Begierde
rot. »Bei Bedarf stehe ich gerne mit Sonnenöl zu Ihrer Verfügung, meine Damen.« Seine Stimme klang zuckersüß, aber Vicky lief ein kalter Schauer den Rücken herunter. Hoffentlich kam er ihr nicht zu nahe.
»Zunächst bitte ich Sie alle, mir zu folgen. Ich habe einen Imbiss vorbereiten lassen. Sie haben heute bestimmt sehr zeitig gefrühstückt.«
Alle folgten ihm, Stefano machte wieder das Schlusslicht. Mariella hatte sich vorgedrängt, um direkt hinter Moreno zu gehen, und ihre Zimmergenossin Bianca, ein junges Mädchen von knapp achtzehn Jahren, hinter sich hergezogen.
Unter einem großen gelben Sonnensegel war ein Tisch mit erlesenen Köstlichkeiten gedeckt. Es schien an nichts zu fehlen, was außergewöhnlich und exotisch war, insbesondere auf die Obstsorten traf dies zu: saftige Mangoschnitze, gelbgrüne Guaven mit sahnig-weichem Inneren, leuchtend rotes Fruchtfleisch halbierter Kaktusfrüchte, dazwischen wie kleine Lampions die orangefarbigen, kirschgroßen Kapstachelbeeren mit ihren schrumpligen Blättchen. Die dazwischen in großer Zahl verteilten fünfzackigen, aus Karambolafrüchten geschnittenen Sterne verbreiteten einen zarten Duft nach Jasmin. Darüber hinaus lockten edle Salami und Parmaschinken, verschiedene Tomatensorten, Mozzarella und andere Käse, verschiedene Gebäck- und Brotsorten, aber auch Obst- und Sahnetörtchen. Es war wie im Schlaraffenland und nicht einfach zu berücksichtigen, dass sie auf ihre Figur achten sollten.
Die Sitzordnung in den bequem gepolsterten Korbsesseln ergab sich wie von selbst. Die meisten saßen neben ihrer Zimmergenossin, auffällig war nur, dass Mariella neben Signor Moreno saß und Bianca einen Schubs gegeben hatte, sich an seine andere Seite zu setzen.
»Hast du das gesehen?«, zischte Anna. »Mariella ist wohl scharf auf ihn?«
»Soll sie doch, ich bin froh, wenn er mir nicht zu nahe kommt. Ich verstehe nur nicht, warum sie will, dass Bianca neben ihm sitzt.«
Anna grinste. »He, Dummerchen. Mariella ist viel zu schlau. Der Typ ist dominant in jeder Pore. Der will bestimmt keine schwächliche Gespielin. Bianca ist zu jung und zimperlich, man könnte fast meinen, sie wäre hier die Jungfrau …« Vicky bedachte den Kommentar mit einem Knurren. »… also keine Konkurrenz. Siehst du? Er unterhält sich nur mit Mariella.«
Tatsächlich sprach Moreno einige Worte mit den anderen Mädchen, doch Mariella verstand es, seine Aufmerksamkeit immer wieder auf sich zu ziehen.
Wie sich bald darauf herausstellte, hatte Signor Moreno sehr klare Vorstellungen von seiner zukünftigen Ehefrau, ganz anders als Stefano angekündigt hatte. Er war überhaupt nicht daran interessiert, alle Mädchen kennenzulernen. Nach etwa einer halben Stunde erhob er sich und gab Stefano, der am anderen Ende des Tisches saß ein Zeichen, ihm zu folgen. Da die Männer unweit von Vicky und Anna an der Rehling standen, konnten die beiden das Gespräch mühelos mitverfolgen.
»Nun, Signor Stefano, sagen Sie mir, welche dieser allesamt sehr hübschen und wohlerzogenen Damen sind am devotesten und vor allem am masochistischsten veranlagt?«
»Ich nehme an, Sie schonen Ihre Gespielin in keinster Weise?«
»Richtig. Ich mag keine Jammerlappen. Ich stehe auf intensive, harte Spiele. Es genügt, dass mein Bruder sich in ein junges Ding verliebt hat, das schon beim Anblick des Rohrstocks zu winseln anfängt.«
Seine Stimme klang hart und unerbittlich. Vicky sah Anna von der Seite an und erkannte, dass sogar diese sich unbehaglich fühlte und wünschte, nicht genannt zu werden. Sie warf einen Blick auf Mariella. Diese saß zu weit entfernt, um die Unterhaltung zu verstehen, aber sie starrte unverwandt hinüber, als könne ihr etwas entgehen – oder als wolle sie den Blick der Männer auf sich lenken.
»Ah, Ihr Bruder steht also auch auf erotische Spiele, Signor Moreno? Das wusste ich gar nicht.«
»Wir sind eineiige Zwillinge, aber wir könnten uns mittlerweile in keiner Beziehung unähnlicher sein als in dieser. Lorenzo ist einfach zu weich. Er hat die Kleine sogar geheiratet, unsere Zofe – aber lassen wir das. Nennen Sie mir zwei oder drei Mädchen, die Ihrer Meinung nach für mich in Frage kämen – ach ja, ich vergaß, und natürlich aus gutem Haus.« Er lachte, aber es klang auch diesmal nicht echt. »Ich lege Wert auf einen nennenswerten Stammbaum.«
»Dann kommen eigentlich nur zwei Mädchen in Frage. Mariella, mit der Sie sich bereits unterhalten haben. Ihr Vater ist ein
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