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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
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stand auf, ohne zu antworten.
    »Ich muss gehen. Mein Goldschmied denkt sonst, er sieht seinen Umhang nie wieder. Versprich mir, dass du besser auf Ysée aufpasst. Ich will sie glücklich wissen.«
    »Das kann ich dir am allerwenigsten garantieren, Bruder.« Mathieu sah den Jüngeren an, bis der den Blick senkte. »Ich werde für sie beten. Und für dich auch.«
    »Es wird so viel gebetet in dieser Stadt, dass ich meine Zweifel daran habe, ob Gott den Menschen überhaupt noch zuhört.« Mathieu klang bitter.
    »Kann es sein, dass du auf die Tempelritter anspielst, die in den Kerkern der Stadt auf ihr Urteil warten?«
    »Du weißt, dass Philippe von Marigny vor zwei Tagen in seiner Eigenschaft als neuer Erzbischof von Sens die Kirchenversammlung eröffnet hat, die über das Schicksal der Ordensmitglieder entscheiden soll.«
    »Das hat sie bereits getan«, wusste Simon. »Seine Eminenz hat jedoch befohlen, dass dies erst bekannt werden darf, wenn alles bereits vorbei ist.«
    »Was soll das heißen?« Mathieu fuhr auf. »Was soll vorbei sein?«
    »Marigny hat heute vierundfünfzig Ordensritter, die ihre Geständnisse widerrufen haben, als relaps, als rückfällige Ketzer, zum Tode verurteilt.«
    »Sie werden brennen?« Mathieu erblasste. »Wann?«
    »Noch heute Abend. Der Scheiterhaufen wird bereits am Stadttor des heiligen Antonius errichtet. Die Inquisition hat den Vollzug des Flammentodes in die Nacht verschoben, damit die Pariser möglichst wenig davon mitbekommen. In den letzten Tagen ist es, wie du weißt, immer wieder zu Übergriffen und Protesten der Bevölkerung gekommen. Die Stimmung ist umgeschlagen. Das Volk beginnt die Ritter wieder für Helden zu halten.«
    »Kennst du die Namen der Verurteilten?« Mathieu fühlte kalten Schweiß auf der Stirn. Wenn Pierre von Bologne davon erfuhr, war ihm zuzutrauen, dass er an die Seite seiner verurteilten Brüder eilte, egal, welche Folgen das für ihn selbst hatte. »Ich weiß nur, dass keine führenden Köpfe darunter sind. Philippe von Marigny handelt zwar im Auftrag des Königs, aber er zögert, sich an den wichtigen Würdenträgern zu vergreifen. Sein Plan ist es, die nicht verurteilten Templer so in Angst und Schrecken zu versetzen, dass der Orden sich von selbst auflöst, noch ehe der Papst sich zu einer Entscheidung durchgerungen hat.«
    »Mein Gott, in was für eine schmutzige Politik sind wir geraten?«
    Mathieu öffnete die Tür zum Hof und trat hinaus. Er benötigte frische Luft. Das Gewitter war vorbei, und die Erde dampfte vor Feuchtigkeit. Er hörte Simon hinter sich, und gemeinsam starrten sie in Richtung des Stadttores, wo auf vierundfünfzig aufrechte Männer der Tod wartete.
    »Sag mir, Bruder, ist es zu viel verlangt von Gott, dass er diesem Morden und Brennen endlich ein Ende macht?«
    »Ich wage es nicht zu hoffen, Mathieu. Ich stecke zurzeit selbst in einer tiefen Krise.«
     
     
     
    Y SÉE
    Paris, Rue des Ursins, 12. Mai 1310
     
    »Es ist an der Zeit, dass wir über dein weiteres Leben sprechen.«
    Ysée ließ die Spindel sinken und sah Mathieu an. Er war nun schon den zweiten Tag in Folge im Haus und beaufsichtigte jeden ihrer Schritte.
    »Warum streifst du verkleidet durch die Cité?«
    »Welch eine Frage.« Ysée hob trotzig den Kopf. »Weil ich nicht Eure Gefangene bin.«
    Sie sah die Bewegung seiner Kinnmuskeln und erhob sich instinktiv. Sie fühlte sich unterlegen, wenn sie saß und er vor ihr aufragte wie ein Riese.
    »Du bist wie ein törichtes Kind. Weißt du überhaupt, was in einer Stadt wie Paris einem Grünschnabel mit einem Mädchengesicht alles zustoßen kann?« Ysée versuchte seine Besorgnis zu entkräften. »Ich habe Freunde, die mich beschützen.«
    »Das wird ja immer besser! Darf man fragen, wer die Herren sind?«
    »Studenten.« Ysée stieß das Wort triumphierend heraus. Mathieu verdrehte die Augen.
    »Das leichtlebige Scholarenvolk aus vielen Nationen zählt nicht gerade zu den ehrenwerten Bürgern der Stadt.«
    »Ihr seid wütend, weil Euer Bruder mein Geheimnis entdeckt und Euch Vorwürfe gemacht hat.«
    »Zum Donner. Es geht nicht um uns, es geht um dich, kleine Begine.«
    »Nennt mich nicht Begine, ich bin keine mehr.«
    »Wer bist du dann? Yvo der Knappe? Das ist ebenfalls eine Lüge, Kind.«
    »Ich bin auch kein Kind mehr.«
    »Dann ist es an der Zeit, dass du dich auch nicht mehr wie ein Kind benimmst. Akzeptiere, dass es immer Mächtigere geben wird. Nicht einmal der König kann tun, was ihm in den Sinn

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