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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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ein. Die zuckte nur ganz kurz, redete aber nicht weiter. Stattdessen sah sie sich um und stand plötzlich auf. »Ich glaube, ich gehe noch mal in die Sauna. Doris, zahlst du für mich mit? Hat mich gefreut, Frau Wolter, Herr   – Wolter, viel Spaß noch.«
    Sie schnappte sich ihr Handtuch, das über der Lehne ihres Stuhles hing und bewegte sich mit aufreizendem Hüftschwung vom Tisch weg. Alle drei sahen ihr nach. Nur Doris lächelte.

|167| F rau Krämer verrieb Haarwachs in ihren Händen und gab Ankes Frisur den letzten Schliff.
    »Und?«, fragte sie. »Wie gefallen Sie sich?«
    Anke betrachtete sich erstaunt im Spiegel. Die Veränderung war verblüffend. Die wilden Locken glänzten jetzt honigblond, waren durch Stufen gebändigt und fielen ihr sanft auf die Schultern. Durch die helle Farbe wirkten Ankes grünblaue Augen dunkler und ihr Gesicht weicher.
    Anke rückte ihren Kopf ein Stück näher an den Spiegel. »Schön«, antwortete sie und drehte sich zur Seite. »Aber das kriege ich niemals allein hin.«
    »Doch.« Frau Krämer zupfte noch an einigen Strähnen. »Ich habe alles durchgestuft, das ist ganz einfach. Aber was die Farbe ausmacht   … Sie sehen Jahre jünger aus.«
    Das Telefon klingelte, Frau Krämer legte eine Hand auf Ankes Schulter. »Ich gehe kurz ran, kleinen Moment noch bitte.«
    ›Jahre jünger‹, dachte Anke und fuhr sich vorsichtig durch die Frisur. Deswegen färbten Millionen Frauen ihre Haare, gaben Unsummen aus, nur damit keiner merkte, dass die besten Zeiten vorbei waren. Was für ein Unsinn. Anke hatte graue Haare nie wirklich als schlimm empfunden. Sie mochte nur die Farbe nicht leiden. Sie mochte übrigens auch rote Haare nicht leiden, das hatte gar nichts mit dem Älterwerden zu tun. Nur: Grau war so trist. Vor einem halben Jahr war sie |168| mit Jasper im Schwimmbad gewesen. Als sie anschließend in der Umkleide ihre Haare trocken föhnte, hatte ihr Neffe vorsichtig die grauen Locken angefasst und gesagt: »Tante Anke? Warum sieht das immer so traurig aus?« Damals hatte sie gedacht, auf ihrem Kopf sehe es genauso aus, wie sie sich meistens fühlte. Traurig und grau. Jasper aber hatte sie nur angelacht, und sie war mit ihm zum Eisessen gefahren. Und dort hatte sie ihm so viel lustige Geschichten erzählt, dass sie hoffte, er würde weder bei seiner Mutter noch bei seiner Oma ein Wort über die traurigen Haare seiner Tante verlieren. Auf die Kommentare der beiden konnte Anke gut verzichten.
    Ihr knurrender Magen holte sie wieder in die Gegenwart zurück, die eindeutig besser war als die Erinnerungen. Anke überlegte, wann sie sich das letzte Mal so gut gefühlt hatte. Es war eine kleine Ewigkeit her. Und das lag nicht nur an der neuen Frisur, der luxuriösen Umgebung, dem schönen Spa, den Anwendungen und dem guten Essen. Vielmehr fühlte sie eine Leichtigkeit, mit der sie nicht mehr gerechnet hatte. Zumindest nicht in diesem Leben.
     
    »Dieser feige Sack.« Mit hochrotem Kopf stand Katja plötzlich neben ihr und zog sich schwer atmend einen Stuhl heran. »Wir haben sie natürlich getroffen, also Doris und ich das Ehepaar Wolter. Du glaubst das nicht. Während sie mir ein Ohr abkaut, starrt er an mir vorbei und schwitzt.«
    »Katja.« Ankes Stimme war sanft und beruhigend.
    »Ich habe ihr gesagt, ich würde einen Bericht über notorische Fremdgeher machen. Daraufhin bekam er fast Schnappatmung und schwitzte noch mehr und ich   …«
    »Katja Severin.«
    »Ja, ja. Also, sie ahnt wirklich nichts, sonst hätte sie   …«
    |169| »Severin!« Abrupt unterbrach Anke Katjas Redefluss. »Hol Luft.«
    »Oh.« Überrascht beugte Katja sich jetzt zu ihr. »Hey, du siehst super aus. Dreh dich mal um. Toll. Viel besser als vorher. Sehr gute Farbe.«
    »Danke.« Anke drehte sich wieder zum Spiegel. »Schön, dass es dir sofort aufgefallen ist. Wo ist Doris denn? Ich habe so einen Hunger, ich könnte eine Pommesbude überfallen.«
    Katja fuhr anerkennend mit einer Hand durch Ankes Frisur. »Kerner, was kannst du gut aussehen. Ich weiß nicht, wo Doris ist, vermutlich reanimiert sie Hermann gerade, sie waren doch früher befreundet. Und bei der Gesichtsfarbe, die er gerade angenommen hatte, halte ich es für möglich, dass er ein bisschen kollabiert ist. Aber Doris kriegt ihn schon wieder hin.«
    Frau Krämers Rückkehr reduzierte Ankes Reaktion auf ein Kopfschütteln.
    »Entschuldigung.« Die Friseurin zupfte an den Strähnen, die Katja gerade durcheinandergebracht hatte. »So, das ist

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