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Behandlungsfehler

Behandlungsfehler

Titel: Behandlungsfehler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Konradt
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aus dieser übersehenen Fraktur folgt.
    Darüber hinaus sind Ärzte als Berater für mich tätig. Durfte man so behandeln? War die Versorgung korrekt? Oder hätte man etwas anders machen müssen? Diese Fragen beantworten meine Berater für mich, das kostet nicht viel Geld, häufig gar keins, weil sie sich freuen, wenn ich ein wenig Spannung in ihr Leben bringe, indem ich ihnen erzähle, was ihre Kollegen für »schreckliche« Fehler gemacht haben. Aber insbesondere hält sich der Aufwand für meine Berater in Grenzen. Ich fasse den Sachverhalt zuvor zusammen und stelle nur sehr wenige Fragen. Die meisten Probleme kann man nämlich, kann ich, auf das Wesentliche reduzieren. Ich kann sagen: So und so ist der Tatbestand, so und so ist das gelaufen, und fragen, ob die Maßnahme korrekt erfolgt ist.
    Die Wertigkeit von Gutachten
    Die Gutachten der Medizinischen Dienste, der Schlichtungsstellen und der Privatgutachter sind sehr unterschiedlich zu bewerten. Die Qualität hängt zunächst von dem Gutachter selbst ab. Ein Arzt, der über große Erfahrung in der Behandlung einer Erkrankung verfügt und den Standard aktiv mit weiterentwickelt, bewertet kompetenter und überzeugender als jemand, der weniger erfahren ist. Die Qualität des Gutachtens hängt aber auch von dem Verfahren ab, in dem es erstellt worden ist. Zu berücksichtigen ist immer, dass die Gutachter keine Juristen sind. Insofern sind diese mit unseren juristischen Spielregeln auch nicht in dem Maße vertraut, sodass sie zuweilen Aussagen machen, die aus rechtlicher Sicht nicht tragbar sind. Sie schreiben zum Beispiel: »Es kann dahingestellt sein, welchen Schaden der Patient erlitten hat, der Arzt hat behandlungsfehlerhaft gehandelt. Eine Haftung besteht.« Oder:
»Man hätte den Fehler vermeiden können, insofern haftet der Arzt.« Solche Aussagen führen, wenn man allein auf sie baut, juristisch nicht unbedingt zu einer Haftung, auch wenn es sich gut liest.
    Ein Gutachten kann meist nur so gut sein wie die Fragen, die ihm zugrunde liegen. Ich persönlich lege deshalb auf den Fragenkatalog immer besonderen Wert, weshalb ich ihn nur zu häufig selbst erstelle. Ohne gute Fragen gibt es keine guten Antworten. Dem Gutachter muss klar sein, worum es geht, der juristische Aufbau des Arzthaftungsrechts – Behandlungsfehler, Schaden, die Kausalität zwischen den beiden – sollte ihm bewusst sein. Und er sollte die Beweisregel des Paragrafen 286 der Zivilprozessordnung kennen. Vernünftige Zweifel müssen für das Gericht schweigen. Dann, und nur dann wird seine Stellungnahme im Verfahren auch hilfreich sein. Ref 9
    Immer wieder kommt es vor, dass Gutachter den Behandlungsfehler in der Rückschau beurteilen – wir nennen das »ex-post-Betrachtung«. Im Nachhinein ist es leicht, alles besser zu wissen und sich zu überlegen, was man anders hätte machen können, wenn man den Verlauf, der sich eingestellt hat, kennt. Wenn Sie wüssten, dass Sie an der nächsten Kreuzung einen Unfall bauen werden, dann ist es leicht, diesen zu vermeiden. Und der Arzt weiß, während er behandelt, noch nicht, was sich später anders als erwartet einstellt. Er kennt den Verlauf nicht. Der Gutachter muss das berücksichtigen. Wir nennen das die »ex-ante-Sicht«. Er muss sich in die Umstände zum Zeitpunkt der Behandlung hineindenken und überlegen, ob der Arzt in der akuten Situation und mit dem, was er in dem Moment wusste und hätte wissen müssen, das Richtige getan hat. Die Frage ist nicht allein, ob der Misserfolg vermeidbar gewesen wäre, sondern ob für den Arzt das Risiko des Misserfolges erkennbar war und dieser durch entsprechende Strategien vermeidbar gewesen wäre, wenn er den Patienten dem ärztlichen Standard gemäß behandelt hätte.
    Die Medizin hat sich in den vergangenen 20 Jahren rasant weiterentwickelt. Die Technik ist feiner geworden, die Überwachung subtiler, Operationen enden seltener tödlich. Als Gutachter ist es zwingend notwendig, sich mit den modernen Operationsmethoden
auszukennen. Man muss zum Beispiel Kenntnis haben, wie eine laparoskopische Operation am Dickdarm aussieht, um diese Operationsmethode beurteilen zu können – also wissen, wie so eine Knopflochchirurgie durchgeführt wird. Es ist Voraussetzung das Wissen zu haben, was das für den Heilungsprozess bedeutet: Bei dieser Form der Operation verliert der Patient deutlich weniger Blut als bei einer herkömmlichen Operation. Das Risiko von Wundheilungsstörungen ist geringer und der Patient wird

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