Befehl von oben
ist auf der allgemeinen Station?«
»Ja, Herr Doktor.«
»Lassen Sie ihn sofort ins Isoliergebäude bringen. In einer halben Stunde werde ich dort sein.«
»Ja, Herr Doktor.« Auf dem Weg nach draußen rieb sie sich die Stirn.
Es mußte an der Hitze liegen. Man gewöhnt sich eben nie daran, nicht wenn man aus Nordeuropa kommt. Vielleicht half ein Aspirin – nachdem sie sich um den Patienten gekümmert hatte.
7
Öffentliches Ansehen
Es begann zeitig, als zwei E-3B-Sentry-Flugzeuge aus Tinker AFB in Oklahoma, jetzt auf Pope AFB in North Carolina verlegt, dort um 8.00 Uhr Ortszeit aufstiegen und in Richtung Norden flogen. Es war entschieden worden, nicht alle örtlichen Flughäfen zu schließen. Washington National blieb geschlossen und auf den anderen beiden, Dulles und Baltimore-Washington International, hatten die Fluglotsen präzise Instruktionen. Alle Flüge hatten ums White House einen Radius von über 30 Kilometer zu meiden. Steuerte ein Flugzeug diesen Kreis an, würde es sofort aufgefordert, abzudrehen. Wer die Aufforderung ignorierte, hätte gleich einen Abfangjäger zur Seite. Wenn das nichts half, der dritte Schritt wäre spektakulär. Zwei Rotten aus je vier F-16 umkreisten gestaffelt die Stadt, auf Höhen von 6000 bzw. 7000 Metern. Die Flughöhe hielt den Lärmpegel niedrig (außerdem ermöglichte sie ihnen, abzukippen und fast sofort Überschallgeschwindigkeit zu erreichen), aber die weißen Kondensstreifen zeichneten Muster ins Blau, wie weiland die 8th Air Force über Deutschland.
Etwa gleichzeitig übernahm die 260th Military Police Brigade, Nationalgarde von Washington, D.C. die ›Verkehrskontrolle‹. Mehr als hundert HMMWVs, mit je einem Polizei- oder FBI-Fahrzeug in dichter Begleitung, regelten den Verkehr, indem sie Straßen einfach blockierten.
Eine Ehrengarde aus allen Waffengattungen säumte die Straßen der vorgesehenen Route. Und keiner könnte sagen, welche der präsentierten Gewehre nicht vielleicht scharf geladen wären.
Manche hatten gemeint, daß die Sicherheitsvorkehrungen geheimgehalten werden sollten, weil auf Panzerfahrzeuge verzichtet worden war.
Es waren zusammen einundsechzig Staatsoberhäupter in der Stadt; Sicherheit würde an diesem Tag für alle die Hölle sein, und die Medien sorgten dafür, daß jeder an der Erfahrung teilhaben konnte.
Beim letztenmal hatte Jacqueline Kennedy auf Morgenanzug entschieden, doch inzwischen waren fünfunddreißig Jahre vergangen, und heute würde dunkle Geschäftskleidung genügen, außer für diejenigen, die Uniformen verschiedenster Art trugen, oder für Gäste aus tropischen Ländern. Einige würden in ihrer Nationaltracht kommen und im Namen ihrer nationalen Würde die Konsequenzen erleiden. Sie alle durch die Stadt und zum White House zu bringen war ein Alptraum.
Dann kam die Frage der Reihenfolge in der Prozession. Alphabetisch nach Ländern? Oder nach Namen? Nach Dienstalter? Das wäre zuviel der Ehre für einige Diktatoren, die auf oberer diplomatischer Ebene eine gewisse Legitimität erlangt hatten – und würden den Status von Ländern und Regierungen stärken, mit denen Amerika zwar freundliche Beziehungen hegte, für die es aber wenig Liebe empfand. Sie kamen alle zum White House, schritten an den Särgen vorüber, hielten inne, um den Toten die letzte Ehre zu erweisen, und gingen weiter zum East Room, wo sich Mitarbeiter des State Department abmühten, bei Kaffee und Gebäck alles im Griff zu behalten.
Ryan war mit seiner Familie oben. Sie legten letzte Hand an die dunklen Kleider, unterstützt von Mitgliedern des White-House-Stabs.
Die Kinder kamen am besten zurecht. Sie waren es gewohnt, daß ihnen Mom und Dad auf dem Weg aus der Tür das Haar kämmten, und jetzt amüsierte es sie, zu sehen, wie man mit Mom und Dad genauso verfuhr.
Jack hielt ein Exemplar der ersten Rede in der Hand. Die Zeit war vorbei, die Augen zu schließen und sich zu wünschen, das alles wäre nicht wahr.
Mary Abbot vollführte die letzten Handgriffe an seinem Haar und bannte dann alles mit Spray an seinen Platz, etwas, das Ryan in seinem ganzen Leben nie freiwillig getan hätte.
»Sie warten schon, Mr. President«, sagte Arnie.
»Ja.« Jack drückte einem Secret-Service-Agenten seine Rede in die Hand und verließ das Zimmer, gefolgt von Cathy, die Katie hielt. Sally nahm Klein Jack bei der Hand und folgte ihnen in den Korridor und die Treppe hinunter. Präsident Ryan ging langsam die Treppe hinab und links in den East Room. Als er
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