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Begegnungen (Das Kleeblatt)

Begegnungen (Das Kleeblatt)

Titel: Begegnungen (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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pfiff grinsend durch die Zähne und holte zum nächsten Schlag aus. „Eine bescheidene Frage, wenn es gestattet ist, Alter. Hat Adrian eigentlich schon vorher hier gewohnt? Vor unserem … vor meinem Einzug?“
    „Ja.“
    „Aaah. Na, das erklärt so einiges. Der arme Kerl hat also echt kein Zuhause, wie er mal irgendwann behauptet hat. Und ich habe es als Spinnerei abgetan.“ Aus ihrer Stimme klang aufrichtiges Bedauern und Matthias antwortete ihr mit einem bedrohlichen Knurren. „Da drängt sich einem zwangsläufig die Frage auf, wieso er sich freiwillig auf diese Wohngemeinschaft eingelassen hat. Mit dir auf einem Schiff fahren wollte er schließlich auch nicht, oder?“
    „Ossi lebt seit mehr als zwanzig Jahren im selben Haus wie ich. Und seit zehn Jahren teilen wir uns diese Wohnung. F rei-wil-lig! Hier ist sein Zuhause“, widersprach Clausing ungehalten und seine blauen Augen färbten sich dunkel vor Zorn. Weil er nämlich genauso wusste, dass Ossi sich nie wie daheim gefühlt hatte. Seine Wurzeln waren ausgerissen worden, als er zehn Jahre alt war. In den fast fünfundzwanzig Jahren, die seither vergangen waren, war er stets darauf bedacht, dass so etwas nicht wieder passieren konnte.
    Dann war das Meer Ossis Heimat geworden. Etwas, das keine Wurzeln geschlagen hatte, konnte nicht ausgerissen werden. Und er, geiler Bock, der seinem besten Freund die Frau neidete, hatte ihm ebenfalls dieses kleine Stück Heimat genommen.
    „Das ändert nichts an der Tatsache, dass ihr zwei mich zum Narren gehalten habt! Verflucht noch mal, ich hoffe, wenigstens ihr hattet euren Spaß bei dieser schmierigen Komödie und habt euch richtig auf meine Kosten amüsiert.“
    „Suse, ich bitte dich, so war es doch gar nicht. Ob du es mir nun glaubst oder nicht, das einzige, was ich versucht habe, war euch zu helfen. Und einen Teil meiner Schuld abzutragen.“
    „Vergiss das ganz schnell wieder. Ich schwöre dir, an deinen Verfehlungen wirst du dein Leben lang tragen.“
    „Ossi ist mir verdammt wichtig und so war es für mich ganz selbstverständlich, euch zumindest vorerst … Mir war klar, dass du … dass …“
    Himmelherrgott , was machte diese Frau bloß aus ihm! Seine Stammelei machte ihn wahnsinnig! Dabei verlor er niemals die Contenance. Nie! Weshalb saß eigentlich er auf der Anklagebank? Und was sollten diese haltlosen Vorwürfe? Er hatte tagelang seine Schränke ausgeräumt und alle persönlichen Sachen, die Suse seine Anwesenheit hätten verraten können, auf dem Dachboden, im Keller und in einer seiner Garagen verstaut. Seitdem trieb er sich in Hotels herum, anstatt wie gewohnt die Hafenliegezeiten in seinem eigenen Bett zu verschlafen. Und jetzt sollte ihm der Prozess gemacht werden? Wofür? Für seine Großmütigkeit? Seine uneigennützige Hilfe? Oder war es als Strafe für seine Entgleisung auf der „Heinrich“ gedacht, als er Suse verführt hatte? Wie lange wollte sie ihm das noch vorhalten?
    „Warum versuchst du es nicht mal auf Deutsch? Ich hoffe, d ieses Stottern ist kein verfrühter Anfall von Altersschwäche. Es wäre nämlich ausgesprochen schade um ein seltenes Prachtexemplar wie dich.“ Sie blinkerte wie eine Schwachsinnige mit den Augendeckeln. „Der holden Damenwelt würde mit deinem vorzeitigen Dahinscheiden ohne Frage ein unwiederbringlicher Verlust entstehen.“
    M atthias bemühte seinen bemerkenswerten Vorrat unerschöpflicher Geduld, biss knirschend die Zähne aufeinander und weigerte sich, auch nur ein Wort zu sagen.
    Für den Augenblick .
    „Ossi hätte dir bestimmt irgendwann erzählt, dass dieses Haus mein Eigentum ist und ich ihm die Wohnung überlassen habe.“
    Suse lachte schrill auf und griff sich mit einer spontanen Handbewegung an die Stirn. „Du bist ja noch dümmer als ich, wenn du das ernsthaft glaubst! Adrian und ich haben ein halbes Jahr hier gewohnt und er hielt es in dieser Zeit nicht für nötig, mir die Wahrheit zu sagen. Irgendwann, ja?“ Sie schüttelte geringschätzig den Kopf und wedelte seine Worte voller Verachtung beiseite. „Vielleicht, wenn die Hölle gefriert? Oder die Pilze blüh ’n? Oder der Mond die Sonne umarmt? Na dann, gut’ Nacht, Marie.“
    Es dauerte eine ganze Weile, bis sie während der folgenden Stille den Sinn seiner letzten Worte erfasste. Ihre Augen wurden plötzlich groß und rund wie Untertassen.
    „Halt mal! Dir gehört …“
    S ie schluckte und stieß hörbar die angehaltene Luft aus, weil ihr diese unglaubliche Vorstellung die

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