Befreiung vom Schleier - wie ich mich von meinem türkischen Freund und aus der islamischen Parallelwelt lösen konnte
muslimisches Viertel handelte, gewann das Ganze doch an Brisanz, denn aus meinen Äußerungen war eindeutig herauszuhören, dass wir uns über meinen gewalttätigen muslimischen Expartner unterhielten.
Ich registrierte aus den Augenwinkeln die ständig größer werdende Zahl an Zuschauern, aber es beunruhigte mich nicht wirklich, ich fühlte mich von Herrn Müller gut behütet und beschützt. Solange die Situation für ihn in Ordnung war, war sie es auch für mich.
Ich war mitten in dem Interview, als ich plötzlich einen Griff, so fest wie ein Schraubstock, an meinem Arm spürte und fast von meinen Beinen gerissen wurde. Bevor ich panisch werden konnte, sah ich, dass es Herr Müller war, der mich so hart anpackte. Ohne ein Wort zu verlieren, zog er mich hinter sich her, in eine kleine Seitenstraße. Erst als wir weitab vom Drehort waren, blieben wir stehen, und ich fragte ihn entsetzt, was denn los sei.
Herr Müller erklärte mir, dass die Menschenmenge um uns herum immer unübersichtlicher geworden sei und er mit bekommen habe, wie ein wenig vertrauenerweckender Passant per Handy eine Schlägertruppe angefordert hatte.
»In diesem Teil der Stadt wird viel mit Drogen gehandelt und aus diesem Grund sind dort Menschen vom Fernsehen nicht gerne gesehen. Ich hatte eigentlich von Anfang an massive Bedenken gegen diesen Drehort, aber ich hatte die Hoffnung, dass der Dreh abgeschlossen und wir schon wieder weg wären, bevor sich unsere Anwesenheit richtig herumgesprochen hätte.«
Während er mit mir sprach, beobachtete er genau, was um uns herum geschah. Vorwurfsvoll schaute ich Herrn Müller an und rieb mir meinen Arm. »Geht es das nächste Mal auch sanfter?«, fragte ich halb scherzhaft, denn der Arm tat mir wirklich weh und ich bin eigentlich nicht sehr empfindlich.
Etwas schuldbewusst schaute er mich an. »Tut mir leid, aber in solchen Situation ist das nicht zu vermeiden.« Er nickte mir aufmunternd zu.
Mittlerweile waren auch Rüdiger und das Fernsehteam uns nachgekommen. Sie waren alle leicht außer Atem und der Schreck stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Herr Weber kratzte sich ratlos am Kopf. »Was machen wir denn jetzt? Das Interview war ja noch nicht fertig und wir können es nicht einfach an einem anderen Ort weiterdrehen. Die Zuschauer würde den anderen Hintergrund sofort bemerken und das würde zu Irritationen führen.«
Fragend schaute er mich an. »Von mir aus können wir noch einen Moment warten, bis sich der Menschenauflauf aufgelöst hat, und dann das Interview zu Ende drehen«, schlug ich mutig vor.
Herr Weber freute sich über meine Bereitschaft, in die Gefahrenzone zurückzukehren, und nickte mir dankbar zu, als sich auch schon mein Personenschützer einmischte. »Nein, auf keinen Fall! Das werde ich nicht zulassen. Es ist mir egal, wo Sie die Szenen fertig drehen, aber definitiv nicht mehr in dieser Straße. Das wäre viel zu gefährlich für Frau Schneidt.«
Einen Moment lang herrschte betretenes Schweigen und Herr Weber sah mich fragend an.
Ich zuckte ratlos mit den Schultern. Zwar fühlte ich mich mit Herrn Müller an meiner Seite sicher, aber ich wusste auch, dass er in einer Gefährdungssituation für mich sein eigenes Leben riskieren müsste. Und ihn ernsthaft in Gefahr bringen war das Letzte, was ich wollte.
Ich seufzte. »Sie haben es gehört, Herr Weber. Herr Müller entscheidet, was geht und was nicht.«
Wir beratschlagten noch eine Weile und beschlossen dann, in ein anderes belebtes Stadtviertel zu fahren, um dort den Dreh zum Abschluss zu bringen. Alles klappte dann wie am Schnürchen, und in kürzester Zeit hatten wir die fehlenden Szenen im Kasten. Anschließend machten wir uns auf den Weg zu der Beratungsstelle für bikulturelle Paare.
Der Empfang dort war von einer seltsamen Zurückhaltung geprägt und ich muss zugeben, dass mir die Leiterin dieser Beratungsstelle nicht besonders sympathisch war. Ich fühlte mich irgendwie von ihr etwas von oben herab gemustert.
Als sie mir erzählte, dass sie nicht mehr in der Beratung tätig sei, sondern inzwischen administrative Aufgaben übernommen habe, erleichterte mich das regelrecht. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass ich mich als geschlagene oder von großen Sorgen geplagte Frau bei ihr gut aufgehoben gefühlt hätte.
Während unseres Gesprächs berichtete ich ihr in Stichpunkten von meinen Erfahrungen in einer bikulturellen Partnerschaft. Erstaunlicherweise fiel mir dies ihr gegenüber wirklich schwer. Im
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