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Bei Einbruch der Nacht

Bei Einbruch der Nacht

Titel: Bei Einbruch der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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aß allein auf der Terrasse desselben Cafés zu Abend, dann schlenderte er durch die dunklen Straßen. Gegen elf entschloß er sich, wieder zum Gemeinschaftsleben zurückzukehren.
    Soliman und Camille saßen auf den Stufen und rauchten. In der Dunkelheit konnte man die Silhouette des Wachers erkennen, der auf dem pflaumenbaumbestandenen Feld saß. Das Motorrad war nicht da.
    Als Adamsberg sich näherte, sprang Soliman mit einem Satz auf.
    »Nichts Neues«, bemerkte Adamsberg und bedeutete ihm, sich wieder zu setzen. »Papierkram. Doch, etwas«, fügte er nach kurzem Nachdenken hinzu. »Die Fingernägel aus dem Hotel sind tatsächlich von Massart.«
    Adamsberg sah sich um.
    »Ist Laurence nicht da?« fragte er.
    »Er ist wieder in den Süden gefahren«, erklärte Camille. »Er hat Visa-Probleme. Er kommt zurück.«
    »Es heißt, sein alter Wolf sei gestorben«, sagte Adamsberg.
    »Ja«, erwiderte Camille erstaunt. »Er hieß Augustus. Er konnte nicht mehr jagen, und Lawrence hat Kaninchen für ihn gefangen. Aber er hat keine Nahrung mehr zu sich genommen und ist gestorben. Einer der Aufseher im Park hat gesagt: ›Wenn man nicht mehr kann, kann man nicht mehr‹, und das hat Lawrence genervt.«
    »Das versteh ich«, sagte Adamsberg.
    Adamsberg gesellte sich zum Wacher unter dem Pflaumenbaum, um ein Glas mit ihm zu trinken, während Soliman und Camille schlafen gingen. Gegen ein Uhr morgens wankte er mit von dem heimtückischen Wein schwerem Schädel zum Laster zurück. Mit der Rückkehr der Hitze war auch der Wollschweißgeruch wieder stärker geworden. Geräuschlos schob Adamsberg die Plane beiseite. Camille lag auf dem Bauch und schlief, die Decke bis zum halben Rücken zurückgeschoben. Er setzte sich auf sein Bett und sah sie lange an, während er versuchte nachzudenken. Er hatte den heimlichen Ehrgeiz nie aufgegeben, eines Tages auf Danglards Weise nachdenken zu können, das heißt beim Denken Ergebnisse zu erzielen. Nach ein paar Minuten der Anstrengung gab er es ohne bewußten Entschluß wieder auf und tauchte in Träumereien ein. Nach einer Viertelstunde schreckte er hoch, er war kurz davor, einzuschlafen. Er streckte den Arm aus und legte seine Hand flach auf Camilles Rücken. »Liebst du mich nicht mehr?« fragte er ruhig.
    Camille öffnete die Augen, sah ihn in der Dunkelheit an und schlief wieder ein.
    Mitten in der Nacht ging ein weiteres, heftigeres Gewitter als in der Nacht zuvor über Beicourt nieder. Der Regen hämmerte auf das Dach des Wagens. Camille stand auf, schlüpfte mit bloßen Füßen in ihre Stiefel und befestigte die Planen vor den Sichtfenstern, die im Wind hin und her schlugen und das Wasser eindringen ließen. Sie legte sich leise wieder hin und belauerte Adamsbergs Atem, so wie man einen schlafenden Feind überwacht. Adamsberg streckte den Arm aus und ergriff ihre Hand. Camille erstarrte, als ob sie mit einer einzigen Geste die Situation plötzlich hätte verschlimmern können, so wie man sagt, daß eine unbesonnene Bewegung eine Lawine auslösen kann. Es schien ihr, Adamsberg habe ihr zu Beginn der Nacht etwas gesagt. Ja, jetzt erinnerte sie sich. Mehr verunsichert als feindselig sann sie über ein Manöver nach, um ihre Hand freizubekommen, ganz unauffällig, ohne jemandem weh zu tun. Aber ihre Hand blieb, wo sie war, eingeklemmt in Adamsbergs Fingern. Sie war da nicht schlechter aufgehoben als woanders. Unschlüssig ließ Camille sie da.
    Sie schlief schlecht. Sie fühlte eine Anspannung, die sie gut kannte und die ihr sagen wollte, daß etwas aus dem Gleis lief. Am Morgen ließ Adamsberg ihre Hand los, schnappte sich seine Kleider und verließ den Laster. Erst in diesem Augenblick schlief sie für zwei lange Stunden ein.
    Um neun fuhr Adamsberg los, um sich erneut zu dem schüchternen Aimont zu begeben, und kam keine halbe Stunde später wieder zurück.
    »Neun getötete Schafe am Champ des Meules«, verkündete er.
    Soliman sprang mit einem Satz auf und rannte zum Laster, um die Karte zu holen.
    »Nicht nötig«, sagte ihm Adamsberg ruhig. »Es ist ganz in der Nähe von Vaucouleurs, direkt im Norden. Er hat klar und deutlich seine Strecke verlassen.«
    Bestürzt sah Soliman Adamsberg an.
    »Du hast dich geirrt«, sagte er erstaunt und enttäuscht.
    Adamsberg schenkte sich wortlos einen Kaffee ein.
    »Du hattest unrecht«, fuhr Soliman beharrlich fort. »Er hat eine andere Strecke genommen. Er wird fliehen. Er wird uns entwischen.«
    Sehr aufrecht erhob sich der Wacher.
    »Wir

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