Befehl von oben
Defense-Attaché in Neu-Delhi sie nach ihren Absichten. Viel werden sie ihm nicht sagen.«
»Wenn nicht, mein' ich, daß Botschafter Williams selbst ein Besuch machen wird.«
»Gute Idee. Und damit ist die heutige Nachrichtensendung abgeschlossen, falls Sie kein Trivia spielen wollen.« Robby schloß die Dokumente weg. »Wie sehen die Reden aus?«
»Das Thema ist gesunder Menschenverstand.«
»In Washington?«
*
Adler war nicht übermäßig zufrieden. In Peking angekommen, erfuhr er, daß die Zeitplanung zu wünschen ließ. Seine Maschine war – wieder mal die internationale Datumsgrenze – an einem Samstag abend gelandet, und die wichtigsten Minister waren ausgeflogen, gewissenhaft die Bedeutung des Gemetzels über der Seestraße herabspielend, und im ›Bestreben‹, ihm die Chance zu geben, vom Jetlag erholt, ernste Treffen wahrzunehmen.
»Welch Vergnügen, Sie hier zu haben«, sagte der Außenminister, nahm seine Hand und führte ihn in sein Büro. Dort wartete bereits jemand. »Kennen Sie Zhang Han San?«
»Nein, wie geht es Ihnen, Minister?« fragte Adler und nahm auch dessen Hand. So sieht er also aus.
Man setzte sich. Außer den beiden chinesischen Ministern gab es als Dolmetscherin eine Frau in den frühen Dreißigern.
»Ihr Flug war angenehm?« erkundigte sich der Außenminister.
»Ihr Land zu besuchen ist stets angenehm, doch wünschte ich mir, der Flug wäre kürzer«, gab Adler zu.
»Reiseauswirkungen auf den Körper sind oft problematisch, und der Körper beeinflußt doch den Geist. Ich gehe davon aus, daß Sie sich erholen konnten. Es ist wichtig«, fuhr der Außenminister fort, »daß Gespräche auf hoher Ebene, vor allem in Zeiten unangenehmer Vorkommnisse, nicht durch überflüssige Komplikationen beeinträchtigt werden.«
»Ich bin gut ausgeruht«, versicherte ihnen Adler. Er hatte reichlich geschlafen. Er war sich nur nicht sicher, wie spät es war, wo auch immer sein Körper sich wähnte. »Und die Interessen des Friedens und der Stabilität zwingen uns das gelegentliche Opfer auf.«
»Wie wahr.«
»Minister, die traurigen Vorkommnisse der letzten Woche haben, mein Land beunruhigt«, sagte SecState seinen Gastgebern.
»Warum versuchen diese Banditen, uns zu provozieren?« fragte der Außenminister. »Unsere Streitkräfte führen Übungen durch, das ist alles. Und die haben zwei unserer Flugzeuge abgeschossen. Die Besatzungen sind tot. Sie haben Familien. Das ist sehr traurig, aber ich hoffe, Sie haben bemerkt, daß die Volksrepublik nicht zurückgeschlagen hat.«
»Wir haben dies mit Dankbarkeit bemerkt.«
»Die Banditen haben zuerst geschossen. Sie wissen das.«
»Zu dem Aspekt sind wir im unklaren. Einer der Gründe meines Besuchs ist es, die Tatsachen festzustellen«, antwortete Adler.
»Ah.«
Hatte er sie überrascht? Der SecState grübelte. Es war wie beim Kartenspiel, mit dem Unterschied, daß man den Wert der eigenen Karten nie wirklich kannte. »Sie haben öffentlich gesagt, der erste Schuß wurde von den anderen abgefeuert. Sind Sie sich dessen sicher?«
»Völlig«, versicherte ihm der Außenminister Chinas.
»Entschuldigen Sie, aber was wäre, wenn einer Ihrer verlorenen Piloten zuerst geschossen hat? Wie würde man das jemals erfahren?«
»Unsere Piloten hatten strikten Befehl, nur zur Selbstverteidigung zu feuern.«
»Das ist für Ihr Personal eine vernünftige und kluge Richtlinie. Aber in der Hitze des Gefechts – oder aber unter Streß – kommen Fehler doch mal vor. Wir kennen das Problem aus eigener Erfahrung. Ich finde Flieger impulsiv, besonders die, die jung und stolz sind.«
»Trifft das nicht auch auf die andere Seite zu?« fragte der Außenminister.
»Gewiß«, gab Adler zu. »Darin liegt das Problem, nicht wahr? Deshalb«, fuhr er fort, »ist es unsereiner Angelegenheit, die Vermeidung solcher Situationen sicherzustellen.«
»Doch sie provozieren uns immer wieder. Die buhlen um Ihre Gunst, und uns beunruhigt es, daß es ihnen gelungen sein könnte.«
»Entschuldigen Sie?«
»Ihr Präsident Ryan sprach von zwei Chinas. Es gibt nur ein China, Secretary Adler. Ich dachte, der Streitpunkt war schon längst beigelegt.«
»Es war ein semantischer Fehler auf Seiten des Präsidenten, eine Nuance der Linguistik«, winkte Adler ab. »Der Präsident hat viele Qualitäten, hatte aber noch keine Zeit, die Feinheiten diplomatischen Austauschs zu lernen, und ein unvernünftiger Reporter griff das Thema auf. Nicht mehr als das. Es hat in unserer
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