, dachte der Präsident, als er sie ihr aus der Hand nahm. Alles in allem waren sie nicht so schlecht. In den Beurteilungskästchen – jede Lehrkraft schrieb einen kurzen Absatz zur Erläuterung der Notengebung – stand, daß die Qualität der Hausaufgaben sich in den letzten Wochen verbessert hatte – aha, die Geheimdienstagenten gaben also Nachhilfe, erkannte Jack. In einer Hinsicht war es amüsant. In einer anderen – da erledigten Fremde die väterlichen Aufgaben, und dieser Gedanke verursachte ihm ein Ziehen im Magen. Die Ergebenheit der Agenten führte ihm lediglich etwas vor Augen, das er für seine eigenen Kinder nicht erledigen konnte.
»Wenn Sally später mal ins Hopkins will, muß sie in den wissenschaftlichen Fächern etwas mehr aufpassen«, bemerkte Cathy.
»Sie ist doch noch ein Kind.« Für ihren Vater würde sie immer das kleine Mädchen bleiben, das …
»Sie wächst heran, und rate mal? Sie interessiert sich für einen jungen Fußballspieler. Heißt Kenny und ist voll cool«, berichtete SURGEON.
»Müßte sich auch mal die Haare schneiden lassen. Seine sind länger als meine.«
»Oh, Gott«, erwiderte SWORDSMAN.
»Bin überrascht, daß sie so lang gebraucht hat. Ich hab' schon mit Jungs angebandelt, da war ich …«
»Davon will ich nichts hören …«
»Na, ich hab' dich doch geheiratet, oder nicht?« Pause. »Mr. President …«
Jack drehte sich um. »Ist schon eine Weile her.«
»Könnten wir uns irgendwie ins Lincoln-Schlafzimmer verziehen?« fragte Cathy. Jack blickte zu ihr und sah ein Glas auf ihrem Nachttisch.
Sie hatte ein oder zwei Drinks gehabt. Für morgen waren wohl keine Operationen angesetzt.
»Der hat dort nie geschlafen. Sie nennen es so, weil …«
»Das Bild. Ich weiß. Ich hab' gefragt. Ich mag das Bett«, erklärte sie lächelnd. Cathy legte ihre Patientennotizen weg und nahm die Lesebrille ab. Dann hielt sie die Arme hoch wie ein Kleinkind, das in die Arme genommen und an die Brust gedrückt werden will. »Weißt du, ich habe noch nie mit dem mächtigsten Mann der Welt geschlafen – zumindest nicht diese Woche.«
»Wie sieht's mit dem Kalender aus?« Cathy hatte nie die Pille genommen.
»Wie soll's schon mit dem Kalender aussehen?« erwiderte sie. Sie war immer so regelmäßig wie ein Metronom gewesen.
»Du möchtest doch nicht noch ein …«
»Vielleicht ist es mir nicht besonders wichtig.«
»Du bist vierzig!« wandte POTUS ein.
»Besten Dank! Du triffst den Nagel ziemlich auf den Kopf. Macht dir das Sorgen?«
Jack dachte eine Weile darüber nach. »Ach, eigentlich nicht. Ich hab' doch nie die Vasektomie durchführen lassen.«
»Nö, du hast nicht einmal mit Pat drüber gesprochen, wie du gesagt hast – und wenn du das jetzt machen läßt«, fuhr FLOTUS mit einem überaus verschmitzten Grinsen fort, »wird es in allen Zeitungen stehen.
Vielleicht sogar live im Fernsehen. Arnie dürfte dir sagen, daß es für die Nullwachstumsleute ein gutes Beispiel setzen wird, und du würdest darauf eingehen. Da wäre bloß die Frage der nationalen Sicherheit …«
»Was?«
»Präsident der Vereinigten Staaten läßt sich die Eier absäbeln. Dann wird doch keiner mehr Respekt vor Amerika haben, oder?«
Jack wollte schon loslachen, hielt sich aber zurück. Die Leute vom Detail auf dem Flur könnten es hören und …
»Was ist in dich gefahren?«
»Vielleicht hab' ich mich hier allmählich eingewöhnt – oder vielleicht möchte ich einfach nur Spaß im Bett haben«, fügte sie hinzu.
Da klingelte das Telefon. Cathy schnaubte, als sie danach langte.
»Hallo? Ja, Dr. Sabo. Mrs. Ermory? Okay – nein, glaube ich nicht – Nein, keinesfalls, nicht bis morgen. Geben Sie ihr was zum Einschlafen – was halt notwendig ist. Die Verbände bleiben dran, und vergewissern Sie sich, daß es auf dem Krankenblatt steht, sie kann so gut jammern. Ja. Nacht, Doktor.« Sie legte auf und murmelte. »Die Linsen-OP von neulich. Sie mag die Augenbinde nicht, aber wenn wir die Bandagen zu früh abnehmen …«
»Jetzt wart mal, wie kann der …«
»Sie haben in
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