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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Sekretärin mit der eisgekühlten Stimme war groß,
schlank und Mitte Fünfzig. Sie war der Typ, hinter dem Anwälte
sich gern verstecken, formell, wohlfrisiert und grau gekleidet.
Aber sie war von einer klassischen Schönheit, in die ich mich
durchaus gern ein wenig verstrickt hätte, wenn sie mich denn
auf die andere Seite ihres Sherryglases hätte vordringen lassen.
Als ich mich vorstellte, sank das Thermometer noch ein paar
Grade unter Null.
    Asbjørn Hellesø sah auch nicht besonders freundlich aus. Er
knöpfte sein Jackett zu und durchquerte das Vorzimmer in einem Tempo, als sei eine ernsthafte Börsenkrise im Anmarsch,
und anstelle einer Begrüßung erntete ich ein kommandierendes
Nicken in Richtung Tür.
    Ich zwinkerte der Sekretärin zu, als ich die Tür hinter uns
schloß. Sie zwinkerte ebensowenig zurück, wie es eine Leiche
getan hätte, die man nach fünfzig Jahren in einer Polarnacht in
der Eiswüste gefunden hatte.
    Asbjørn Hellesø marschierte die Stortingsgate entlang, als sei
er auf dem Weg zum großen örtlichen Marathonlauf am Wochenende. Alles, was er sagte, während wir in die Klingenberggate einbogen, war: »Für so was hab’ ich verdammt noch mal
keine Zeit, Varg!«
    »Ich hab’ dich nicht eingeladen. Ich wollte …«
»Du nicht, aber Preben!«
»Steht so viel auf dem Spiel, daß er meint, seinen Anwalt
    dabeihaben zu müssen?«
Als wir unter Einsatz von Leib und Leben die Dronning
Mauds Gate überquerten, schnitt die Sonne wie ein himmlischer
Schneidbrenner die Wolkendecke auf und ließ die Fassade des
stillgelegten Westbahnhofs in Pastellgelb leuchten.
Die Büros von Backer-Steenberg lagen im fünften Stock eines
der Neubauten auf Aker Brygge. A/S PREBAC stand auf einem
Schild.
Das Interieur war in Blau und Grau gehalten, beherrscht von
großen, postmodernen Ventilationskanälen und kontrastiert
durch altklassizistische Gemälde in Braun und Gelb, gemalt in
Frogner 1991. Die Außenfenster reichten vom Boden bis zur
Decke, waren aber umrahmt von schweren, silbergrauen Gardinen, die man vorziehen konnte, wenn die lichtscheuen Geschäfte
getätigt wurden.
Eine Sekretärin mit kreideweißer Haut, pechschwarzem Haar,
blutrotem Mund und einem Rock, der eben kurz genug war, um
zu zeigen, wie jung und dynamisch man in diesen Räumen war,
führte uns in einen Konferenzraum, der einen großen, schwarzen
Tisch von der Größe eines mittleren Sonnendecks enthielt,
Stühle aus dem gleichen schwarzen Material, mit hohen gepolsterten Lehnen in Dunkelrot, und Preben Backer-Steenberg am
Ende des Tisches, einen halben Tagesmarsch von der Tür
entfernt.
Er telefonierte, als wir hereinkamen. Auf dem Tisch vor sich
hatte er einen Laptop, einen ansehnlichen Aktenstapel, einen
Teller mit zwei belegten Broten und eine Tasse Kaffee. Auf
jeder Seite des Tisches war dasselbe für Hellesø und mich
gedeckt.
Die Brote waren zwar großzügig belegt, das eine mit einer Art
Krabben-Hummer-Cocktail, das andere mit einem Berg von
Roastbeef, Zwiebeln und sauren Gurken. Aber Backer-Stehenberg hatte wenig Zeit.
Er beendete sein Telefonat, als wir eintraten, wies uns auf die
beiden Plätze und erhob sich von seinem Stuhl, um deutlich zu
machen, daß das Ganze wohl nicht lange dauern würde. Er trug
graue Hosen, ein weißes Hemd und dunkelrote Hosenträger.
Seine Haltung war geschäftsmäßig und unbeteiligt.
Seine Stimme wohlklingend, der Tonfall zielbewußt. Er hatte
etwas Gebildetes, gab aber gleichzeitig zu erkennen, daß er
eigentlich auf dem Weg zum nächsten Flug nach Frankfurt sein
sollte.
Er setzte sich und schnitt einige Stücke von einem belegten
Brot ab, während die Sekretärin eine Ehrenrunde um den Tisch
drehte und den Neuankömmlingen Kaffee einschenkte.
Sie kam aus einer völlig anderen Klimazone als Hellesøs
Sekretärin. Sie verströmte einen auffälligen Duft von tropischem
Aroma, und wenn sie zwinkerte, dann mit dem ganzen Körper.
Vielleicht war das der Grund, warum Preben Backer-Steenberg
erst etwas sagte, als sie den Raum verlassen und die Tür hinter
sich geschlossen hatte. Bei dem Typ wußte man nie, wem er
zuzwinkerte.
Er strich sich durch das helle Haar. »Worum geht es, Veum?«
»Wie ich Hellesø heute morgen am Telefon schon sagte.
Möglicherweise geht es um Leben und Tod. Für dich.«
Er hob die Augenbrauen. »Ach ja?«
»Ich habe ein Gespräch belauscht, in dem dein Name fiel. In
gewisser Weise war es eine Drohung. Von einer Person mit
Namen Hauger. Axel Hauger.«
Hellesø und

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