Begraben
besorgt ihnen einen Ehemann …«
»Und all das gegen Geld, nehme ich mal an?«
»In den meisten Fällen – ja.«
»Sie betreiben einen regelrechten Sklavenhandel mit ihnen«, meinte Cyrille bestürzt.
»Und was ist mit den anderen?«, wollte Julien wissen. »Denen du das Gehirn wegbrennst, was wird aus denen?«
»Ich … Pot schickt sie nach China. Dort werden sie ebenfalls untergebracht.«
»Wo?«
Rama Supachai schwieg und knirschte mit den Zähnen.
Julien trat auf das Pedal, und der Sessel bewegte sich ein paar Zentimeter weiter nach oben. Der Bohrer drehte sich und berührte fast den Augapfel. Rama schloss die Lider und schrie: »Aufhören!«
Cyrille und Julien beugten sich über den Stuhl.
»Wohin schickt ihr sie?«, brüllte Julien.
»In Fabriken.«
Cyrille musste sich festhalten.
»Ihr verkauft sie als Zwangsarbeiter an Schlepperbanden, ist es das?«
Die Augen weit aufgerissen, schluckte Rama mehrmals. Cyrille fuhr mit ihrem Verhör fort.
»Und … mein Mann hat von alldem Kenntnis …«
Rama sagte nichts, doch als sie ihn ansah, wusste sie, dass sie mit ihrer Vermutung richtig lag. Ohne eine Antwort abzuwarten, presste sie die Faust auf den Mund, um nicht vor Wut laut aufzuschreien. Sie holte tief Luft, versuchte, sich zu beruhigen, und fuhr dann fort:
»Was ist vor zehn Jahren passiert? Wie sind wir uns begegnet, Sie und ich?«
Rama Supachai schien aufzuatmen.
»Es war während des Kongresses, Sie waren mit Ihrem Mann dort. Man hat uns einander vorgestellt.«
»Wer ist ›man‹?«
Zum ersten Mal war auf Supachais Gesicht die Andeutung eines Lächelns zu erkennen.
»Sanouk Arom.«
Cyrille öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Arom? Offensichtlich. Deshalb hatte sie ihn, als sie unter Hypnose war, gesehen. Sie musste sich am Stuhl festhalten, um nicht zu taumeln. Hatte der Professor sich daran erinnert oder hatte ihn seine Alzheimer-Erkrankung vergessen lassen, dass er in diese Geschichte verwickelt war?
»Also, Sanouk Arom hat uns miteinander bekannt gemacht, und dann?«
Rama gewann zusehends an Sicherheit.
»Nun, eines Abends kamen Sie in der Bar des Kongresspalastes zu mir, als ich dort mit Arom zusammensaß. Sie sagten mir, Sie würden sich für meine Forschungsarbeit interessieren und mehr über die selektive Beeinflussung von Erinnerungen wissen wollen.«
»In welchem Zustand war ich?«
»Erschöpft, deprimiert. Zudem schienen Sie einiges getrunken zu haben.«
Cyrille zog fragend die Augenbrauen hoch.
»Und dann?«
»Ich habe Ihnen in groben Zügen das Prinzip meiner Methode erklärt, die ich bereits an einigen Freiwilligen aus meinem Umkreis mit ermutigenden Ergebnissen getestet hatte.«
»Und?«
»Und dann sagten Sie mir, Sie wären einverstanden, das Experiment zu wagen, und zwar sofort.«
»Sie sind darauf eingegangen?«
»Ja.«
Cyrille fühlte sich auf einmal sehr müde.
»Und mein Mann war dabei?«
»Während der Behandlung, ja, er ist nicht von Ihrer Seite gewichen.«
Cyrille biss sich auf die Lippe und tauschte einen vielsagenden Blick mit Julien.
»Wo sind die Bilder, die Sie für meine ›Behandlung‹ verwendet haben?«
Schweißperlen standen Rama auf der Stirn.
»In … meinem Schreibtisch, unten. Es gibt mehrere Kästen. Einer trägt die Bezeichnung ›zweitausend‹.«
Julien hörte schon nicht mehr zu. Er war bereits unterwegs.
Cyrille sah den thailändischen Wissenschaftler ausdruckslos an.
»Warum machen Sie das?«
»Das haben ich Ihnen doch schon erklärt.«
Sie trat näher zu ihm.
»Nein, ich meine den tieferen Sinn, Ihre wahre Motivation, worin besteht sie? Ist es Rache? Geldgier? Macht? Was ist es?«
Rama Supachai sah sie feindselig an.
»Das können Sie mit Ihrer phlegmatischen und verdorbenen westlichen Mentalität nicht verstehen. Wenn Sie wüssten, was Unglück wirklich ist, würden Sie nicht so urteilen.«
»Sie weichen meiner Frage aus … Warum machen Sie das?«
»Ich werde es Ihnen sagen. Meine biologische Mutter war eine Prostituierte. Sie starb an einer Überdosis in einem Bordell in Patpong mit gerade einmal vierzehn Jahren … Ich war zu dem Zeitpunkt zehn Monate alt. Ich kam in ein Waisenhaus und wurde von der Familie Supachai adoptiert, die mir eine gute Erziehung angedeihen ließ.«
Cyrille und Rama schwiegen. Cyrille weigerte sich, Mitleid mit ihm zu empfinden.
»Das ist zwar traurig, aber wieso gibt es Ihnen das Recht, Kinder zu foltern?«
»Als ich viele Jahre später an meiner Promotion im Fach
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