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Begegnungen (Das Kleeblatt)

Begegnungen (Das Kleeblatt)

Titel: Begegnungen (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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Etwas Unheilverkündendes lag auf seinem Gesicht. Gott musste in wahrhaft düsterer Stimmung gewesen sein, als er diesen Kerl erschaffen hatte. Vermutlich hatte er aufgrund eines Versorgungsengpasses sogar Granit für Clausings Schädel verwendet. Sie kicherte bei dieser Vorstellung vergnügt vor sich hin, pfiff eine schräge Melodie und wackelte dazu mit ihrem kleinen Hinterteil. Nachdem sich die Tür schließlich hinter dem Kapitän geschlossen hatte, stieß sie ihre Faust in Siegermanier in die Luft.
     
    Die erste Woge unkontrollierter Emotionen hatte sich gelegt, als sich Susanne und Matthias eine halbe Stunde später in dem geräumigen Wohnzimmer gegenübersaßen. Einvernehmliches Schweigen lag über ihnen, solange sie genüsslich die ersten Schlucke ihres Kaffees schlürften.
    „Und, Herr Doktor Clausing …“
    Sein Gesicht war eine Studie der Frustration, als sein Kopf in die Höhe ruckte und er böse zu Suse starrte, die ihm einen provozierenden Blick als Antwort zurückgab.
    „Was kann Seine Hoheit zur Verteidigung vorbringen?“
    Wütend sprang er auf und trat einen Schritt auf Suse zu , wendete hektisch den Kopf und schaute sie erneut an.
    „Mir gefällt der Ton nicht, in dem du das sagst“, presste er endlich hervor. „Ist es denn in deinen Augen etwas Verwerfliches, einen Titel zu führen?“
    „Ah, wo denkst du hin? Nein, Matt’n, natürlich nicht“, versicherte sie ihm so übertrieben ernsthaft, dass sogar der Dümmste gemerkt hätte, wie sie ihn auf den Arm nahm. „Trotzdem bist du mir zumindest eine umfassende Erklärung schuldig, was deine Wohnung und diesen Witz von einem Mietvertrag betrifft.“
    Er betrachtete sie mit seinen irritierend blauen Augen von Kopf bis Fuß. Dann nickte er und setzte sich wieder. „Darum also geht es. Na schön. Zum Glück gibt es nicht viel zu erklären. Als ich Ossi geraten habe, von der ‚Heinrich’ abzusteigen, hatte ich gehofft, er wäre einsichtig genug, sich sofort in ärztliche Behandlung zu begeben. Nachdem du gedroht hast, ebenfalls von Bord zu gehen und ihr beide … Ossi deutete an, ihr würdet … zusammenbleiben. Da kam uns die Idee … Du weißt selbst, wie die Situation auf dem Wohnungsmarkt in dieser Stadt ist. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, auf die Schnelle etwas Passendes zu finden. Und meine Bude steht zehn Monate im Jahr leer.“
    Er wagte nicht, Suse direkt in die Augen zu schauen. In ihrer gegenwärtigen Verfassung hätte sie es vermutlich als neuerliche Provokation aufgefasst. Wer wusste schon, welche seiner Sünden sie ihm dann zum Vorwurf machen würde. Und er hatte sich fest vorgenommen, diese Angelegenheit in Ruhe aus der Welt zu schaffen.
    „Und die verbleibenden zwei Monate, wo hättest du die verbracht, wenn ich nicht im Krankenhaus gewesen wäre?“ Noch während sie das sagte, ging ihr ein ganzes Lichtermeer auf. „D as war also der Grund dafür, dich während der Werftzeit in Adrians Hotel einzunisten. Von wegen Zufall! Warum … ich meine, wieso …“
    Er ließ die Schultern sinken und hielt sich krampfhaft an seiner Kaffeetasse fest, obwohl das feine Porzellan inz wischen dermaßen heiß war, dass er sich fast die Finger daran verbrannte. Sein Blick streifte unruhig durch den Raum.
    Mit einem Mal flog sein Kopf empor und erstarrte in der Bewegung, bevor er ihn mit angehaltenem Atem wieder zurück drehte. Er kniff die Augen zusammen, als sei er hochgradig kurzsichtig, und fixierte die Tür zum Arbeitszimmer. Zwischen seine Brauen grub sich eine tiefe Falte. Als sein Kopf in Suses Richtung schnellte, hatte sie bereits eine Miene vollkommener Zerknirschung aufgesetzt.
    „Tja, weißt du, Matt’ n, das ist nämlich so. Also, um ehrlich zu sein, das kann ich dir“, sie lachte schrill und hob mit einer himmlisch unschuldigen Geste die offenen Hände, „eigentlich gar nicht richtig erklären. Ich war in Adrians Arbeitszimmer und … äh, diese Kristallkugel … Sie ist mir vorher noch nie aufgefallen.“
    „Ja?“
    „Und plötzlich hatte ich sie in der Hand.“
    „Interessant.“
    „Nicht wahr? Das dachte ich im ersten Moment ebenfalls. Hast du die … Ich habe nämlich meine Geburtsurkunde gesucht, weißt du?“
    „ Jetzt schon. Und? Hast du sie gefunden?“
    Ihre Schultern zuckten vage. „Ich werde sie natürlich reparieren lassen. Gleich nach den Feiertagen. Versprochen.“
    „Die Geburtsurkunde?“
    „Die Tür!“
    Der Scharfsinn ihrer Unterhaltung war kaum mehr zu überbieten und schrie förmlich nach

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