Befehl von oben
er die Tür aufmachte, sah er seine Jüngste auf der Seite liegen, einen braunen Plüschteddybären neben sich. Sie hatte noch immer einen Strampelanzug an. Jack erinnerte sich noch, wie Sally das gleiche getragen hatte und wie niedlich Kinder darin aussahen, wie Päckchen. Aber Sally freute sich schon darauf, reizvolle Dessous bei Victoria's Secret kaufen zu können, und Little Jack – neuerdings wehrte er sich gegen den Beinamen – bestand schon auf Boxer Shorts, weil das für Jungen seines Alters ›in‹ war. Die mußten so tief sitzen, weil es ebenso ›in‹ war, daß sie einem fast von den Hüften rutschten. Nun, er hatte ja immer noch ein Kleinkind. Jack trat ans Bett und blieb eine Minute stehen, genoß mit dem Blick auf Katie das Gefühl, Vater zu sein. Er blickte sich um, und auch hier war das Zimmer unnatürlich aufgeräumt. Nichts Loses am Boden, sogar die Söckchen neben den fantasievollen Turnschuhen. War das die richtige Umgebung für ein Kind? Er kam sich vor wie in einem Shirley-Temple-Film aus der Kinderzeit seiner Eltern – etwas ganz Nobles, wo er sich immer gefragt hatte: Leben Menschen tatsächlich so?
Keine normalen Familien, nur königliche – und die Familie des Mannes, der zur Präsidentschaft verurteilt war. Jack lächelte, schüttelte den Kopf und ging aus dem Zimmer. Agent Raman schloß hinter ihm die Tür, überließ POTUS nicht einmal das. Irgendwo im Gebäude, war sich Ryan sicher, zeigten Sensoren wahrscheinlich an, das jemand das Zimmer betreten hatte; und jemand fragte womöglich über die Funkverbindung der Sicherheitskräfte und erhielt zur Antwort, daß SWORDSMAN SANDBOX zudeckte.
Er steckte den Kopf in Sallys Zimmer. Seine Älteste schlief ebenfalls, träumte zweifellos von einem Jungen in ihrer Klasse – Kenny oder so?
Einer, der echt cool war. Der Boden in Little Jacks Zimmer war tatsächlich durch ein Comicbuch verunziert, aber sein weißes Hemd hing gebügelt auf einem stummen Diener, und jemand hatte seine Schuhe geputzt.
Wieder ein Tag beim Teufel, dachte der Präsident. Er wandte sich an seinen Bodyguard: »Nacht, Jeff.«
»Gute Nacht, Sir«, sagte Agent Raman vor der Tür des Elternschlafzimmers. Ryan nickte dem Mann noch einmal zu. Raman wartete, bis die Tür zu war, und schaute dann nach links und rechts zu den anderen Agenten des Detail. Die rechte Hand streifte die Dienstpistole unter seinem Jackett, und um seine Augen lag ein ganz persönliches Lächeln, weil er wußte, was so leicht hätte sein können. Er hatte noch keine Antwort erhalten. Nun, sein Kontaktmann war zweifellos vorsichtig.
Aref Raman hatte heute nacht die Aufsicht über das Detail. Er schritt über den Flur, nickte den postierten Agenten zu, stellte einige unverfängliche Fragen und ließ sich vom Aufzug ins ›Staatsgeschoß‹ tragen und von da nach draußen, um etwas Luft zu schnappen und einen Blick auf die Außenposten zu werfen. Im Lafayette Park über der Straße waren einige Protestierer – zu dieser nachtschlafenden Zeit eng zusammengeschart. Viele von ihnen rauchten – vielleicht Haschisch? fragte sich Aref mit einem rätselhaften Lächeln. Wäre das nicht komisch?
Ansonsten gab es nur Verkehrsgeräusche, im Osten eine ferne Sirene, und die Posten, die sich mit Gesprächen über Basketball, Eishockey oder das Frühjahrstraining zum Baseball wach zu halten versuchten und dabei die Augen nach draußen schweifen ließen, um in den Schatten der Stadt nach Gefahren zu suchen. Dort brauchten sie nicht zu suchen, dachte Raman, als er sich umdrehte, um wieder an seinen Posten zu gehen.
*
»Kann man sie kidnappen?«
»Die beiden älteren nicht, zu ungünstig, zu schwierig, aber bei der Jüngsten dürfte es gehen. Es könnte aber gefährlich und verlustreich sein«, warnte Movie Star.
Badrayn nickte. Das hieß, besonders verläßliche Leute auszusuchen.
Daryaei hatte sie. Die Vorgänge im Irak hatten das bewiesen. Er besah sich einige Minuten lang schweigend die Diagramme, während sein Gast zum Fenster hinausblickte. Die Kundgebung hielt immer noch an.
Nun schrien sie: »Tod den USA!« Die Gruppen und die Einpeitscher hatten mit diesem bestimmten Mantra schon eine lange Erfahrung.
Dann meldete sich der Geheimdienstler wieder.
Movie Star fragte: »Wie lautet genau der Auftrag, Ali?«
»Das strategische Ziel ist, Amerika davon abzuhalten, sich bei uns einzumischen.« Uns hieß nun alles, was Daryaei es bedeuten lassen wollte.
*
Alle neune, sah Moudi. Er führte die
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