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Bei Einbruch der Nacht

Bei Einbruch der Nacht

Titel: Bei Einbruch der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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seit zwei Jahren aus den Augen verloren haben. Es sind die Zähne dieses Wolfs, nicht die von Massart.«
    Der Wacher kniff die Lippen zusammen und richtete sich kerzengerade auf, ohne ein Wort dazu zu sagen.
    »Auf jeden Fall«, erklärte Soliman, »ist er der Mörder meiner Mutter. Also machen der Wacher und ich uns auf seine Spur.«
    »Wir heften uns an seine Fersen.«
    »Und wenn wir ihn packen, bringen wir ihn um.«
    »Nein«, erwiderte Camille.
    »Und warum nicht?« fragte Soliman und richtete sich auf.
    »Weil ihr danach nicht mehr wert seid als er. Aber das kann uns so oder so egal sein, weil ihr dann für den Rest eures stumpfsinnigen Lebens im Knast sitzt. Suzanne ist dann zwar vielleicht raus aus dem stinkenden toten Fluß, gut möglich, und Massart wird seinen Teil abbekommen haben, Wanst auf oder nicht, Haare drinnen oder nicht, aber ihr, ihr müßt euer gesamtes restliches Mörderleben im Knast verbüßen und könnt jede Nacht Schafe zählen.«
    »Wir werden nicht geschnappt«, sagte Soliman und reckte stolz sein Kinn.
    »Doch. Ihr werdet geschnappt. Aber das ist nicht meine Sache«, sagte Camille plötzlich und sah einen nach dem anderen an. »Ich weiß nicht, warum ihr gekommen seid, um mir das zu erzählen, denn ich wollte nichts davon wissen, und ich diskutiere nicht mit Rächern, Mördern und Wanstaufschlitzern.«
    Sie ging zur Tür und öffnete. »Salut!« sagte sie.
    »Aber du hast nicht verstanden«, sagte Soliman erneut zögernd. »Wir haben uns mißverstanden.«
    »Mir scheißegal.«
    »Wir leiden.«
    »Ich weiß.«
    »Er kann noch mehr umbringen.«
    »Das ist Sache der Bullen.«
    »Die Bullen rühren sich nicht.«
    »Ich weiß. Das hatten wir alles schon.«
    »Also werden der Wacher und ich...«
    »Euch an seine Fersen heften. Ich hab's kapiert, Sol. Ich hab die gesamte Operation wirklich kapiert.«
    »Nicht alles, Camille.«
    »Fehlt noch eine Kleinigkeit?«
    »Du fehlst noch. Wir haben dir nicht erklärt, daß du zu der Operation dazugehörst. Du kommst mit.«
    »Na ja...«, fügte der Wacher höflich hinzu, »wenn Sie so freundlich wären.«
    »Ist das ein Witz?« fragte Camille.
    »Erklär's ihr«, befahl der Wacher.
    »Camille«, sagte Soliman, »kannst du nicht mal diese verdammte Tür loslassen und dich hersetzen? Hier zu uns, unter Freunden?«
    »Wir sind nicht unter Freunden. Wir sind unter Mördern und einer Klempnerin.«
    »Aber willst du dich nicht hersetzen? Unter Mördern und einer Klempnerin?«
    »So gesehen...«, bemerkte Camille.
    Sie schlug die Tür zu und setzte sich den beiden Männern gegenüber auf einen Hocker, die Ellbogen auf dem Tisch.
    »So«, sagte Soliman. »Ich und der Wacher heften uns an seine Fersen.«
    »Gut«, erwiderte Camille.
    »Aber dazu müssen wir irgendwie vorwärtskommen. Wir können ja nicht zu Fuß gehen, oder?«
    »Geht, wie ihr wollt. Zu Fuß, auf Skiern, auf dem Rücken von Schafen, was schert mich das?«
    »Massart«, fuhr Soliman fort, »hat sicher ein Auto genommen.«
    »Seines jedenfalls nicht«, sagte Camille. »Der Lieferwagen ist da oben geblieben.«
    »Der Blutsauger ist nicht blöd. Er hat ein anderes Auto genommen.«
    »Sehr gut. Er hat ein anderes genommen.«
    »Also folgen wir ihm im Auto, verstehst du?«
    »Ich verstehe. Du heftest dich an seine Fersen.«
    »Aber wir haben kein Auto.«
    »Nein«, sagte der Wacher. »Haben wir nicht.«
    »Na, dann nimm dir eins. Das von Massart zum Beispiel.«
    »Aber wir haben keinen Führerschein.«
    »Nein«, sagte der Wacher. »Haben wir nicht.«
    »Worauf willst du raus, Sol? Ich habe auch kein Auto. Und Lawrence hat nur ein Motorrad.«
    »Aber wir haben einen Laster«, sagte Soliman.
    »Redest du vom Viehtransporter?«
    »Hm, ja. Du würdest ihn vielleicht nicht so nennen, aber es ist ein Laster.«
    »Na wunderbar, Sol«, sagte Camille seufzend. »Nimm den Viehtransporter, hefte dich an seine Fersen und geh mit Gott, aber geh.«
    »Aber ich hab's dir doch gesagt, Camille. Wir haben keinen Führerschein.«
    »Nein«, sagte der Wacher.
    »Während du einen hast. Und du bist schon Laster gefahren.«
    Camille sah einen nach dem anderen ungläubig an.
    »Du hast ja ganz schön gebraucht, bis du mich verstanden hast«, bemerkte Soliman.
    »Ich habe keine Lust, dich zu verstehen.«
    »Dann erklär ich's dir von Grund auf.«
    »Laß den Grund in Frieden. Ich will nicht noch mehr davon hören.«
    »Hör doch, hör doch wenigstens das noch: Du fährst den Laster und brauchst dich um nichts anderes zu

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