Begegnungen (Das Kleeblatt)
als Befehlen zu folgen und das Beste daraus zu machen.
„Gut möglich, dass Susanne überhaupt nicht mehr zurückkommt. Wir haben … ich …“ Sein Stammeln brachte ihn allmählich auf die Palme. Wütend fauchte er: „Deiner Aufmerksamkeit ist ganz sicher nicht entgangen, dass wir …“
Was? Ihre tiefe Zuneigung zueinander konnte nicht über die ernsten Probleme hinwegtäuschen, die Susanne und er hatten. Probleme, die allein auf sein Konto gingen.
Adrian schloss die Augen und presste seine Finger an die wild pochenden Schläfen. Seine Kopfschmerzen waren mit solcher Wucht zurückgekehrt, dass sich ihm der Magen umzudrehen drohte. Angewidert schob er die noch halb volle Tasse Kaffee von sich und versuchte die aufsteigende Übelkeit hinab zu würgen.
„Was hast du?“, hörte er Frithjofs Stimme langsam und verzerrt, als würde sie durch eine ölige Flüssigkeit gedämpft. Völlig benommen schüttelte er den Kopf.
„Du wirst eine Entziehung machen.“
„ Wird sich nicht vermeiden lassen. Dabei sind im Suff viele Dinge leichter zu ertragen.“
„ Und noch etwas: Susanne wird länger als geplant bei ihren Eltern bleiben.“
„Warum das?“ Der Kopf des jungen Mannes ruckte in die Höhe. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen.
Frithjof blickte flüchtig auf. Doch dann konnte er seinen Blick nicht mehr abwenden, starrte Adrian an, entsetzt von dem, was er in den Augen des anderen las. Er erkannte den Schock und pure Angst. Nie zuvor hatte er einen so unendlichen Schmerz auf dem Gesicht eines Mannes gesehen, ein Schmerz, der so tief ging, dass keine Maske, keine Erfahrung mit Folter, keine Lektion im Ertragen, einfach nichts die unerträgliche Qual verbergen konnte. Sie verwandelte Adrians Augen erst in Eis, dann in Asche und ließ sie schließlich leer zurück.
Konnte er verantworten, wollte er auch diese Schuld auf sich laden, wenn das Glück des Jungen mit Susanne zerstört wurde? Hier war zu viel Gefühl im Spiel – zweifellos ungewohntes Terrain, auf das er sich vorgewagt hatte. Gott möge ihm beistehen, aber er war zu alt für dieses Geschäft! Adrian war vor seinen Augen aufgeschlitzt und fein säuberlich ausgeweidet worden und er sah einfach keinen Sinn darin, mit den Überresten zu spielen.
Dennoch redete Frithjof i n dem von ihm gewohnten, sachlichen Ton weiter: „Der ortsansässige Arzt wird sie arbeitsunfähig schreiben.“
„Zum Teufel, was soll das? Glaubst du denn ernsthaft, das hindert Susanne daran, nicht trotzdem nach Hause … hierher zu fahren?“ Adrian lachte hilflos auf. „Sie hat nun mal die bemerkenswerte Angewohnheit, sich einen Scheißdreck um die Wünsche irgendwelcher …“
„Der Arzt wird sie in das dortige Krankenhaus einweisen.“
„Weshalb? Ich verstehe nicht, was das soll.“
„Nur … das passiert nur … für den Fall …“
Unvermutet und lediglich für den Bruchteil einer Sekunde geriet unter dem drängenden Blick des jungen Mannes Frithjofs Selbstsicherheit ins Schwanken. Er räusperte sich, kam indes nicht dazu, seinen Satz zu vollenden.
„Für welchen Fall?“ , verlangte Adrian scharf zu wissen. Die Bestürzung auf seinem Gesicht verwandelte sich in puren Zorn.
„Verdammt, Adrian, sieh mich nicht so vorwurfsvoll an. Es …“
„Für . Welchen. Fall?!“ Seine Stimme klirrte wie splitterndes Eis und zerschnitt die Ruhe im Café. „Wenn es notwendig sein sollte, wird Susanne darauf bestehen, wenigstens hier eingewiesen zu werden. Und ich möchte sie ebenfalls in meiner Nähe wissen. Wie wollt ihr sie überhaupt ins Krankenhaus bekommen? Sie ist kerngesund.“
Abrupt hielt er inne. Die Kehle wurde ihm eng, während sich eine düstere Vermutung in seinem Hirn festsetzte. Für einen Moment glaubte er, der Boden würde unter ihm nachgeben und ihn in die Tiefe ziehen.
Er schnappte nach Luft und flüsterte: „Ihr wollt sie … ihr wollt … Das würdet ihr nicht wagen. Nein, das … das dürft ihr nicht!“ Seine zitternden Hände fuhren an den Hemdkragen und zerrten am obersten geschlossenen Knopf. Er war leichenblass geworden. „Zum Teufel, wenn ihr Sanni auch bloß ein einziges Haar krümmt, werde ich euch …“
Frithjof Peters reagierte nicht auf Adrians Drohung, sondern versicherte in ruhigem Ton: „Es wird selbstverständlich nichts geschehen, was Susanne oder dem Baby schaden könnte. Adrian, es geht einzig darum , dich für eine Weile …“
„… kaltzustellen.“
„… außer Sichtweite von Susanne zu
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