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Begrabene Hunde schlafen nicht

Begrabene Hunde schlafen nicht

Titel: Begrabene Hunde schlafen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Atelier erschlagen. Und wenn ich erschlagen sage, dann meine ich erschlagen. Nur mit den Fäusten
– ein typischer Mord im Affekt. Spuren am Tatort und Zeugenaussagen führten dazu, daß Thorbjørn Finstad schon zwei Tage
später gefaßt wurde, mit auffällig geschwollenen Handknöcheln.
Weitere Indizien, zusätzlich zu einigen Fotos – von Finstads
Frau, Kunstfotos, wenn du verstehst, was ich meine –, führten
dazu, daß Finstad ein volles Geständnis ablegte. Es stellte sich
heraus, daß seine Frau ein Verhältnis mit Solbakken gehabt
hatte. Vor Gericht setzte die Verteidigung stark auf die Eifersuchtsschiene und behauptete, das Ganze sei im Affekt
passiert.«
»Wer vertrat ihn?«
»Ein Kind dieser Stadt. Asbjørn Hellesø.«
»Asbjørn Hellesø … Der auch Backer-Steenbergs Anwalt ist.
Backer-Steenberg, der auf dem Foto da, in Anwesenheit von
Loewe und Finstad, P. E, Jansson, der wiederum tot ist, einen
Umschlag mit unbekanntem Inhalt überreicht. Aber wo ist die
Verbindung all dieser Geschichten – wenn es eine gibt?«
»Auf jeden Fall Asbjørn Hellesø.«
Ich nickte. »Mit dem habe ich schon geredet. Jetzt muß ich es
wohl noch einmal tun. Wie lautete das Urteil für Finstad?«
»Zwölf Jahre, zusätzlich zu einer soliden Schadenersatzsumme
für Solbakkens hinterbliebene Frau und die Kinder. – Das
konnte er sich leisten«, setzte er trocken hinzu.
»Und er sitzt in Ullernsmo, wie ich höre?«
»Genau.«
»Seine Frau – erinnerst du dich an ihren Namen?«
»Seit wann interessierst du dich für Kunstfotos, Veum? Aud,
glaube ich. Aud Finstad.«
»Stimmt. Und es gab nie einen Zweifel an seiner Schuld?«
»Wie gesagt, er legte ein volles Geständnis ab.«
»Hm.« Ich legte den Finger auf Janssons Kopf. »Und dein
schwedischer Kontakt … Könntest du sie anrufen und versuchen, einen Termin zu bekommen? Ich würde sie gern mal
treffen.«
»In Stockholm?«
»Wo auch immer.«
»Okay. Ich kann versuchen, sie privat zu erreichen, morgen.
Wolltest du da nicht Marathon laufen?«
»Ja.«
»Hör zu, wenn wir uns eh auf diesem Eis befinden …«
»Auf welchem Eis?« Ich sah mich um. »Diesem hier?«
»Nein nein. Oslo im freien Fall. Ich habe zwei Karten für die
neueste Attraktion. Morgen abend. Nennt sich PLAY-TIME. Ich
denke, gerade das solltest du dir nicht entgehen lassen. Zur Zeit
des Verfalls des Römischen Reiches haben sie es nicht besser
gemacht.«
»Aha? Und wann sollen wir uns treffen? Und wo? Nicht
hier?«
»Die Bibliotheksbar im Bristol ist vielleicht eher dein Stil?«
»Möglich.«
»Neun Uhr?«
»Neun Uhr.«
Er hob sein Bierglas mit derselben Geste wie vorher. »Mehr,
Veum?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ich habe genug für heute.
Du hast mir ganz schön viel zu sortieren gegeben.«
Er nickte zur Tür. »Und sei vorsichtig da draußen.«
»Nach allem, was du erzählt hast, weiß ich verdammt noch
mal nicht, ob ich mich rauswage.«
Aber ich tat es. Das Lokal war jetzt voll bis zum letzten Stehplatz, und auf dem Weg zum Ausgang bekam ich mehr als eine
Einladung, doch zu bleiben, meistens durch Blicke, aber auch
durch flinke Finger. Ich widerstand der Versuchung und kämpfte mich wieder an die Oberfläche.
Die Kneipe mit dem Namen Berlin lag in einer halbdunklen
Seitenstraße, und sie trug ihren Namen mit Stolz. Ein lila Neonschild warf ein verlorenes Licht über den Bürgersteig vor dem
Eingang, der Baßrhythmus der Musik klopfte wie ein dunkler
Pulsschlag durch das ganze Viertel, und die Leute, die vorbeigingen, taten es eilig, auf der anderen Straßenseite.
Oben an der nächsten Straßenecke, genau vor einer spärlich
beleuchteten Baustelle, hing eine einsame Straßenlaterne und
schwankte in einem plötzlichen Windstoß.
Von Pilestredet her hörte man den Verkehr dröhnen, in den
Tunnel hinein und wieder heraus, von dem Verkehrsring, den sie
ironischerweise nach Henrik Ibsen benannt hatten, möglicher weise als eine Art Aufforderung, der Devise des Dichters zu folgen: Geht außen herum, sagte Bøygen * .
Aber in dieser Straße war kein Auto zu sehen, und gerade jetzt
auch kaum ein Mensch. Außer mir.
* Zitat aus Ibsens Peer Gynt.
29 Die schwankende Straßenlaterne gab einen quietschenden Laut
von sich, als wetzte gleich um die Ecke jemand seine Messer.
    Ich ging in die entgegengesetzte Richtung, auf den Lichtstrom
unten in der Karl Johan zu. Hinter mir hörte ich Schritte, aber …
Ich drehte mich schnell herum.
… nicht in meine Richtung.
Die Straße schien

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