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Bei Anruf - Angst

Bei Anruf - Angst

Titel: Bei Anruf - Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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gleich, dass wir’s sind. Karl, du als
Erster, dann Klößchen, dann Gaby — ich als Nachhut.“
    Karl schnürte los. Die
Nikolai-Straße war immer noch menschenleer. Vorn bog Ivoritzki um die Ecke zum
Esterbach-Platz. Jetzt sausten alle los. Als sie dann spähten, erübrigte sich
die entzerrte Verfolgerformation. Denn Ivoritzki war schon am Ziel.
    Den weitläufigen Platz umgeben
alte Gebäude, die aus dem vorigen Jahrhundert sind und unter Denkmalschutz
stehen — obwohl nicht wenige Städter meinen, die Bauten wären das nicht wert.
Ehemalige Remisen im Parterre waren umfunktioniert zu Garagen mit alten
Holztoren, die man umständlich aufschließen musste, um dann beide Flügel zu
öffnen.
    Mitten auf dem Esterbach-Platz
steht auch die neue steingehauene Skulptur vom vereinigten Europa: ein sechs
Meter hohes Relief — eine Geländeoberfläche unseres Erdteils. Der Ankauf des
Kunstwerks hatte im Stadtrat beinahe Schlägereien ausgelöst. Und nun hatten die
Stadttauben das Relief in Besitz genommen, saßen dort, gurrten und verrichteten
ihre Notdurft. Europa sah bekackt aus — und so mancher nahm das als Fingerzeig
für die Zukunft.
    Nahe der Skulptur war auch der
Taxi-Standplatz. Manchmal standen hier bis zu 15 Mietdroschken. Jetzt waren die
drei schon zuviel, denn kein Fahrgast war in Sicht.
    Oder wollte Ivoritzki
einsteigen?
    Nein. Er strebte zu einer der
Holztor-Garagen und schloss auf. Er öffnete die Flügel. Licht wurde nicht
angemacht in dem kellerigen Gewölbe, aber alsbald rollte ein silbergraues
Mercedes-Coupé heraus mit eingeschalteten Scheinwerfern.
    Ivoritzki hielt, stieg aus und
schloss seine Garage.
    „Haben wir genug Geld?“, fragte
Tim.
    „Nicht, wenn er nach Italien
fährt“, sagte Klößchen. „Ansonsten bin ich gerade gut bei Knete. Für ‘ne
Taxifahrt innerhalb der Stadt reicht’s. Aber ihr beteiligt euch gefälligst.“
    „Die Unkosten werden umgelegt
auf alle“, nickte Tim. Als Ivoritzki in die Scheilitzer-Straße fuhr, wetzten
sie los. Im ersten Taxi saß ein junger Typ, rauchte zwar, sah aber trotzdem
sympathisch aus. Er las Zeitung und zuckte zusammen, als die vier seinen Wagen
stürmten. Tim glitt auf den Beifahrersitz.
    „’n Abend! Jetzt haben wir doch
tatsächlich unseren Onkel verpasst. Der im Mercedes-Coupé. Bitte, fahren Sie
ihm nach.“
    „Hm.“
    Der Fahrer startete seinen
Diesel und entdeckte Gaby im Rückspiegel. Sie lächelte und das wirkte
beruhigend auf den Lohnkutscher, denn die drei Jungs — besonders Tim — rochen
beängstigend nach Jagdfieber.
    „Wohin will euer Onkel? Wenn
ich das Ziel kenne, könnte ich abkürzen. Wird billiger für euch.“
    „Nein, nein!“, meinte Tim. „Nur
ihm nach. Wir wissen nicht, wohin er will.“
    Der Fahrer nickte und warf
seinen Zigarettenstummel durchs Fenster.
    Ivoritzki hatte 150 Meter
Vorsprung und das Taxi holte auf.
    „Wegen uns“, sagte Tim, „müssen
Sie nicht schneller als 50 fahren. Wir wollen nicht, dass Sie Ärger kriegen.“
    „Das dachte ich mir.“ Der
Fahrer grinste. Er hatte schlaue Augen und war sicherlich Student. Aber davon
kann man nicht leben — also verdiente er sich hier seinen Unterhalt. „Wo soll
ich euren Onkel einholen?“
    „Am besten überhaupt nicht. Und
vielleicht ein bisschen mehr Abstand.“
    „Es geht mich zwar nichts an,
aber ich würde trotzdem gern wissen, ob ich einen von der Mafia verfolge.“
    Auch Tim grinste. „Wir haben
einen starken Verdacht, aber noch keine Gewissheit. Das ist ja der Grund,
weshalb wir Onkelchen beschatten. Aber seien Sie unbesorgt: Zu einem
Feuergefecht kommt es nicht.“
    „Das ist tröstlich. Muss ich
sonst etwas wissen?“
    „Nur soviel: Sie stehen auf der
richtigen Seite. Gaby — die hinter Ihnen sitzt — ist die Tochter von Kommissar Glockner
und der zieht im Präsidium an wichtigen Fäden.“
    „Von Kommissar Glockner habe
ich schon gehört. Ich studiere Jura und will vielleicht in den Polizeidienst.“
    „Dann können Sie jetzt üben“,
schaltete Gaby sich ein, „wie man einen Verdächtigen verfolgt.“
    Der Student lachte. Dann: „Wirklich
Mafia?“
    „Wahrscheinlich ein Schleuser“,
antwortete Tim.
    „Pfui Teufel! Diese
Menschenverächter sind zum Kotzen. Die gehen über Leichen. Äh... ich glaube,
der will Richtung Autobahn. Zum Zubringer Osttangente.“
    Hm, dachte Tim. Das wäre im
Weichbild der Stadt. Dort gibt’s die Müllkipperheide, Parkplätze und die
Bombenkeller vom ehemaligen Industriegelände. Letzteres noch aus

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