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Bei Einbruch der Nacht

Bei Einbruch der Nacht

Titel: Bei Einbruch der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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erkundigen, herausfinden, mit welchem Auto er fährt. Wenn wir das wissen, haben wir eine Chance, ihn ausfindig zu machen. Eine Sache von ein paar Tagen vielleicht.«
    »Ist das alles, was sie von ihm wollen?« fragte Lawrence mißtrauisch.
    »Soliman wollte ihn umbringen und der Wacher ihn von der Kehle bis zu den Eiern aufschneiden, aber nachdem er tot ist, aus humanitären Gründen. Ich habe gesagt, daß ich ihren verdammten Laster nicht fahren werde, wenn wir Massart nicht unversehrt zurückbringen.«
    »Gefährlich«, sagte Lawrence, den die Aussicht auf die kommende Entbehrung etwas wütend machte. »Grotesk und gefährlich.«
    »Ich weiß.«
    »Weshalb machst du es dann?«
    Camille zögerte.
    »Ich bin da so reingeschlittert«, erklärte sie schlicht.
    Und tatsächlich fiel ihr im Augenblick keine bessere Erklärung ein.
    »Bullshit«, brummte Lawrence und kam zu ihr zurück. »Du brauchst nur wieder rauszuschlittern.«
    Camille zuckte mit den Achseln.
    »Es gibt eben Situationen, in die du aus vielen schlechten Gründen reinschlitterst und aus denen du selbst mit einer Menge guter Gründe nicht wieder rausschlittern kannst.«
    Lawrence ließ entmutigt den Arm sinken.
    »Gut«, sagte er mit Schwermut in der Stimme. »Mit welchem Laster fahrt ihr?«
    »Mit dem da«, erwiderte Camille und deutete mit einer Kinnbewegung auf den Viehtransporter.
    »Das da«, sagte Lawrence entschieden, »ist ein Viehtransporter. Ein Viehtransporter, der nach Scheiße und Wollschweiß riecht. Das ist kein Laster.«
    »Anscheinend schon. Buteil sagt, wenn der einmal geschrubbt, gewischt, mit der Plane überdeckt und eingerichtet ist, ist er wie ein fahrbares Grandhotel.«
    »Das wird schmuddelig sein, Camille. Hast du da mal darüber nachgedacht?«
    »Ja.«
    »Und neben diesen beiden Typen schlafen? Hast du auch darüber nachgedacht?«
    »Ja. Ich bin da reingeschlittert, das ist alles.«
    »Hast du daran gedacht, daß Massart euch aufspüren kann?«
    »Noch nicht.«
    »Na gut, er kann es. Und diese verdammte Plane wird euch nachts nicht schützen.«
    »Wir werden ihn kommen hören.«
    »Und dann, Camille? Was macht ihr drei dann, das Kind, der Greis und die Frau?«
    »Ich weiß nicht. Dann werden wir weitersehen, vermute ich.«
    Lawrence breitete resigniert die Arme aus.

16
    Nach der Beerdigung von Suzanne Rosselin gab es auf Les Écarts einen Empfang. Es gab vieles zu bereden, denn das Begräbnis war verwirrend schlicht gewesen und hatte damit ganz den Verfügungen entsprochen, die Suzanne vier Jahre zuvor ihrem Notar gegenüber abgegeben hatte, wonach sie »auf Blumen und Goldgriffe scheiße und lieber wolle, daß der Kleine das damit gesparte Geld nutze, um einmal das Land seiner Vorfahren zu sehen, und daß außerdem ihr altes Schaf Mauricette, wenn es gestorben sei, neben ihr begraben werden solle, denn Mauricette sei eine zwar nicht sehr helle, aber doch liebenswerte und treue Freundin gewesen, und der Pfarrer solle sie daher bitteschön bei der Zeremonie mit ein paar Worten bedenken. Der Notar hatte eingewandt, daß derartig heidnische Forderungen wohl kaum erfüllt werden würden, und Suzanne hatte gesagt, sie scheiße auf die religiösen Formen und würde dann eben selbst zu diesem Idioten von Pfarrer gehen, um den Fall Mauricette zu regeln.
    Der Pfarrer hatte sich offensichtlich an Suzannes Weisungen erinnert und in seiner Ansprache etwas umständlich dargestellt, wie sehr Suzanne an ihrem Vieh gehangen hatte.
    Gegen vier Uhr verließ das letzte Auto Les Écarts. Mit dröhnendem Kopf ging Camille hinaus zu Buteil, der am Lastwagen arbeitete. Je öfter sie darüber nachdachte, desto mehr beunruhigte sie das Herrichten des Viehtransporters.
    Buteil erwartete sie. Er saß auf dem Trittbrett am hinteren Teil des Wagens und zog traurig an einer Zigarette.
    »Es ist alles bereit«, sagte er, als er die junge Frau kommen sah.
    Camille betrachtete das Fahrzeug, das jetzt an den Seiten und dem Dach mit einer Plane bespannt war. Die graue Karosserie war teilweise vom Schmutz befreit.
    Buteil klopfte mit der Handfläche auf die Seitenwände des Lastwagens und ließ das Blech scheppern wie ein Autohändler, der seinen Wagen vorführt.
    »Er ist zwanzig Jahre alt, ein gutes Alter«, sagte er. »Ein 508, ziemlich stabil, aber mit ein paar Macken. Er hat noch die alten Trommelbremsen, wenn es bergab geht, muß man aufpassen. Er fährt nicht immer geradeaus, in den Kurven muß man kräftig dagegenhalten, außerdem hat das Lenkrad viel

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