Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
den Raum betrat, wandten sich alle Köpfe ihm zu. Aller Augen sahen ihn an, und keiner dieser Blicke drückte Gleichgültigkeit aus, manche waren sogar mitfühlend. Nahezu jedes Augenpaar war das eines Staats- beziehungsweise Regierungschefs und wenn nicht, dann das eines Botschafters, von denen ein jeder noch am selben Abend einen Bericht über den amerikanischen Präsidenten abgeben würde. Es war Ryans Glück, daß der erste, der ihm entgegentrat, einer war, der nichts dergleichen tun mußte.
    »Mr. President«, sagte der Mann in der Royal-Navy-Uniform. Im ganzen gesehen, war London mit der neuen Vereinbarung recht zufrieden. Das »spezielle Verhältnis« würde noch spezieller werden, da Präsident Ryan (Ehren-)Komtur des Victoriaordens war.
    »Eure Hoheit.« Jack hielt inne und gestattete sich ein Lächeln, während er die dargebotene Hand schüttelte. »Lange her seit damals in London, Freund.«
    »In der Tat.«
    Die Sonne war nicht so warm wie erwartet, und die scharfen Schatten ließen alles noch kälter erscheinen. Die D.C.-Polizei fuhr mit einer Motorradstaffel voraus, dann kamen drei Trommler, gefolgt von marschierenden Soldaten – ein Trupp des 3. Zugs, Bravo Kompanie, Erstes Bataillon, 501. Infanterieregiment, 82. Luftlandedivision, dem Roger Durling selbst angehört hatte –, dann das reiterlose Pferd, mit Stiefeln verkehrt in den Steigbügeln, und die Lafetten, nebeneinander in diesem Fall, für Ehemann und Frau. Dann die Reihen der Wagen. Während die Prozession nach Nordwesten zog, präsentierten Soldaten, Matrosen, Marines die Gewehre, zuerst für den alten Präsidenten, dann für den neuen. Für ersteren nahmen Männer die Kopfbedeckung herunter (manche vergaßen es auch).
    Brown und Holbrook vergaßen es nicht. Durling war vielleicht so 'ne Bürokratie gewesen, aber die Flagge war die Flagge und konnte nichts dafür, daß sie da drapiert war. Die Soldaten hoben sich in ihren Kampfanzügen mit roten Baretts und Springerstiefeln deutlich ab, denn, wie der Radiokommentator sagte, Roger Durling war einer der ihren gewesen. Vor den Lafetten marschierten zwei weitere Soldaten, einer trug die Präsidentenflagge, der zweite eine Ordensplatte, auf der Durlings Kampfabzeichen prangten. Eine Medaille hatte der verstorbene Präsident dafür erhalten, daß er unter Beschuß einen Soldaten gerettet hatte.
    Der ehemalige Soldat befand sich irgendwo in der Prozession und war wohl ein dutzendmal interviewt worden, hatte ernst den Tag geschildert, an dem ein zukünftiger Präsident ihm das Leben rettete. Schade, daß er auf Abwege geriet, reflektierten die Mountain Men, aber er war schon immer Politiker gewesen.
    Bald erschien der neue Präsident, sein Automobil an vier Secret-Service-Agenten erkennbar, die nebenherschritten. Der Neue war beiden Mountain Men ein Rätsel. Sie wußten von ihm, was sie im TV gesehen und in Zeitungen gelesen hatten. Ein Shooter. Hatte echt zwei Menschen umgenietet, einen mit der Pistole, den anderen mit 'ner Uzi.
    Ex-Marine sogar – mußte man irgendwie bewundern. Andere TV-Sendungen hatten ihn wiederholt bei Sonntags-Talk-Shows und bei Verlautbarungen gezeigt. In ersteren machte er einen kompetenten Eindruck. In letzteren zeigte er oft Unbehagen.
    Die meisten der Autofenster in der Prozession waren dick beschichtet, damit keiner sehen konnte, wer darin saß, das Präsidentenauto aber natürlich nicht. Seine drei Kinder saßen vor ihm, rückwärts, und seine Frau an seiner Seite. Vom Bürgersteig aus war Präsident John Ryan ganz deutlich zu sehen.
    »Was wissen wir wirklich über Mr. Ryan?«
    »Nicht viel«, gab der Kommentator zu. »Sein Staatsdienst ist fast ausschließlich beim CIA gewesen. Er besitzt den Respekt des Kongresses, und zwar zu beiden Seiten des Ganges. Er hat jahrelang mit Alan Trent und Sam Fellows gearbeitet – das ist einer der Gründe, wieso die beiden Abgeordneten noch leben. Wir haben alle die Geschichte gehört von den Terroristen, die ihn angegriffen haben …«
    »Wie etwas aus dem wilden Westen«, warf der Moderator dazwischen. »Was halten Sie davon, einen Präsidenten zu haben, der …«
    »Menschen getötet hat?« gab der Kommentator zurück. Er war müde vom langen Tag im Dienst und auch ein bißchen müde von diesem aufgetakelten Hohlkopf. »Mal sehen. George Washington war General.
    Andy Jackson ebenfalls. William Henry Harrison war Soldat. Grant und die meisten Präsidenten nach dem Bürgerkrieg. Teddy Roosevelt natürlich. Truman war

Weitere Kostenlose Bücher