Beginenfeuer
Der Volkszorn hatte gekocht, und die Menge war vor den Palast des Königs gezogen, der sich in aller Eile hinter den Mauern der Templer vor diesem Aufstand in Sicherheit brachte. Die Ordensritter hatten ihn nur widerstrebend aufgenommen.
Der Monarch hatte in der Festung den bitteren Geschmack der Demütigung gekostet. Obwohl seine Schatztruhen gefüllt waren, hatte der Orden ihm die Hilfe verweigert. Auch verzieh er es den Templern nie, dass sie es vor Jahren abgelehnt hatten, ihn, gleich dem englischen König Richard Löwenherz, als Ehrenmitglied aufzunehmen.
Philipp hatte sich ein Jahr später gerächt. Er ließ die königlichen Bogenschützen vor dem Temple aufmarschieren und alle Ritter verhaften. Guillaume von Nogaret hatte die geheime Aktion geplant und durchgeführt. In ganz Frankreich wurden zur selben Stunde alle Besitzungen des Templerordens beschlagnahmt und alle Mitglieder eingekerkert. Man warf ihnen Ketzerei, Sodomie und Götzenverehrung vor. »Der Orden der Templer wird verschwinden«, sagte der Großsiegelbewahrer mit fester Stimme. Mathieu bat um das Wort.
»Es gibt Hinweise darauf, dass sich die angereisten Templer organisieren wollen, Majestät. Sie planen, einen Sprecher zu wählen, der ihre Interessen vor dem päpstlichen Tribunal vertreten soll.«
»Woher wollt Ihr das wissen?«
»In der Stadt schwirrt es vor Gerüchten. Der Temple ist Gerichtsstätte, wie Ihr wisst, und die angereisten Ordensbrüder sind gezwungen, sich in Herbergen und Gastwirtschaften einzuquartieren. Es genügt, seinen Wein im Kreis der Pariser Bürger zu trinken, um auf dem Laufenden zu bleiben.« Er ersparte sich den Hinweis, dass auch Nogaret davon wissen musste, schließlich kontrollierte er das Netz der geheimen Agenten im Dienste des Königs. Zum Glück war er keiner von ihnen. Der Großsiegelbewahrer schaute ihn erbost an. »Nennt man auch Kandidaten für diese Aufgabe?« Der Ritter nickte.
»An erster Stelle Pierre von Bologne. Er ist Ordensritter, Priester und Spezialist der Rechte. Er hat in Rom die Interessen des Ordens vertreten. Man sagt, wenn einer die Fähigkeiten besitzt, das angeschlagene Schiff durch den Sturm zu bringen, dann sei er es.«
»Und was meint Ihr?«
Der König bedachte Mathieu mit einem nachdenklichen Blick. »Ich halte ihn für einen Mann, der klug genug ist, das Richtige zu tun.«
»Ach ja?« Nogarets Stimme war kalt und leise. »Und das wäre?«
»Es liegt nahe, dass die Tempelritter ihren Großmeister zu retten versuchen. Molay ist ein schwacher Mann, aber er ist ein Symbol für den Orden. Wenn man den Großmeister aus Frankreich herausbrächte, würden die Karten neu gemischt…«
»Man muss diesen Mann verhaften. Auf der Stelle«, schrie der König aufgebracht. »Mit welcher Begründung?«
Mathieu schalt sich im Geheimen einen Narren, den Namen genannt zu haben. »Noch ist keine Entscheidung gefallen. Und wenn sie fällt, ist Bologne der gewählte Sprecher aller Verteidiger, die ausdrücklich aufgefordert wurden zu kommen. Der Papst selbst hat dies im Namen der Gerechtigkeit gefordert. Sind wir den Männern, die im Heiligen Land für unseren Glauben gekämpft haben, nicht wenigstens Gerechtigkeit schuldig?«
Seine Frage rief tiefes Schweigen hervor. Der König ließ sich wieder in seinen Stuhl sinken und trommelte gereizt mit den Fingern auf die Armlehnen.
Die Augen des Großsiegelbewahrers waren zu schmalen Schlitzen verengt. Sein diabolisches Gehirn arbeitete fieberhaft. »Wir müssen Pierre von Bologne im Auge behalten.« Bespitzeln, korrigierte Mathieu im Stillen. Er teilte des Königs und Nogarets Abneigung gegen die Ordensritter nicht, doch er wurde gegen seinen Willen zum Dritten in diesem gefährlichen Bunde gemacht.
»Wer würde sich besser dafür eignen als ein Mann, der seinen Verstand zu gebrauchen weiß, viel gereist ist und dessen Treue zum König außer Zweifel steht«, fuhr der Großsiegelbewahrer fort und schenkte dem Ritter ein kühles Lächeln. »Ihr werdet die Pläne Bolognes herausfinden und jede Befreiungsaktion verhindern.«
Wenn der König ihm das Vertrauen schenkte, dann saß er in der Falle, die Nogaret ihm gestellt hatte; er konnte den Auftrag nicht ablehnen. Ein wohlwollender Blick warnte ihn, ehe die Bestätigung folgte.
»Ihr habt Eure diplomatischen Fähigkeiten in Brügge bereits unter Beweis gestellt und gute Arbeit geleistet. Mir scheint, Ihr seid die richtige Person, eine so heikle Aufgabe zu übernehmen. Die Anwesenheit einer Horde von
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