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Begraben

Begraben

Titel: Begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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albern, möge der Beste gewinnen. Bist du mir noch böse?«
    Cyrille schüttelte den Kopf, ein Kloß in ihrem Hals hinderte sie daran zu sprechen.
    »Sag mir, was los ist. Du kannst mir alles sagen, und ich bringe es für dich in Ordnung.«
    Cyrille, die noch nicht so weit war, fühlte sich hilfloser denn je.
    »Der Typ, der die Katzen gequält hat … Ich kenne ihn«, stieß sie in einem Atemzug hervor.
    Benoît hörte auf, sie zu streicheln.
    »Wie bitte?«
    »Es ist Julien Daumas, der, den ich ›vergessen‹ habe.«
    Benoît stützte sich auf einen Ellenbogen und sah sie finster an.
    »Der Pseudologe?«
    »Er lügt nicht, ich habe ihn wirklich behandelt. Das hat mir der Chefkrankenpfleger bestätigt.«
    »Wer?«
    »Nino Paci.«
    »Paci, ja, der Name sagt mir etwas.«
    »Ihn habe ich wohl auch mehr oder weniger vergessen, denn offenbar waren wir früher Freunde.«
    Blake setzte sich auf und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
    »Daumas hat diese Tiere enukleiert?«
    »Ja.«
    »Woher weißt du das? Hat er dir das während einer Sitzung gesagt? Du weißt ebenso gut wie ich, dass es Leute gibt, die sich gewisser Taten bezichtigen, die sie nicht begangen haben.«
    »Ich habe die Katzen mit den ausgestochenen Augen bei ihm gesehen.«
    Auf dieses Geständnis folgte Totenstille, dann plötzlich ein rauer Aufschrei.
    »Bei ihm? Wie bei ihm?«
    »Er hat mir seinen Wohnungsschlüssel gegeben, um mich dorthin zu locken.«
    Blake knipste die Nachttischlampe an und starrte seine Frau an.
    »Und du bist hingegangen … Bist du total verrückt?«
    Benoît war nicht klar, welch vernichtende Wirkung seine Worte auf Cyrille hatten. Sie richtete sich ebenfalls auf, kreidebleich und mit feuchten Augen. Ich bin verrückt, er hat recht .
    »Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände.«
    »Bist du noch bei Verstand? Das ist gegen jedes Prinzip unseres Berufsstandes! Er hätte dich umbringen können!«
    »Das ist nicht das Problem, Benoît. Es ist viel schlimmer: Er ist verschwunden!«
    »Da kann man nur sagen, umso besser! Sollen sie ihn doch einsperren, Schluss aus! Jetzt reicht es aber mit den Dummheiten. Ich warne dich, um solche Patienten kümmerst du dich ab sofort nicht mehr. Dein Zentrum ist für gesunde Menschen, die Verrückten und Durchgeknallten gehen dich nichts an.«
    Cyrille atmete tief durch. Eine tonnenschwere Last drückte auf ihre Brust und nahm ihr die Luft. Die Worte, die sie jetzt aussprechen würde, könnten eine ungeahnte Kettenreaktion auslösen.
    Hätte ihr Mann die Fähigkeit zur Empathie, wäre die Erklärung nicht so schwierig, und sie müsste nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen.
    »Dieser Typ, wie du sagst, war einer meiner Patienten in Sainte-Félicité.«
    »Das hast du mir schon gesagt. Na und?«
    »Ich konnte mich nicht an ihn erinnern.«
    »Ja, und weiter?«
    Benoît regte die schleppende Erzählweise seiner Frau auf. Er wollte das Problem regeln, und zwar schnell. Sein rechter Fuß wippte nervös unter der Decke.
    Schließlich sah Cyrille ihn an und bemerkte seine Gereiztheit.
    »Mit anderen Worten, ich habe bestimmte Phasen meines Lebens vergessen, vielleicht sind es sogar mehr, als ich vermute.«
    »Was willst du damit sagen?«
    Cyrille schwitzte unter ihrem Nachthemd.
    »In Bangkok im Jahr 2000, erinnerst du dich, als ich …«
    »Wie könnte ich das vergessen! Du meinst, als du ausgerissen bist?«
    »Ja … Weißt du, ich war wirklich total verloren, es könnte sein, dass ich damals Drogen geschluckt habe …«
    Benoît Blake schwieg eine Weile und sah seine Frau forschend an, um die Wahrheit in ihren Augen zu lesen.
    »Was für Drogen, und wer hat sie dir gegeben?«
    »Die Leute in einer Bar … ich weiß nicht.«
    Misstrauisch kniff Benoît die Augen zusammen.
    »Und du hast mir nicht zufällig noch etwas anderes zu beichten?«
    Cyrille zwang sich, ihn anzusehen und seinem Blick standzuhalten.
    »Nein, nichts.«
    »Verstehe. Gleich morgen bemühe ich mich um einen Platz in der Rothschild-Klinik für dich. Ich rufe Gombert an, den Neurologen. Du gehst stationär zu ihm, damit er alle nur erdenklichen Untersuchungen vornehmen kann. Wenn du irgendwelches Dreckszeug geschluckt hast, werden wir sehen, welche gesundheitlichen Folgen das hat. Du wirst die Klinik nicht verlassen, ehe man herausgefunden hat, wo dein Problem liegt und wie man es beheben kann. Ich werde alle Kollegen zu diesem Thema befragen.«
    »Benoît, ich … in drei Tagen fahre ich nach Bangkok.«
    »Vergiss Bangkok,

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