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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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sie anstupste. »Ja?«
    »Was du trinken möchtest?«
    Anke hatte gar nicht bemerkt, dass eine Bedienung am Tisch stand. Sie bestellte eine Apfelsaftschorle und wich Katjas fragendem Blick aus, die vorher hatte wissen wollen, wer sich an einer Flasche Rotwein beteiligen würde.
    »Ich mag heute keinen Alkohol.«
    Christine konnte sich noch nicht entscheiden, was sie |208| essen wollte, Anke hatte die Speisekarte noch gar nicht aufgeschlagen, also wurde nur die Getränkebestellung aufgenommen und die Bedienung zog von dannen.
    Doris klappte die Karte zu, betrachtete Anke unauffällig und sah wieder in dieses »Ich-bin-dagegen-Gesicht«. Die neue Frisur milderte es zwar ab, aber mehr auch nicht. Dabei hatte sie zuletzt so gelöst gewirkt, Doris hatte gehofft, dass es anhalten würde. Es gab doch auch gar keinen Grund für diesen erneuten Sinneswandel: Sie hatten zu dritt eine schöne Zeit gehabt, hatten so viel geredet, so viel gelacht, dieses Lokal war wirklich toll, am Tisch saß ein ausgesprochen sympathischer Mann, der auch noch sichtbar Interesse an Anke hatte, und Kerner saß da und zog einen Flunsch. Das war doch nicht auszuhalten.
    Jetzt klappte sie ihre Karte zu und bestellte bei der inzwischen zurückgekehrten Bedienung eine Tomatensuppe. Nichts anderes, nur die Suppe. Sie habe keinen Hunger, erklärte sie, das komme wohl von zu viel Sauna. Ausgerechnet Anke Kerner, die an diesen beiden Tagen gegessen hatte, als würde es nie mehr was geben.
    Doris schüttelte den Kopf, reichte die Speisekarte zurück und sagte, mit einem missbilligenden Blick auf Anke: »Ich nehme den Zander mit Wirsing, bitte.«
    Anke ignorierte den Blick. Georg bestellte eine Roulade mit Rotkohl, Christine ebenfalls Zander und Katja, nach einer kleinen Pause: »Ich möchte einen großen gemischten Salat, kein Dressing, bitte Essig und Öl extra und danach ein Rumpsteak mit Bratkartoffeln.«
    Erstaunt sah Doris sie an. Als hätte sie ihre Gedanken gelesen, sagte Katja in herausforderndem Ton: »Warum guckst du so verblüfft?«
    |209| »Bratkartoffeln?« Doris grinste. »Glaubst du, die sind hier fettarm?«
    »Nein.« Katja lehnte sich entspannt zurück. »Mit Zwiebeln und Speck. Ich habe sie am Nebentisch schon gesehen. Herrlich.«
    Ankes Magen knurrte. Christine wartete, bis der Rotwein eingeschenkt war, dann hob sie das Glas und sah in die Runde. »Schönen Abend. Die Flasche hier geht auf mich, ich fürchte, wir haben uns ein bisschen forsch in eure Runde gedrängelt. Hoffentlich ist das nicht so schlimm.«
    Anke bedauerte lediglich, dass die Ansage mit dem Rotwein erst jetzt gekommen war, und trank die eiskalte Apfelsaftschorle mit angewidertem Gesicht. Christine wandte sich, noch mit dem Glas in der Hand, an Doris. »Und ihr kennt euch wirklich schon über dreißig Jahre?«
    Doris verzog das Gesicht. »Man kann auch sagen seit dem Abitur. Das klingt nicht ganz so nach Steinzeit.«
    »Wir haben eine Schülerzeitung gemacht.« Katja lehnte sich vor. »Doris hat sich um das Layout, die Fotos und die Grafik gekümmert, ich habe alberne kleine Bosheiten geschrieben und Anke war das Hirn. Alles, was wichtig war, kam von ihr. Sie redet nicht so viel wie wir, denkt aber am meisten. Und sie kann schreiben.«
    Georg nahm den Faden auf. »Und machst du das jetzt auch noch?«
    »Nein.« Anke wich seinem Blick aus. »Höchstens Klappentexte für Ratgeberliteratur. Ich habe die Kurve irgendwie nicht gekriegt.«
    »Das kann doch noch kommen.«
    »Genau.« Doris nickte Anke verschwörerisch zu, die das aber mit einem Kopfschütteln abtat.
    |210| »Ja, ja«, antwortete sie genervt und stand plötzlich auf. »Ich geh mal eben   …«
    Sie kam nicht weit, weil sie der Bedienung den Weg abschnitt. Und das so plötzlich, dass von deren Tablett ein Glas Rotwein fiel und sich über Georg entleerte. Er trug ein helles Hemd.
    Anke blieb erstarrt stehen, hoffte, dass sich die Erde gleich auftun würde, und musste mit ansehen, wie drei Frauen und eine Bedienung wie blöd an einem Mann herumwischten, der als Einziger einfach sitzen geblieben war. ›Warum immer ich?‹, dachte sie und war nicht in der Lage, auch nur einen Muskel zu bewegen.
    »Es ist gut jetzt.« Georgs laute Stimme unterbrach die absurde Situation. »Ihr macht es nur noch schlimmer. Es war noch nicht einmal heiß. Christine, lass doch.« Unwirsch schob er die Hand seiner Schwester zur Seite und sah dann in Ankes fassungsloses Gesicht. »Es ist nur ein Hemd. Und noch nicht einmal mein Bestes.«

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