Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bei Einbruch der Nacht

Bei Einbruch der Nacht

Titel: Bei Einbruch der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
Vom Netzwerk:
Schafgeschichte?«
    »Ziemlich gut. Riesige Fangzähne, die sich in einunddreißig Tiere in Ventebrune, Pierrefort, Saint-Victor-du-Mont, Guillos, La Castille und gerade vor kurzem erst am Tête du Cavalier in der Nähe des Weilers Le Plaisse geschlagen haben. Und vor allem eine Frau in Saint-Victor, die genau wie die Schafe getötet wurde. Ich vermute also, daß du die Frau kennst. Das hat dich in diese Geschichte hineingezogen.«
    Camille sah ihn ungläubig an.
    »Würden sich die Bullen dafür interessieren?« fragte sie.
    »Das interessiert keinen einzigen Bullen«, sagte Adamsberg leichthin. »Mich aber schon.«
    »Wegen der Wölfe? Wegen der Wölfe von deinem Großvater?«
    »Vielleicht. Und dann dieses Riesentier, dieses Etwas, das plötzlich aus einer Spalte der Zeit emporsteigt. Und um dieses Tier die Nacht - das hat mich interessiert.«
    »Was für eine Nacht?« fragte Camille verständnislos.
    »Überall um diese Sache herum. Irgend etwas Dunkles, Nächtliches, das man mit Blicken nicht durchdringen kann, etwas, was das Denken fürchtet. Nacht halt.«
    »Noch etwas?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe mich gefragt, ob nicht jemand die Schritte des Tieres lenkt. Es tötet sehr oft, auf grausame Weise und ohne das zum Überleben zu brauchen. Wie ein Besessener, ja im Grunde wie ein Mensch. Und dann Suzanne Rosselin. Ich verstehe nicht, warum das Tier sie angefallen hat. Es sei denn, das Tier wäre verrückt, besessen. Was ich auch nicht verstehe, ist, daß man es immer noch nicht gefunden hat. Sehr viel Nacht.«
    Adamsberg sah Camille an und schwieg erneut. Stille, auch wenn sie lange dauerte, hatte ihn nie gestört.
    »Sag mir, was du bei der Sache verloren hast«, sagte er behutsam. »Sag mir, was da außer Kontrolle geraten ist. Sag mir, was du von mir erwartest.«
    Camille erzählte die gesamte Geschichte ganz von Anfang an, begann mit den ersten Schafen von Ventebrune, erzählte von der Treibjagd, von Massart mit seinem breiten, unbehaarten Körper auf den krummen Beinen, der deutschen Dogge, der Tiefe der Zahnabdrücke, dem Verschwinden von Crassus dem Kahlen, der zerfetzten Kehle von Suzanne, von Soliman in der Toilette, dem mumifizierten Wacher, der Flucht von Massart, der auf der Karte eingezeichneten Route, dem Werwolf mit den Haaren, die nach innen wuchsen, dem Schlachthof von Manchester, dem Herrichten des Viehtransporters, dem Hund Insaktor oder wie immer sein Name lauten mochte, dem Wörterbuch von Soliman, den fünf Kerzen in Form eines M, dem Mord an dem Rentner von Sautrey, der Sackgasse, dem Scheitern, dem toten Flußarm, in dem Suzanne steckengeblieben war.
    Im Unterschied zu Adamsberg war Camilles Denken präzise, strukturiert und schnell. Für das alles brauchte sie keine Viertelstunde.
    »Sautrey, sagst du? Ich habe das nicht verfolgt. Wo liegt das?«
    »Ein Stück hinter dem Col de la Croix-Haute, unterhalb von Villard-de-Lans.«
    »Was habt ihr über den Mord herausbekommen?«
    »Eben nichts. Er war ein pensionierter Lehrer. Ihm ist nachts unweit von seinem Dorf die Kehle zerfetzt worden. Wir wissen nichts über die Wunde, aber sie reden von einem streunenden Hund, einem entlaufenen Pyrenäenhund oder was weiß ich. Soliman hat alle Kirchen auf der Strecke abklappern wollen, dann hat er es aufgegeben. Er sagt, daß wir immer einen Zug Verspätung haben würden.«
    »Und weiter? Was habt ihr gemacht?«
    »Wir haben uns gedacht, daß wir einen Bullen brauchen.«
    »Und weiter?«
    »Ich habe gesagt, daß ich einen kenne.«
    »Warum nicht die Bullen von Villard-de-Lans?«
    »Kein einziger Bulle würde sich diese Geschichte bis zum Ende anhören. Wir haben nichts Greifbares.«
    »Ich mag nicht greifbare Geschichten.«
    »Das habe ich mir gedacht.«
    Adamsberg nickte und saß ein paar Minuten schweigend da. Camille wartete. Sie hatte die Dinge erklärt, so gut sie konnte. Die Entscheidung war nicht mehr ihre Sache. Sie hatte es schon lange aufgegeben, andere zu überzeugen.
    »Hat es dich viel Überwindung gekostet, zu mir zu kommen?« fragte Adamsberg schließlich und hob den Kopf.
    »Soll ich die Wahrheit sagen?«
    »Wenn möglich.«
    »Es hat mich angekotzt.«
    »Gut«, sagte Adamsberg nach neuerlichem Schweigen. »Also liegt dir die Sache am Herzen. Die Wölfe oder auch diese Suzanne oder dieser Soliman oder dieser alte Schäfer?«
    »Alles zusammen.«
    »Was hast du die letzte Zeit so gemacht?« fragte er und wechselte plötzlich das Thema.
    »Ich repariere Boiler und

Weitere Kostenlose Bücher