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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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gefallen und auf dem Dach der Galerie Oslo gelandet war. Es
stand nichts darüber, wer der Gast gewesen war oder was die
Ursache des Unglücks gewesen sein könnte. Die Polizei
untersuchte den Fall routinemäßig, wie die Zeitung sich diskret
ausdrückte.
Ich schmierte mir eine Scheibe Roggenbrot und belegte sie mit
Tomaten- und Gurkenscheiben.
»Bedeutet das, daß du noch ein paar Tage in der Stadt
bleibst?«
»Mhm. Ich fürchte, ja. Aber ich kann in ein Hotel gehen, wenn
du …«
»Das hab’ ich nicht gemeint! Du kannst hier bleiben, wenn du
willst.«
Ich zögerte. »Ich weiß nicht, ob das so schlau ist. Wenn nun
Grorud und Hauger hinter mir her sind und herausfinden, daß
ich hier …«
»Glaubst du nicht, daß sie dich noch leichter finden, wenn du
im Hotel wohnst?«
»Doch, da kannst du …«
»Siehst du. Also keine weiteren Diskussionen.«
»Na gut. Danke.«
»Du kannst meinen Reserveschlüssel haben. Dann kannst du
kommen und gehen, wann du willst.« Sie stand auf und holte
den Schlüssel aus einer Küchenschublade. »Hier.«
»Danke dir.« Ich steckte den Schlüssel erst einmal in meine
Hemdtasche.
»Ich muß gehen – räumst du den Tisch ab, wenn du fertig
bist?«
»Klar. In welcher Branche bist du heute?«
»Brauereibranche.«
Sie ließ mich allein mit dem Nachrichtenspiegel des Tages.
Eine eigenartige Ruhe befiel mich, als wären wir fünfzehn
Jahre verheiratet und dies eine gewöhnliche Frühstücksszene aus
unserem täglichen Leben. Das einzige, was fehlte, waren die
Kinder, die in die Schule oder in den Kindergarten mußten.
Bevor sie ging, streckte sie noch einmal kurz den Kopf zur Tür
herein, mit frisch restaurierten Lippen und einem leichten Duft
von Parfum. »Sehen wir uns heute abend?«
»Das hoffe ich doch. Darf ich dein Telefon benutzen?«
»Solange du nicht eine halbe Stunde mit Kalifornien telefonierst, schon.«
»Fünf Minuten mit Bergen.«
Sie nickte, lächelte und verschwand.
Und ich saß wieder da, vor einem reichlich gedeckten Frühstückstisch, mit der Tageszeitung, dem Schlüssel zur Wohnung
und Zugang zum Telefon. Entweder mußte ich einen ungeheuer
vertrauenerweckenden Eindruck gemacht haben, oder sie bekam
Provision für die Unterbringung von Touristen.
Ich beendete die Mahlzeit, räumte den Tisch ab, wusch ab und
erledigte die nötigen Anrufe.
Der erste ging nach Bergen. Sie war zu Hause.
»Hier ist Karin.«
»Hallo.«
»Hallo, bist du wieder zu Hause? Ich hatte gedacht …«
»Nein, ich bin noch in Oslo. Es ist etwas dazwischengekommen.«
Sie seufzte. »Tut es das nicht immer?«
»Und ich brauche ein bißchen Hilfe.«
»Hallo, geht es dir gut? – Ja, danke, und dir?«
»Tut mir leid, aber es handelt sich um einen Mordfall.«
»Hab’ ich es nicht geahnt.«
»Ja, aber denk nicht, daß …«
»Was wolltest du wissen?«
»Könntest du einen deiner Kollegen beim Einwohnermeldeamt
hier in der Stadt fragen, ob sie jemanden ausfindig machen
könnten, die Witwe …«
»Ach nee!«
»… eines Fotografen, der Pål Helge Solbakken hieß und der,
äh, im Frühjahr 1987 gestorben ist.«
»Kann ich dich irgendwie erreichen?«
»Du kannst mich hier anrufen …« Ich gab ihr die Nummer.
»… noch eine knappe Stunde. Danach weiß ich nicht. Dann muß
ich dich anrufen.«
»Gut. Wo wohnst du eigentlich?«
»Privat. Ich erkläre dir alles, wenn ich nach Hause komme.
Wenn du hier anrufst, kann es sein, daß eine Frau abnimmt.«
»Ach ja? Hast du dir eine Sekretärin gemietet?«
»Nein, aber – ich kann es erklären.«
Nach einer winzigen Pause, als wartete sie darauf, daß ich mit
der Erklärung anfinge, sagte sie: »Wenn du hier anrufst, kann es
sein, daß ein Mann abnimmt.«
»Wie bitte? Und wer?«
Sie lachte. »Der Installateur. Ich hatte ein Leck in der Spüle.«
»O Scheiße. Schlimm?«
»Nicht so schlimm wie das, was du da augenscheinlich gerade
machst. Bis später. Und Varg …«
»Ja?«
»Mach keine Überstunden, wenn du verstehst, was ich meine.«
Ich verstand.
Der nächste Anruf galt der Zeitung, bei der Ove Haugland
arbeitete. Er war in einer Morgenbesprechung. Wenn ich in
einer Viertelstunde wieder anriefe, müßte er zurück sein.
In der Zwischenzeit versuchte ich Asbjørn Hellesø zu erreichen.
Nach fünfminütigen Verhandlungen mit seiner Sekretärin, die
klang wie eine Olympiasiegerin in verbalem Matschkampf,
schaffte ich es, die Eisfront zu durchbrechen. Aber er pflanzte
keine Norwegische Flagge in den Boden vor Freude darüber,
meine Stimme

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