Befehl von oben
sie sich. »Mann, hier war'n wir schon mal, und da hat's auch geklappt, weißt du noch?«
»Wir haben die Nummernschilder der Autos auf dem Parkplatz.
Drei sind gemietet. Wir verfolgen das gerade«, sagte Raman, einen Telefonhörer am Ohr. »Sollten womöglich irgendeine Identität rauskriegen.«
Wie dumm waren sie wohl? fragte sich O'Day. Sie mußten ganz verflucht blöd sein, wenn sie dachten, daß sie noch irgendeine Entkommenschance hätten … Und wenn sie diese Hoffnung nicht hatten, dann hatten sie nichts zu verlieren … nicht das geringste … Und ihnen schien das Töten nichts auszumachen. Das war in Israel schon einmal passiert, erinnerte sich Pat. Ihm fiel weder Name noch Datum ein, aber ein paar Terroristen hatten eine Schar Kinder in ihre Gewalt gebracht und sie niedergemäht, bevor die Kommandos …
Er hatte die Taktik für jede mögliche Situation gelehrt, hatte er zumindest gemeint und hätte das auch bis noch vor zwanzig Minuten behauptet – aber wenn er sein einziges Kind neben sich hatte …
Sie sind alle unsere Kinder, sagte ihm Doms Stimme wieder.
Der unverletzte Killer hielt Katie Ryan am Oberarm. Sie wimmerte nur noch, von ihrem früheren Kreischen erschöpft, und hing fast an seiner Hand. Der Täter stand links vom Verwundeten. Seine rechte Hand hielt die AK. Hätte er eine Pistole gehabt, hätte er sie an ihren Kopf halten können, aber die AK war dafür zu lang. Ganz langsam bewegte Inspektor O'Day die Hand nach unten und öffnete dabei den Reißverschluß der Jacke.
Sie unterhielten sich wieder. Der Verwundete hatte ziemliche Beschwerden. Zuerst hatte der Adrenalinstoß einiges ausgeblendet, aber mit der Spannungslösung verschwanden auch die Mechanismen der Schmerzblockade, die den Körper in Zeiten großer Belastung beschützten. Er sagte etwas, aber Pat verstand es nicht. Der andere knurrte eine Erwiderung, gestikulierte zur Tür und sprach leidenschaftlich und enttäuscht. Der erschreckende Teil würde kommen, wenn sie zu einem Entschluß gelangt waren. Sie könnten die Kinder einfach abknallen. Die draußen würden, wenn sie mehr als einen oder zwei Schüsse hörten, womöglich das Gebäude stürmen. Sie könnten schnell genug sein, um einige Kinder zu retten, aber …
Er nannte sie in Gedanken Weh und Steh. Sie waren aufgedreht, aber verwirrt, erregt, aber unentschlossen, wollten leben, erkannten aber allmählich, daß dies nicht mehr möglich war …
»He, ähm, Leute«, sagte Pat mit erhobenen und fuchtelnden Händen, um sie vom offenen Reißverschluß abzulenken. »Darf ich was sagen?«
»Was«, wollte Weh wissen, während Steh zuschaute.
»All die Kinder, die Sie hier haben, die lassen sich nicht alle kontrollieren, nicht wahr?« fragte er mit nachdrücklichem Nicken. »Wie war's, wenn ich mein kleines Mädchen und ein paar von den andern mit rausnähme, okay? Macht euch vielleicht die Sache leichter.«
Das brachte weiteres Kauderwelsch. Die Idee schien Steh eigentlich zuzusagen, so kam es O'Day wenigstens vor.
»Achtung, hier ist der Geheimdienst!« rief die Stimme. Klang nach Price, dachte der FBI-Agent. Steh blickte zur Tür, und seine Haltung strebte dorthin, aber um dahin zu kommen, mußte er an Weh vorbei.
»He, kommt schon, laßt ein paar von uns gehen, ja?« flehte O'Day.
»Vielleicht kann ich denen sagen, sie sollen euch 'nen Wagen oder so was geben.«
Steh schwenkte das Gewehr in Richtung des Inspektors. »Aufstehen!« befahl er.
»Okay, okay, cool bleiben, ja?« O'Day stand langsam auf, hielt die Hände gut vom Körper weg. Würden sie sein Halfter sehen, wenn er sich umdrehte? Die vom Dienst hatten es gleich entdeckt, als er das erstemal hereinspaziert war, und wenn er das vermasselte, dann würde Megan … Es gab kein Zurück. Jetzt nicht mehr.
»Sagen Sie ihnen, sagen Sie Ihnen, sie sollen uns einen Wagen geben, oder ich werde die da und alle anderen umbringen!«
»Darf ich meine Tochter mitnehmen, okay?«
»Nein!« sagte Weh.
Steh sagte etwas in seiner Muttersprache zu Weh. Die Waffe war noch immer auf den Boden gerichtet, während die von Weh weiterhin auf O'Days Brust zielte.
»He, was habt ihr denn zu verlieren?«
Es war fast so, als sagte Steh seinem verwundeten Freund das gleiche, und dazu riß er an Katie Ryans Arm. Sie schrie wieder laut auf, als er durchs Zimmer schritt, während er sie vor sich herschob und dabei Wehs Blickfeld blockierte. Das alles hier hatte bisher zwanzig Minuten gedauert. Nun hatte er eine Sekunde, um
Weitere Kostenlose Bücher