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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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der Augenblick war günstig.
    »Was für ein Mensch ist er denn?« fragte Movie Star. Nach seinem Flug nach Frankfurt hatte er einen nach Athen, einen nach Beirut und noch einen weiteren hierher nach Teheran genommen. Er kannte Daryaei nur vom Ruf her.
    »Er kennt sich mit der Macht aus«, antwortete Badrayn, während er auf die Kundgebungen draußen hörte. Der Frieden hatte schon etwas für sich, überlegte er. Der Krieg zwischen Irak und Iran hatte beinahe ein Jahrzehnt gedauert. Kinder waren in den Tod geschickt worden. Raketen hatten die Städte beider Länder in Schutt und Asche gelegt. Die Zahl der Opfer würde nie genau bekanntwerden, und obwohl der Krieg schon vor Jahren beendet worden war, jetzt war er erst richtig zu Ende – wohl eher eine Sache des Herzens als des Rechts. Oder vielleicht hatte es mit Gottes Recht zu tun, das sich von dem des Menschen unterschied.
    Die sich daraus ergebende Euphorie hatte er selbst einmal empfunden.
    Jetzt wußte er es aber besser. Solche Gefühle ließen sich als politische Waffe einsetzen. Da draußen waren Menschen, die noch vor kurzem die Weisheit ihres Oberhaupts in Frage gestellt hatten, der soviel wie möglich ihrer Freiheiten beschnitten hatte. Das war nun vorüber und würde so bleiben – wie lange noch? Das war die Frage, und deshalb mußten solche Gelegenheiten richtig ausgenützt werden. Und Daryaei kannte sich darin bestens aus.
    »Nun«, sagte Badrayn, der den Lärm der Gläubigen draußen ausblendete, »was haben Sie in Erfahrung gebracht?«
    »Das Interessanteste habe ich aus dem Fernsehen. Präsident Ryan macht sich gut, aber er hat Probleme. Die Regierung ist noch nicht voll funktionsfähig. Die Wahlen zum Unterhaus des Parlaments werden im nächsten Monat stattfinden. Ryan ist populär. Die Amerikaner lieben Meinungsumfragen«, erklärte er. »Sie rufen Leute per Telefon an – ein paar tausend, oft weniger – und berichten dann, was jeder denkt.«
    »Das Ergebnis?« fragte Badrayn.
    »Die große Mehrheit ist für das, was er macht – aber er macht eigentlich nichts, er macht nur weiter. Er hat noch keinen Vizepräsidenten ernannt.«
    Badrayn wußte das, aber nicht den Grund dafür. »Warum?« fragte er.
    Movie Star grinste. »Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Darüber muß das gesamte Parlament entscheiden, und das ist noch nicht vollzählig. Das wird eine Zeitlang so bleiben. Dazu kommt das Problem mit dem früheren Vizepräsidenten, diesem Kealty, der meint, er sei der Präsident – und Ryan hat ihn nicht verhaften lassen. Ihr Rechtssystem behandelt Verrat nicht sehr wirkungsvoll.«
    »Und wenn wir Ryan töten könnten …?«
    Movie Star schüttelte den Kopf. »Sehr schwierig. Ich habe mir einen Nachmittag Zeit genommen, um in Washington herumzugehen. Die Überwachung ist sehr strikt. Touristenrundfahrten sind nicht gestattet.
    Die Straße vor dem Gebäude ist gesperrt. Ich habe mich eine Stunde lang auf eine Bank gesetzt und dabei nach irgendwelchen Zeichen gesucht. Auf allen Gebäuden Scharfschützen. Vermutlich hätten wir eine Chance bei einer seiner offiziellen Reisen, aber das erforderte eine ausführliche Planung, für die wir nicht die nötige Zeit haben. Und so bleiben uns nur …«
    »Seine Kinder«, vollendete Badrayn den Satz.
    *
    Herrgott, ich sehe sie kaum noch, dachte Jack. Er kam in Begleitung Jeff Ramans gerade aus dem Aufzug und blickte auf die Uhr. Mitternacht gerade vorbei. Verdammt. Er hatte es noch geschafft, ein eiliges Abendessen mit ihnen und Cathy einzunehmen, bevor er wieder zu seiner Lektüre und seinen Sitzungen nach unten huschen mußte, und nun – schliefen alle schon.
    Der Flur oben war viel zu groß für die Intimität einer wirklichen Wohnung. Drei Agenten waren in Sicht, ›schoben Wache‹, wie sie es nannten, und der diensttuende Offizier mit dem ›Fußball‹, dem elektronischen Aktenkoffer für den Atomwaffeneinsatz. Es war wegen der Nachtzeit ruhig, und der Gesamteindruck war eher wie in einem noblen Bestattungsunternehmen, nicht wie in einer von einer Familie bewohnten Wohnung. Keine Unordnung, keine Spielsachen auf dem Teppich, keine leeren Gläser vor dem Fernseher. Zu sauber, zu ordentlich, zu kühl.
    Immer jemand in der Nähe. Raman tauschte Blicke mit den anderen Agenten aus, deren Nicken besagte: »Okay, alles klar.« Niemand mit 'ner Knarre hier oben, dachte Ryan. Toll.
    Die Schlafzimmer hier oben lagen zu weit auseinander. Er wandte sich zuerst nach links zu Katies Zimmer. Als

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