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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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von Haut
und Blut. Diesmal hatte der Mörder seine Visitenkarte hinterlassen.
    Ich richtete mich auf und sah mich nach dem Telefon um. Der
Hörer lag daneben.
Ich umfaßte ihn mit meinem Taschentuch und wählte die
Nummer der Polizei. Dann legte ich ihn wieder in dieselbe
Position, in der ich ihn gefunden hatte.
Es war kein weiter Weg von Grønland zur Sannergate. Ehe ich
mich versah, standen sie schon in der Tür. Aber einer Sache war
ich mir sicher! Thorbjørn Finstad hatte keine Kratzspuren an den
Händen gehabt.
Anne-Kristine Bergsjø war blaß um den Mund, und der Blick,
den sie mir zuwarf, versprach alles andere als Gutes. »Was zum
Teufel machst du hier, Veum?«
»Ich wollte mit ihr reden. Die Tür war offen.«
»Also kamst du einfach rein?«
»Hätte ich es lassen sollen?«
»Wenn du einen entsprechenden Verdacht hattest, hättest du
die Polizei rufen sollen.«
»Ich hatte überhaupt keinen Verdacht!«
»Und dann spazierst du einfach so rein und – findest was?«
Ich sagte kleinlaut: »Jedenfalls war ich es nicht. Sie hat Hautfetzen unter den Nägeln. Schau, hier!« Ich hielt ihr meine
Handrücken hin.
»Nein, so was Dummes hätte ich dir auch nicht zugetraut,
Veum. Daß du hinterher anrufen und es uns erzählen würdest,
meine ich.«
Ein Mann in Zivil mit einem schmalen Schnauzer und einer
Fliege richtete sich neben der Leiche auf und drehte sich zu
Bergsjø um. »Ist mindestens 24 Stunden her. Die Leichenstarre
ist längst eingetreten.«
»Dann macht sie fertig für die Obduktion, je eher, desto besser.«
Er zog die Oberlippe hoch und schrubbte sich sozusagen mit
dem eigenen Bart unter der Nase, wie eine Art erster Teil des
Reinigungsprozesses vor dem Eingriff. »Wird gemacht.«
Er wandte sich an einen der Spurensucher. »Habt ihr alle
Fotos? Kann ihr jemand einen Wagen bestellen?«
Der Mann nickte und ging hinaus, um die Order auszuführen.
Der Mann mit dem Schnauzer folgte ihm mit einem reservierten Gruß an Anne-Kristine Bergsjø, der allerdings wie eine
spontane Liebeserklärung wirkte, verglichen mit dem Blick, den
sie mir zuwarf, als ich sagte: »Ich weiß, wer sie am Wochenende
besucht hat.«
»Wer denn?«
»Thorbjørn Finstad.« Ich beschloß, besser nicht zu erzählen,
daß ich selbst vor ein paar Stunden Finstad in Ullersmo besucht
hatte.
Mit strammen Stimmbändern sagte sie: »Und woher weißt du
das?«
»Weil er mir im Treppenhaus entgegenkam, als ich das letzte
Mal hier wegging.«
Sie verdrehte die Augen. »Und wann war das?«
»Am Freitag.«
Sie seufzte und richtete den Blick wieder auf Trude Solbakken. Um uns herum wurde es lebendiger. Ich hatte das merkwürdige Gefühl, als befänden wir uns im Auge des Sturms, am
einzigen Ort, wo es aus irgendeinem Grunde windstill war.
»Was glaubst du, wie alt sie war?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Paarundvierzig.«
Sie preßte die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
Ich faßte sie vorsichtig am Oberarm. »Ihr müßt ihn stoppen,
bevor er wieder zuschlägt!«
Sie trat einen Schritt zur Seite und drehte sich zu mir um, so
daß sie sich diskret meinem Griff entwand. »Wen stoppen?«
»Svein Grorud!«
Kaum hörbar sagte sie: »Vergiß es.«
»Vergiß es?«
Sie wandte sich ab, trat zu ein paar Polizisten, zeigte auf
verschiedene Stellen im Raum und gab ihnen einige Anweisungen.
Einer der Männer malte gerade mit Kreide einen Strich um
Trude Solbakken, mit einem quietschenden Laut, als sägte er
Knochen. Ein anderer packte das Telefon in eine Plastiktüte, der
Hörer war immer noch abgehängt. Ein dritter stand da und
notierte Namen und Telefonnummern von einer Handvoll gelber
Zettel, die an eine Korkplatte über der Kommode geheftet
waren, auf der das Telefon gestanden hatte.
Als sie ihre Anweisungen gegeben hatte, blieb sie am anderen
Ende des Raumes stehen. Ich folgte ihr dorthin, fest entschlossen, ihr nicht zu gehorchen. »Warum soll ich es
vergessen?«
Sie sah mich mit immer noch kühlem Blick an. »Und seit
wann sind wir verpflichtet, dich zu informieren?«
»Ihr seid verpflichtet, die Öffentlichkeit zu informieren!«
»Und die Öffentlichkeit, das bist du?« Schnaubend fügte sie
hinzu: »Nicht bei Mordfällen, Veum! Jedenfalls nicht, bevor die
Beweisaufnahme beendet ist.«
»Also habt ihr ihn mit anderen Worten aufgegriffen? Wo habt
ihr ihn gefunden?«
»Dies ist mein letztes Wort, Veum. Noch ein Wort von dir –
und ich lasse dich in Untersuchungshaft setzen, ist das klar?«
»Weswegen?«
»Keine

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