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Begraben

Begraben

Titel: Begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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Organisation gerne etwas spenden«, erklärte Cyrille.
    Anuwat schien auf dieses Signal geradezu gewartet zu haben. Er bedankte sich überschwänglich und führte sie rasch in sein kleines Büro, ein winziges Zimmer aus Bambuslatten mit einem kleinen Fenster zum Fluss. Cyrille setzte sich auf einen Plastikstuhl, Anuwat ging hinter seinen Arbeitstisch, ein einfaches Brett auf Böcken. Die junge Frau zog mehrere Tausend-Baht-Scheine aus der Tasche und reichte sie ihm zusammen mit ihrer Visitenkarte. Der Sekretär nahm sie dankend entgegen, schloss eine Schublade auf und legte das Geld hinein. Ohne sie anzusehen, brach er plötzlich das Schweigen:
    »Hat Ihnen Professor Arom erklärt, unter welchen Umständen wir diese Kinder aufgefunden haben?«, fragte er und blickte dabei mehrfach Richtung Tür.
    »Mehr oder weniger«, antwortete Cyrille ausweichend.
    Anuwat erhob sich, schloss die Tür und setzte sich wieder. Hinter ihm an der Wand hing eine verblichene Landkarte. Er deutete auf den Golf von Thailand.
    »Wir haben sie hier gefunden. In der Umgebung der Stadt Surat Thani. Das erste Kind vor dreizehn Monaten. Die anderen Kinder vor acht und zwei Monaten, das Letzte – ein kleines Mädchen – vor zwei Tagen. Alle vier wurden praktisch an derselben Stelle am Strand entdeckt, so als hätte man sie mit einem Boot dorthin gebracht.«
    Cyrille zog die Augenbrauen hoch.
    »Am Strand?«
    »Ja. Alle vier litten unter Gedächtnisverlust, waren nicht in der Lage, zu sagen, woher sie kamen oder was ihnen zugestoßen war. Sie wurden alle von der Außenstelle der VGCD von Surat Thani im Süden des Landes in Obhut genommen.«
    »Mein Gott …«
    Anuwat drehte sich zum Bildschirm seines Computers, einem uralten PC, dessen Gebläse asthmatisch surrte. Er bewegte die Maus, der Bildschirm wurde hell.
    »Wie schon gesagt, das letzte Kind wurde … vor zwei Tagen gefunden. An derselben Stelle und ebenso mit Gedächtnisverlust wie die drei anderen.«
    Er klickte eine Fotodatei an. Das lächelnde Gesicht eines jungen Mädchens erschien; das lange schwarze Haar, getrennt durch einen schnurgeraden Scheitel, hing ihr auf die Schultern.
    »Hier. Dieses Foto haben sie uns gestern geschickt. Sie sagt, sie heiße Dok Mai und sei in der Region Phuket geboren, das ist alles.«
    Cyrille beugte sich über den Schreibtisch, um das Gesicht des Mädchens genau zu betrachten. Sie konnte kaum glauben, was sie soeben gehört hatte.
    »Kommt es häufig vor, dass Sie Kinder in einem so schlechten Zustand finden?«
    »Wir nehmen täglich Kinder von der Straße auf, die sich selbst überlassen sind. Häufig sind sie durch Drogen oder Misshandlungen so geschädigt, dass sie konfuses Zeug reden oder ihre Identität verloren haben. Aber in diesem Fall haben Analysen keine Spur von Drogen oder Misshandlungen ergeben.«
    Anuwat blickte immer wieder Richtung Tür. Rasch klickte er ein weiteres Dokument an.
    »Haben Sie eine Ahnung, woher diese Kinder kommen?«, fragte Cyrille.
    Anuwat Boonkong schüttelte den Kopf.
    »Alles, was man weiß, ist, dass dies das Jagdrevier der Liga von Ko Samui ist.«
    Cyrille Blake zog eine Augenbraue hoch.
    »Was ist das?«
    »Eine der Gangs im Golf von Thailand, die mit Drogen, Waffen und auch mit Kindern handeln, die zu Prostitution und pornografischen Handlungen gezwungen werden … unser Albtraum.«
    »Haben Sie die Polizei benachrichtigt?«
    »Nein. Wir können keinerlei Beweise vorlegen. Und die Polizei im Süden unternimmt wenig gegen diese Händler … wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Anuwat lächelte verlegen. Cyrille verstand.
    »Und Professor Arom hat diese Kinder behandelt?«
    »Er hat bei einigen damit begonnen. Aber das muss er Ihnen selbst erzählen.«
    Anuwat klickte ein neues Dokument an.
    »Die ersten drei Kinder hatten nichts bei sich außer der Kleidung, die sie am Leib trugen. Nur Dok Mai hatte noch etwas anderes in ihrer Tasche.«
    Er öffnete eine Video-Datei.
    »Ich würde Ihnen dieses Video gerne zeigen, weil Sie Ärztin sind. Ich habe die Datei heute Vormittag erhalten und Sie an Professor Arom weitergeleitet, um zu hören, was er davon hält.«
    Auf dem Bildschirm erschien der schwarze Rahmen; das Video dauerte vierzig Sekunden.
    »Das Mädchen hatte ein Handy in der Tasche ihrer Shorts. Auf diesem Handy war nach Angabe der Kollegen aus Surat Thani nichts weiter als dieser kleine Film.«
    Cyrille Blake reckte sich, verwirrt durch die ungeheuerliche Geschichte, die der Sekretär ihr erzählte.
    Das

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