Begegnungen (Das Kleeblatt)
einen tiefen Seufzer, der sich aus ihrer Brust quälte. Fast unhörbar stammelte sie: „Ich will … ich will lieber … dich festhalten, damit du … nicht gehen kannst.“
Er beugte sich näher zu ihr, weil er glaubte , sich verhört zu haben. Ließen ihn nicht bloß seine Augen, sondern inzwischen sogar seine Ohren schmählich im Stich?
„Ja. Ja, du hast wahrscheinlich Recht.“ Seine Stimme klang plötzlich eigenartig dünn. „Selbstverständlich hast du Recht. Ganz genauso sollten wir das machen. Das ist sicher das Beste.“
Bereits i m nächsten Moment spürte er ihre Hand auf seinem Bein. Er legte seine Finger schützend darüber. Ja, sie hatte ihn völlig in der Hand. Und wie sie sich an ihm festhielt! Mit der Kraft all ihrer Verzweiflung klammerte sie sich an ihn. Und Alain glaubte unter ihrer Berührung zu verglühen. Hatte sie denn völlig vergessen, welche Reaktion ihre Hand auf seinem Oberschenkel hervorrief? Ihre Finger lagen schon viel zu weit oben, um noch als anständig zu gelten.
Er wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der St irn und schluckte schwer. „Bea, bitte … Das ist keine gute Idee. Gar nicht gut, verstehst du?“
Die einzige Antwort von ihr war ein behagliches Seufzen. Ehe sie sich dagegen zur Wehr setzen konnte, war sie eingeschlafen. Ihr ausgemergelter Körper suchte Wärme und Geborgenheit bei ihrem Mann. Instinktiv drängte sie sich dichter an seine Seite, schob sich ihre Hand auf seinem Bein ein Stück höher.
Er stöhnte gequält auf und presste die Lider aufeinander. Er brauchte eine Dusche! Eine eiskalte Dusche, die ihn wieder ernüchterte und zur Besinnung brachte. Eine Minute länger und er war ein toter Mann. Nie zuvor hatte eine Frau seine Beherrschung auf eine derart harte Probe gestellt wie Beate. Zum Teufel, er war doch kein Heiliger!
Mit angehaltenem Atem schaute er nach unten, wo ihre Hand auf seinem Bein ruhte, nur einen Fingerbreit vom absoluten Sperrgebiet entfernt. Vorsichtig rückte er näher an den Rand des Bettes, weg von Beates verwirrender Nähe. Gleichzeitig hob er ihre Hand an, um sie sacht auf die Bettdecke zurück zu legen. Im Zeitlupentempo richtete er sich auf und horchte dabei auf die gleichmäßigen Atemzüge seiner Frau. Beruhigt stieß er die angehaltene Luft aus und schlich sich zu seinem provisorischen Schlafplatz.
Er hatte gesehen, wie sie mit sich rang, als er die Decke auf dem Boden ausgebreitet hatte. Sie wollte nicht, dass er eine weitere Nacht auf ein Bett verzichten musste – ihretwegen. Aber sie brachte die Worte nicht über die Lippen, eine Einladung, die Nacht neben ihr in einem Bett zu verbringen. Jetzt freilich verstand er, was ihr Beweggrund war , und dieses Wissen machte es ihm unmöglich, ihr böse zu sein.
An Schlaf war allerdings nicht mehr zu denken. Eine kalte Dusche würde nicht helfen, wurde ihm klar, er hatte zu viele davon in letzter Zeit gehabt. Er brauchte Beate – nackt, unter sich, auf seinem Körper, ihn in sich aufnehmend. Unruhig wälzte er sich auf dem Boden von einer Seite auf die andere. Nicht allein, dass seine noch immer zum Reißen gespannten Sinne vibrierten und ihn nicht zur Ruhe kommen ließen, seine Lenden schrien nach Erlösung. Er hatte zu lange keine Frau gehabt. Gütiger Himmel, jeder einzelne Knochen in seinem Leib tat weh von dem harten Fußboden unter ihm.
Das Letzte, was Beate brauchte, war, ihn so zu sehen. Sie brauchte Trost, keine Lust. Aber würde er sich zurückhalten können? Er wusste, was er zu tun hatte, öffnete die Knöpfe seiner Hose und ließ seine Hand an seinem Körper hinab gleiten. Wenigstens ein kleines bisschen Kontrolle.
Später erhob er sich l autlos und trat an das Bett. Voller Wehmut betrachtete er seine Frau. Vom ersten Tag an hatte er sie begehrt. Jetzt dagegen war er überzeugt, dass es sehr viel mehr war, was er für sie empfand. Er liebte sie. Doch je sicherer er sich seiner Gefühle war, desto mehr wuchs seine Angst, Beate erneut zu verlieren. Wie schnell hatte er die Wut und Verärgerung vergessen, die ihn all die Jahre rastlos durch die Welt getrieben hatten. Die Liebe zu seinen beiden Frauen war das Einzige, was für ihn noch zählte.
Als hätte sie seine Gedanken gehört, rollte sich Beate ein Stück weiter zur Bettkante, gerade so als wollte sie ihn damit auffordern, den freien Platz neben ihr einzunehmen. Das Bett war wirklich breit genug für zwei. Sie würde es gar nicht bemerken, wenn er sich zu ihr legte.
Mit einem kurzen Blick an die
Weitere Kostenlose Bücher