Begegnungen (Das Kleeblatt)
dieses ach so lustigen Gesprächs wiedergeben können! Immerhin hatte er über Manuel und sie getratscht. Wollte er sie nun dumm sterben lassen?
„Jaaa“, meinte er nachdenklich und es klang irgendwie gar nicht überzeugt. „Ich glaube schon. Ziemlich sicher sogar. Ich habe nicht gesungen oder genuschelt und ich hatte auch keinen Finger im Hals stecken.“
Sie blickte auf und direkt in seine vergnügt blitzenden Augen. „Scherzkeks!“, attackierte sie ihn und betete gleichzeitig, er möge die Ursache ihrer Frustration nicht erraten.
„Máire und ihre Familie sind meine … Nachbarn. Quasi. Könnte man durchaus so sagen. Sie sehen nach dem Rechten in meinem Haus, wenn ich nicht dort bin. Ab und an.“
„Ach so“, erwiderte sie in einem beiläufigen Ton und war ungeheuer stolz auf sich, wie gelassen es klang. Sie wollte sich nicht eingestehen, dass ihr vor Erleichterung ein Stein vom Herzen fiel.
Wieso eigentlich? Sie war wohl nicht mehr ganz bei Trost, irgendetwas anderes dahinein zu interpretieren?!
„Máire war total aus dem Häuschen, weil dein Sohn den gleichen Namen wie ihr Mann trägt. Sie lässt den Lütten deswegen besonders herzlich von Pádraig grüßen. Pádraig ist die irische Version von Patrick“, erklärte er. „Und er erteilt Manuel seinen Segen, was sich in etwa so anhört: Slán beo leis cibé ait a bhfuil sé! Gott schütze ihn, wo immer er auch sei.”
„ Oh. Danke.“ Ein freudiges Strahlen breitete sich unwillkürlich auf ihrem Gesicht aus. „Ich konnte natürlich nicht ahnen, dass jeder Name, den ich dem Lütten gegeben habe, für dich eine persönliche Bedeutung besitzt.“
„Hättest du sonst andere Namen gewählt?“
„Jeder zweite Ire heißt vermutlich Patrick. Du hast also auch ein Haus in Irland?“
„ Ja. Máire ist übrigens fünfundfünfzig. Und jedes Mal, wenn irgendwo in ihrer Umgebung ein Kind geboren wird, packt sie die Omilust.“
„Die … was? Ist das eine dieser komischen, typisch irischen Erfindungen?“
„Eher ein weltweites Übel, nämlich das dringende Bedürfnis älterer Damen, Enkelkinder auf den Knien zu schaukeln. Du weißt schon, die kleinen Racker mit Süßigkeiten voll stopfen, bis sie sich übergeben müssen – und dann auch noch getröstet werden wollen –, sämtliche Spielzeuggeschäfte für sie leer kaufen und alles tun, um sie nach Strich und Faden zu verwöhnen und damit die armen Eltern zur Verzweiflung zu treiben.“
„Oh . Hört sich gut an.“
Sie spürte, wie der Anruf aus Irland und seine Worte ihre eigenen Gefühle für Matthias veränderten und sich die Waage immer weiter zugunsten seiner sympathischen Seite neigte. Es würde verdammt schwer werden, einem Mann weiterhin die kalte Schulter zu zeigen, der einer fünfundfünfzigjährigen Nachbarin so viel Zuneigung entgegenbrachte und ihr offen seine Liebe gestand.
Wenn seine Geschichte denn wirklich der Wahrheit entsprach.
Woran sie nicht zweifelte.
„ Vor fünf Minuten hast du noch behauptet, Liebe für Luxus zu halten, den du dir nicht leisten kannst, und jetzt schwärmst du in den höchsten Tönen von Irland und den Leuten, die du dort kennst. Du magst sie sehr.“
„ Máire? Oh Gott, ja! Sie ist meine große Liebe. Ich glaube kaum, jemals einen Menschen aufrichtiger als sie und von ganzem Herzen lieben zu können. Sie war mir mehr Mutter, als es die Frau, die mich zur Welt gebracht hat, je hätte sein können.“
Er schüttelte den Kopf, einen Moment lang verwirrt von seiner Offenheit , und betete, Susanne möge diese Information einfach kommentarlos hinnehmen. Hastig erkundigte er sich: „Was ist eigentlich mit deinen Eltern, Wireless ? Es hat ihnen doch sicher nicht gefallen, dass du ihnen den Enkelsohn schon so kurz nach der Geburt entführt hast?“
„Manche Dinge entwickeln sich eben nicht immer zur Zufriedenheit aller“, sagte sie kurz angebunden. „Hat Máire denn keine Kinder, die ihr einen Haufen Enkel liefern könnten? Meines Wissens nach sind die Iren am fleißigsten, wenn es um den europäischen Nachwuchs geht.“
„ So etwas weißt du? Máire hat tatsächlich zwei Töchter und zwei Söhne im heiratsfähigen Alter. Allerdings hat lediglich die Älteste sie bisher mit einem Enkel beglückt. Mit den Jungs habe ich als Kind gespielt und noch heute sind wir befreundet.“
„Und deine Abneigung gegen eine Familie hat augenscheinlich auf sie abgefärbt. Mussten die sich ebenfalls von dir verprügeln lassen, wenn sie dich mit dem falschen Namen
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