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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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weißt du eigentlich?«
»Viel zuwenig, offenbar.«
28
    »Thorbjørn Finstad ist eine interessante Persönlichkeit, Veum«,
sagte Ove Haugland und nahm einen kräftigen Schluck aus
seinem Bierglas. »In dem Spinnennetz, das man Oslo nennt, saß
er ein paar Jahre an sehr zentraler Stelle.«
»Spinnennetz? Was meinst du damit?«
     
»In einem seiner Bücher schreibt Dashiell Hammett über eine
    Stadt namens Poisonville. Frei übersetzt wäre das wohl so was
wie Giftstadt. Vielleicht sollte man langsam ein entsprechendes
Synonym für Oslo suchen.«
    »Hast du einen Vorschlag?«
»Wie gut kennst du die Stadt, Veum?«
»Äußerst oberflächlich. Ich hab’ hier ein Jahr lang gewohnt,
von 64 bis 65.«
    »Dann mußt du doch gemerkt haben, wie sie sich verändert
hat, oder?«
»Welche Stadt hat das nicht? Sogar Ber …«
»Es gibt graduelle Unterschiede, Veum. Du mußt doch …
Wenn du durch den Teil der Karl Johan, Richtung Oslo S. gehst,
gegen Abend, merkst du dann nicht, wie es dort vor Aggression
nur so vibriert? Oder in der Torggate am späteren Abend, bist du
da nicht die ganze Zeit auf der Hut? Ich glaube, Hand aufs Herz,
daß Oslo eine der unharmonischsten Städte ist, die ich kenne,
eine Stadt in permanentem Kriegszustand mit sich selbst. Mit all
der blinden Gewalt, die sich in diesen Straßen nachts abspielt,
sollten wir lieber einen Boxhandschuh im Stadtwappen tragen
als Sankt Hallvard.«
»Aber ist das, wovon du da redest, die Aggression, die Gewalt
auf der Straße, nicht nur ein Symptom?«
»Doch, eben. Und für was? Eben das – daß Oslo eine der am
schlechtesten verwalteten Städte des Landes ist, eine Stadt, die
sie geradewegs in den Graben fahren. Wir hatten hier das Pech,
die rechtsradikale Fremskrittsparti mit in der Regierung zu
haben, in Koalition mit den Osloer Konservativen, die sich an
Parteichef Willochs Schlagwort orientierten: Laßt tausend
Aktiengesellschaften blühen. – Und die haben die Stadt trockengelegt. Sie hoben Gruben aus und gruben unterirdische Wege,
rissen Jugendstilviertel und hundert Jahre alte Schulen ab –
Gruben, die so tief waren, daß sogar Galionsfiguren hineinfielen. Einer der populärsten Bürgermeister mußte abdanken
wegen des Vorwurfs der Korruption.«
»Aber …«
»Sie haben so hohe Hochhäuser gebaut, daß …«
»… einige herunterfielen und zerschmettert wurden?«
»Genau.«
»Aber war das alles nicht schon, lange bevor Høyre und …«
»Allerdings. Stimmt genau. Und die Symbolfigur genau
hierfür, mehr als irgendein anderer, war Thorbjørn Finstad.«
»Erzähl.«
»Thorbjørn Finstad hatte, was man in den Siebzigern die
richtige Klassenzugehörigkeit nannte, vielleicht etwas zu richtig
im Vergleich zu denen, die blufften, indem sie sich in Slangausdrücken ergingen und dick Umgangssprache auftrugen.
1937 geboren, aufgewachsen in Enerhaugen – noch ein Stück
Oslo, das sie dem Erdboden gleichgemacht haben –, Eisenbinder
von Beruf und ganz vorn an der Front, als in den Fünfzigern der
Nachkriegs-Bauboom einsetzte. Hoher Gewerkschaftsfunktionär, stellvertretendes Parlamentsmitglied in zwei Legislaturperioden …«
»Für Arbeiderpartiet?«
»Für wen sonst? Startete 62 eine eigene Firma und geriet
gleich in den Konjunkturaufschwung der siebziger Jahre.«
»Firma im Baugewerbe?«
»Bauunternehmen, ja. Mit großen Aufträgen von der Kommune. Er wußte sich alte Parteikontakte zunutze zu machen, und als
der Umbruch kam – ich meine der politische –, war er so hoch
oben auf der Leiter, daß er sich auch unter neuen Freunden wohl
fühlte, sozusagen. Und deshalb meine ich, daß er an zentraler
Stelle saß, im Spinnennetz. Er hatte in jedem Lager ein solides
Standbein, er ritt auf zwei ungebändigten Pferden unzählige
Runden durch die Manege, ohne herunterzufallen. Keine Wand
wurde bewegt, unter am Youngstorg, ohne daß Thorbjørn
Finstad mit von der Partie war, und im Rathaus wurde keine
einzige Fliese ausgewechselt, ohne daß man ihn erst um Rat
fragte.«
»Aber – jetzt sitzt er also im Bau?«
»Ja.«
»Weswegen?«
»Wegen etwas so Trivialem wie ein Mord aus Eifersucht.«
»Also hat Thorbjørn Finstad … Pål Helge Solbakken,
stimmt’s?«
Er nickte. »Wie gesagt, als du Solbakken am Telefon erwähntest … Ich war mir sicher, daß du das alles wüßtest, Veum.«
»Kannst du erzählen, was du darüber weißt, wenigstens stichwortartig?«
»Okay. Pål Helge Solbakken wurde an einem Dienstagabend
im März 1987 in seinem

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