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Bei Einbruch der Nacht

Bei Einbruch der Nacht

Titel: Bei Einbruch der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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Kommissar Adamsberg um zwei Uhr morgens in einem Keller fertiggemacht.
    Zwischen der Bande von Dick D. und der von Oberkampf war es bereits zu einem blutigen Kampf gekommen, als die Polizisten mit den Waffen im Anschlag die Türen eingeschlagen hatten. Die Kerle waren keine Spaßvögel und bis an die Zähne bewaffnet. Dick hatte auf einen Bullen gezielt, Adamsberg die Waffe auf Dicks Beine gerichtet. Daraufhin hatte ein Idiot einen gußeisernen Bartisch auf den Kommissar geschleudert, der Adamsberg drei Meter nach hinten und die Kugel seiner automatischen Waffe vier Meter nach vorne in den Wanst von Dick D. befördert hatte.
    Am Ende hatte es einen Toten und vier Verwundete gegeben, darunter zwei auf seiten der Bullen.
    Seitdem hatte Kommissar Adamsberg einen Menschen auf dem Gewissen und eine Frau am Hals. Zum ersten Mal in seiner fünfundzwanzigjährigen Firmenzugehörigkeit hatte er einen Menschen abgeknallt. Sicher, er hatte auf fremde Arme, Beine, Füße geschossen, um die eigenen zu behalten, aber nie auf den ganzen Kerl. Natürlich war es ein Unfall. Natürlich war der gußeiserne Tisch schuld, den der andere Trottel geschleudert hatte. Natürlich hätte Dick der Dumme, der Debile, der Dumpfe sie wie Ratten abgeknallt, und er war ein Dreckskerl. Natürlich war es ein Unfall, aber ein verhängnisvoller.
    Und jetzt war das Mädchen hinter ihm her. Die ganze magere Bande hatte sich nach Dicks Tod zerstreut, außer dieser Rachsüchtigen und ihren beiden Kletten, die sie hinter sich herzog. Die Rachsüchtige verfügte über eine bedeutende Artillerie, die sie aus den Überresten der Truppe geborgen hatte, aber man hatte ihren Bau noch nicht ausfindig machen können. Und jedes Mal, wenn man sie an einem Versteck auf Adamsbergs Weg festgenommen hatte, war sie ihre Waffe losgeworden, bevor sie in flagranti erwischt wurde. Sie drückte sich immer an eine Mülltonne, die Hände im Rücken. Wenn die Bullen bei ihr ankamen, war die Knarre bereits woanders. Eine groteske Situation, aber es gab keinerlei Möglichkeit, sie anzuklagen. Übrigens bremste Adamsberg seine Kollegen. Es nütze nichts, sie zu verhaften. Sie würde wieder rauskommen und irgendwann später schießen. Sollte sie also draußen bleiben und schießen, verdammt. Man würde ja sehen, wer von ihnen beiden den Sieg davontrüge. Und im Grunde wusch ihn diese rachsüchtige Frau, die ihm nach dem Leben trachtete, von seinem Fehler rein. Nicht daß er beschlossen hätte, sich um die Ecke bringen zu lassen. Aber diese lange, sich Tag für Tag hinziehende Treibjagd reinigte ihn.
    Adamsberg beobachtete sie, wie sie aufrecht an der Tür des Gebäudes gegenüber lehnte und tropfte. Manchmal versteckte sie sich, manchmal schminkte oder verkleidete sie sich richtig, wie im Märchen. Wenn sie sich so mit unverhülltem Gesicht zeigte, wußte er nicht, ob sie bewaffnet war oder nicht. Sie überwachte ihn häufig auf diese Weise, ohne sich zu verbergen - um ihn nervlich zu zermürben, dachte er.
    Aber Adamsberg hatte keine Nerven. Er wußte nicht, was es bedeutete, sich zu verkrampfen, unruhig zu sein, angespannt, genausowenig übrigens, wie es ihm gelang, sich zu entspannen. Seine natürliche Unbekümmertheit hielt ihn in einem immer gleichen, langsamen Rhythmus am Rande der Gleichgültigkeit. So war es schwierig zu wissen, ob der Kommissar sich für dieses oder jenes interessierte oder ob es ihm vollständig egal war. Man mußte fragen. Und es war eher aus Trägheit denn aus Mut, daß Adamsberg kaum Angst kannte.
    Diese Beständigkeit hatte beruhigende, fast geheimnisvolle Auswirkungen auf andere und wirkte bei Verhören unbestreitbar Wunder. Zugleich hatte sie etwas Irritierendes, Ungerechtes und Verletzendes. All jene, die wie Inspektor Danglard mit voller Wucht die großen wie auch die erbärmlichen Erschütterungen der menschlichen Existenz abbekamen, so wie man beim Fahrradfahren bei jedem Schlagloch Druckstellen am Hintern abbekommt, gaben die Hoffnung auf, Adamsberg je zu einer Reaktion bringen zu können. Reagieren ist doch eigentlich nicht so schwer.
    Das rothaarige Mädchen, das den Namen Sabrina Monge trug, wußte von diesen ungewöhnlichen Fähigkeiten des Kommissars zum Absorbieren nichts. Sie wußte auch nicht, daß die Bullen seit den ersten Tagen ihrer Verfolgung einen Gang durch verschiedene Keller angelegt hatten, der Adamsberg zu einem Ausgang zwei Straßen weiter führte. Und schließlich wußte sie auch nicht, daß er einen sehr präzisen Plan hatte,

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