Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Behandlungsfehler

Behandlungsfehler

Titel: Behandlungsfehler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Konradt
Vom Netzwerk:
die Behandlungsunterlagen und finde einen sechsseitigen Aufklärungsbogen mit handschriftlichen Notizen des Arztes und der Unterschrift des Mandanten. Das ist nie böse Absicht, zeigt aber, dass sich die Gnade des Vergessens in solchen extremen Situationen relativ schnell über die Erinnerung der Patienten legt. Wie häufig es zu einer bestimmten Komplikation kommt, ist für die Frage, ob darüber aufzuklären ist, irrelevant. Je tiefgreifender das Leben des Patienten im Falle einer Komplikation beeinträchtigt ist, desto intensiver ist dieses Risiko zu erläutern und der Patient aufzuklären.
    Über die Möglichkeit, dass eine Naht undicht sein und dies eine weitere Operation erforderlich machen kann, ist zu informieren. Oder dass, wenn das Rückenmark untersucht wird, der Patient hinterher querschnittgelähmt sein kann. Oder dass es nach Injektionen in das Kniegelenk zu Infektionen mit sehr bösen Folgen kommen kann. Sicherlich sind diese Komplikationen sehr selten, aber sie bringen nachhaltige Folgen mit sich, sodass der Patient wissen muss, was passieren kann. Nur so kann er sich überlegen, ob er das Risiko eingehen will oder auch nicht.
    Der Patient muss nicht wissen, wer ihn operiert. Das ist nicht aufklärungsbedürftig. Auch das jedem chirurgischen Eingriff anhaftende Risiko einer Keloidbildung, also einer Narbenwucherung, darf unerwähnt bleiben, es sei denn, dass es sich um einen schönheitschirurgischen Eingriff handelt. Da wäre die Gefahr
einer unschönen Narbe natürlich der Horror. Darüber, dass Bluttransfusionen nötig werden können, muss nicht immer aufgeklärt werden, wenn beispielsweise das Blutungsrisiko bei bestimmten Operationen extrem gering ist. Aber bei Hüftoperationen ist das Blutungsrisiko recht hoch, weshalb über eine Transfusion schon gesprochen werden muss. Dann ist auch über die Möglichkeit einer Eigenblutspende aufzuklären.
    Grundsätzlich entscheidet der Arzt, welche Behandlungsmethode er wählt. Er darf aber nur unter gleichwertigen Methoden wählen. Wenn mehrere wissenschaftlich anerkannte Alternativen zur Verfügung stehen, die sich hinsichtlich Belastungen, Risiken oder Erfolgschancen voneinander unterscheiden, muss der Patient das wissen. Der Arzt muss auch mitteilen, wenn es konservative Alternativen gibt. So kann ein Kropf operiert, aber auch medikamentös behandelt werden. Manche Knochenbrüche können, müssen aber nicht operiert werden. Eine Vollprothese im Mund wäre eine Alternative zum Implantat.
    Darlegen und beweisen, dass es alternative Behandlungsmöglichkeiten gibt, muss aber der Patient, der sich auf die mangelhafte Aufklärung über eine Alternative beruft.
    Ausnahmen in der Aufklärungspflicht
    Eine Ausnahme ist die Notoperation. Dabei kann der Arzt unter Umständen auch gar nicht aufklären, weil sofort operiert werden muss und der Patient bereits bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert wird.
    Grundsätzlich gilt aber, dass die Aufklärung so früh wie möglich zu erfolgen hat. Bei einfachen Eingriffen genügt die Aufklärung am Vortag. Aber nicht mehr am Abend davor. Denn dann kann sich der Patient nur noch schlecht aus der Geschehenskette lösen. Bei ambulanten Eingriffen kann auch die Aufklärung am Tage des Eingriffs genügen, sofern es sich um einen Routineeingriff handelt. Für das Legen einer Spirale trifft das zum Beispiel zu.
    Und was passiert, wenn der Arzt während der Operation eine andere Situation vorfindet als die, auf die er sich vorbereitet hatte, und wenn der Patient deshalb auch nicht über die notwendige
Maßnahme aufgeklärt werden konnte? Zum Beispiel, weil der Hals-Nasen-Ohren-Arzt nicht nur einen, sondern zwei Polypen findet und der obere Polyp nur durch eine Operation am Siebbein erreichbar ist, über die der Patient nicht aufgeklärt wurde? Oder wenn sich während einer Operation herausstellt, dass man auf einen künstlichen Darmausgang nun doch nicht verzichten kann, was aber vorher nicht absehbar war, weshalb der Patient darüber auch nicht aufgeklärt wurde?
    Auch hier ist die Autonomie des Patienten entscheidend. Ohne seine Zustimmung geht es nicht. Die notwendige Erweiterung der Operation ist erst dann möglich, wenn der Patient darüber aufgeklärt wurde und eingewilligt hat. Auch wenn er deshalb mit zwei Operationen, zwei Narkosen und damit dem zweifachen Operationsrisiko belastet wird.
    Davon gibt es aber auch wieder Ausnahmen. So zum Beispiel, wenn das Leben bedroht ist. Hier kann man von einer mutmaßlichen Einwilligung

Weitere Kostenlose Bücher