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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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leere Pikkoloflasche vor der Minibar.
    »Doris, du spinnst   …«, begann sie, wurde aber von einer Handbewegung Katjas zum Schweigen gebracht. Stattdessen sagte die bestimmt: »Ich glaube, in deiner Ach-so-heilen-Ehe gibt es eine ganze Menge Dinge, über die du mal mit deinem Mann reden solltest. Dass du hier in Tränen ausbrichst, ist ja kein Wunder. Du bist so angestrengt, weil du immer alles |184| richtig machen willst, und das kann nicht ewig gut gehen. Und wenn du wie nebenbei ständig eine Flasche aufmachst, hilft das noch weniger. Jetzt wasch dir dein Gesicht, zieh dir was über und komm mit. Wir wollen zum Strand. Und da reden wir mal über dich, deine Ehe und dein Leben.«

|185| D oris hatte fast eine halbe Stunde lang ununterbrochen gesprochen. Einzig ein paar schmale Stellen am Strand, über die sie nacheinander gehen mussten, brachten sie zum Schweigen. Sobald sie aber wieder in der Mitte lief, redete sie weiter. Anke und Katja ließen das über sich ergehen, stellten höchstens hier und da mal eine kurze Frage. Mehr war nicht nötig.
    Ob es dieser gemeine Fünfzigste oder die zermürbenden Begleiterscheinungen der Wechseljahre waren, blieb offen. Das Resümee war jedenfalls ernüchternd. Doris Goldstein-Wagner war an einem Punkt angelangt, an dem sie ganz klar zugeben musste, dass sie kaum eines von ihren Zielen erreicht hatte.
    »Ich erinnere mich noch genau: Als uns damals der Preis für die ›Wilden Wörter‹ verliehen wurde, stand ich neben euch auf der Bühne und war mir sicher, dass diese Auszeichnung nur der Auftakt gewesen ist. Ich habe überhaupt nicht daran gezweifelt, dass wir weitermachen.«
    Katja schob ihre Hände in die Jackentaschen. »Mit einer Schülerzeitung?«
    »Natürlich nicht.« Doris blieb stehen und blickte über das Meer. »Ich habe Grafikdesign studiert, weil ich anschließend zu einer großen Zeitung wollte. Oder in die Werbung. Aber auf jeden Fall wollte ich weiter kreativ sein. Stattdessen wurde ich im dritten Semester schwanger.«
    |186| »Du hast dich aber doch gefreut«, erinnerte Katja sie, während Anke weiter schwieg. »Das hast du mir zumindest damals erzählt.«
    »Ja, sicher. Ich habe damals gedacht, dass ich nur eine Pause mache und die Welt in der Zeit auf mich wartet. Aber das war ja wohl nicht so.«
    Anke musterte sie von der Seite. Doris’ Wangen waren gerötet, das blonde Haar zerzaust, der Jackenkragen hochgeklappt. Als Einzige trug sie eine Handtasche über der Schulter, die hier völlig fehl am Platz wirkte. Für manche Frauen waren große Handtaschen ein Schutzschild: Egal was passiert, sie haben alles dabei. Doris Goldstein-Wagner gehörte wohl dazu.
    »Aber du hättest doch weitermachen können.« Anke erinnerte sich an ihre eigene Gefühlslage in jener Zeit und daran, dass sie Doris immer glühend beneidet hatte.
    »Das wollte ich ja auch.« Doris kramte seit einigen Sekunden in der Handtasche. »Ich hatte doch Taschentücher   … Aber dann   … Oh, danke.«
    Katja hatte in ihre Jacke gegriffen und ihr ein Päckchen gereicht. Doris putzte sich die Nase und redete gleich weiter. »Aber dann wurde ich nach zwei Jahren schon wieder schwanger. Und mit zwei kleinen Kindern kannst du ein Studium vergessen. Das hätte ich gar nicht organisiert bekommen. Also musste ich einen anderen Weg gehen und bei Torsten in der Firma mitarbeiten. Das hat mir nie sonderlich viel Spaß gemacht, aber die Familie hat es so erwartet.«
    Anke reagierte unwirsch. »Andere schaffen das doch auch. Du tust so, als hätte man dir damals alles versaut. Du   …«
    Schnell mischte Katja sich ein. »Wie auch immer, Anke, wir können das nicht beurteilen, wir haben keine Kinder |187| und nicht in ein Familienunternehmen eingeheiratet. Aber mich interessiert etwas anderes noch mehr. Du hast vorhin in deinem langen Monolog erzählt, dass du auch als Mutter versagt hättest, dass alles nur Fassade sei. Wie hast du das gemeint?«
    Nach einer kleinen Pause antwortete Doris fast tonlos: »Moritz kommt nur noch nach Hause, wenn er irgendetwas will und Sascha spricht seit knapp einem Jahr nicht mehr mit mir. Ich weiß nicht mal genau, wo und wie er lebt. Und wie es ihm geht. Ich habe seine Handynummer für Notfälle, aber ich traue mich nicht, ihn anzurufen. Beim letzten Mal hat er mit eisiger Stimme gesagt, dass die Mitteilung, sein Vater habe Geburtstag, für ihn kein Notfall sei.«
    Anke krauste die Stirn. »Was ist denn passiert? Und was sagt Torsten dazu?«
    Hilflos sah Doris

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