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Beginenfeuer

Beginenfeuer

Titel: Beginenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Christen
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Kritik. Greift zu.« Violante kam der Aufforderung sofort und gerne nach. »Was führt Euch nach Vienne?«, setzte der Kardinal das Gespräch fort.
    Sie zögerte. Diese Situation war nicht geplant. Sollte sie von ihrem Auftrag sprechen? Schickte ihr der Himmel mit dem Kardinal einen Fürsprecher, der sich beim Heiligen Vater für ihre Schwestern verwandte?
    Bevor sie ihre Antwort richtig bedacht hatte, forderte ein Fanfarensignal alle Gäste zur Ruhe auf. Der Heilige Vater sprach den Segen für den königlichen Gesandten, und als sie Mathieu erkannte, der den Ring des Papstes küsste, wurde ihr im selben Augenblick klar, dass sie sich besser an ihn um Hilfe wandte als an einen Kirchenmann. Hatte sie in der Vergangenheit nicht gelernt, den Würdenträgern der Kirche zu misstrauen? Matthieu hatte sie noch nie enttäuscht.
    Sie entschied, nur einen Teil der Wahrheit zu sagen, denn der Kardinal wartete noch immer auf ihre Erwiderung: »Ich bin nach Vienne gekommen, um dem Heiligen Vater eine Bitte vorzutragen.«
    »Und um welche Bitte handelt es sich, wenn Ihr mir das sagen wollt?«
    »Verzeiht, Eminenz, ich bin zur Verschwiegenheit verpflichtet.«
    »Dann will ich nicht weiter in Euch dringen. Habt Ihr passende Unterkunft in Vienne gefunden? Zurzeit halten sich hier viel zu viele Menschen auf.«
    »Ich nehme mit meiner Begleitung die Gastfreundschaft des Liebfrauenklosters in Anspruch.« Der Kardinal schüttelte unwillig den Kopf. »Das ist kein Aufenthaltsort für eine Dame.«
    »Es gab kein anderes Quartier. Wir sind froh, überhaupt einen Schlafplatz gefunden zu haben.«
    »Würdet Ihr erlauben, dass ich Euch unter das Dach meines Hauses bitte, Violante von Courtenay? Wie groß ist Euer Gefolge? Ich bewohne das Gebäude eines Domherrn in der Rue Calixte II.«
    »Ich möchte Euch keine weiteren Umstände machen, Eminenz.«
    »Ich werde veranlassen, dass bis heute Abend Räume für Euch und Eure Mägde gerichtet werden. Gönnt mir das Vergnügen, Euch behilflich sein zu können.«
     
     
     
    M ATHIEU VON A NDRIEU
    Palast des Erzbischofs von Vienne, 17. Oktober 1311
     
    Mathieu hatte sie sofort erkannt, als sie an der Seite eines Kardinals die große Halle betrat.
    »Wer ist der Kardinal, der die Dame im goldgewirkten Kleid zu Tisch führt?«, erkundigte er sich bei Erzdiakon Pellegrue, der ihm nicht von der Seite wich, mit einem Blick in Richtung Violante.
    »Ein Italiener. Giacomo Colonna. Seine Heiligkeit hat ihn erst vor fünf Jahren rehabilitiert.«
    Mathieu kannte den Namen.
    »Und wer ist die Dame?« Es interessierte ihn, ob Pellegrue etwas von Violante wusste.
    »Da bin ich überfragt.« Der Erzdiakon zuckte mit den Schultern. »Vielleicht jemand aus seiner Verwandtschaft. Die Italiener bleiben gerne unter sich.«
    Die Franzosen auch, mein Freund, hätte Mathieu gerne erwidert, aber diese Bemerkung behielt man besser für sich, wenn man mit einem Neffen des Papstes sprach. Er hätte auch zu gerne gewusst, worüber sich die beiden so angeregt unterhielten. Hoffentlich nicht über die bevorstehende Entscheidung gegen die Beginen. Er vertraute darauf, dass die Ereignisse Violante vorsichtiger gemacht hatten. Ohne jede Möglichkeit, auf sie zuzugehen und sie zu warnen, blieb ihm nichts anderes übrig, als das Mahl abzuwarten. Gleich nach dem Segen des Papstes würde er sich auf die Suche nach Simon machen.
    Seit drei Tagen hatten der Waffenmeister und sein Neffe vergeblich versucht, Violante ausfindig zu machen. An der Hand eines Kardinals erschien sie jetzt völlig überraschend zur Tafel des Papstes. Dazu gehörten nicht nur Selbstbewusstsein, sondern auch die nötigen Verbindungen. Sie war unberechenbar, und genau das machte es so schwer, sie vor sich selbst zu schützen.
    Mathieu begann in den Reihen der Kuttenträger nach der Gestalt seines Bruders Ausschau zu halten. Umsonst. Simon war wohl nicht gekommen. Es verwunderte ihn wenig. Sein asketisches Aussehen verriet eine unheilvolle Neigung zum Fasten.
    Mathieu wurde zunehmend unruhiger. Obwohl Seine Heiligkeit sich mit Magenkrämpfen entschuldigt hatte, zog sich das Mahl endlos hin. Mathieu hatte ihm die Nachricht überbracht, dass der König beabsichtigte, frühestens zum Weihnachtsfest nach Vienne zu kommen. Die Botschaft musste ihm wohl auf den Magen geschlagen sein. Er beneidete ihn um das Recht, seine Gäste verlassen zu dürfen.
    Die Zeremonien, die er stellvertretend für den König über sich ergehen lassen musste, beanspruchten seine Aufmerksamkeit

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