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Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman

Titel: Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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falsch.«

|222| A ls Anke gerade in ihr zweites Fischbrötchen beißen wollte, spürte sie plötzlich einen Windzug, hörte wildes Möwengeschrei und hinter ihrem Rücken Georgs Stimme. »Pass auf, da   …«
    Die Möwe riss am Brötchen, das Anke schreckensstarr losließ, und flog mit der Beute weg. Verdutzt blieb Anke stehen, die leere Hand immer noch nach oben gereckt, mit offenem Mund und verständnislosem Blick.
    »Die Möwe ging ja regelrecht im Sturzflug auf dich los, ich konnte dich gar nicht schnell genug warnen«, sagte Georg, der jetzt neben ihr stand. »Das war ja irre.«
    Trotzdem musste er sich das Lachen verbeißen.
    »Das sah wahrscheinlich total beknackt aus«, antwortete Anke und schüttelte den Schreck ab. »Diese Scheißviecher, ich hasse sie. Nicht mal ein Fischbrötchen kann man in Ruhe essen, das kommt nur davon, dass diese Touristen dauernd Möwen füttern. Das muss verboten werden. Das ist doch echt das Letzte.«
    Georg hielt ihr seinen Plastikbecher mit Bier hin. »Möchtest du jetzt einen Beruhigungstrunk? Du hast dein Bier leider gerade ausgekippt. Alles im Sand.«
    »Oh.« Ungläubig blickte Anke auf ihren leeren Becher. »Tatsächlich. Habe ich gar nicht bemerkt. Drei Euro fünfzig, dieses blöde Vieh.«
    »Plus Bratheringsbrötchen. Macht fünf. Darf ich dir ein |223| neues Fischbrötchen kaufen? Und noch ein Bier? Für die Nerven?«
    »Auf Fischbrötchen habe ich keinen Appetit mehr. Aber ein Bier würde ich nehmen, nur nicht hier draußen, lieber da oben, in diesem Strandbistro. Unterm Dach, ohne Möwen.«
    Georg legte kurz seine Hand auf ihren Rücken und schob sie ein Stück in die Richtung.
     
    Er war es dann, der den Ton der Unterhaltung bestimmte. Er redete über Gott und die Welt, sprang spielerisch von einem Thema zum nächsten, sodass nie eine dieser lähmenden Pausen eintreten konnte, wie es oft passiert, wenn sich Menschen unterhalten, die aus völlig unterschiedlichen Leben kommen. Sie hatten zunächst über das Hotel geredet, das beiden gut gefiel, und Georg hatte erzählt, dass seine Schwester eigentlich mit ihrem Freund hier sein wollte, der plötzlich absagen musste. Allein verreisen mochte sie nicht, deshalb hat sie ihren Bruder gefragt. »Also habe ich den guten David ersetzt, wobei ich immer noch nicht weiß, ob er
ihr
Freund oder nur
ein
Freund ist. Aber meine Schwester hatte schon immer ein kompliziertes Liebesleben.«
    Er sagte das ohne jede Wertung, was Anke gefiel. Deshalb ließ sie sich auch zu dem Satz: »Ein kompliziertes Liebesleben ist aber besser als gar keines«, hinreißen.
    »Meinst du damit mich?«
    Anke blieb sofort stehen. »Nein, ich – also, das war überhaupt nicht so gemeint. Ich weiß ja gar nicht, was du für ein Liebesleben hast.«
    Er betrachtete sie. »Eben. Gar keines. Mittlerweile seit fast drei Jahren. Und du?«
    »Dasselbe. Aber schon länger.«
     
    |224| Inzwischen hatten sie das Bistro erreicht und fanden sofort einen freien Tisch. Georg bestellte zwei Pils und deutete auf eine handgeschriebene Tafel, auf der kleine Speisen angeboten wurden. »Möchtest du noch etwas essen, irgendetwas, das Möwen nicht mögen?«
    »Nein, danke. Ich habe überhaupt keinen Hunger mehr.« Die Schmetterlinge, die sich langsam in ihrem Inneren versammelten, ließen keinen Platz für Flammkuchen oder Tomatensuppe.
    Georg streckte seine langen Beine unter dem Tisch aus und hielt entspannt das Gespräch in Gang. Er erzählte von zwei Krimis, die er gerade gelesen hatte, die beide an der Ostsee spielten, einen davon kannte Anke auch. Er fragte sie nach ihrer Meinung zu einem Film, den sie erst in der letzten Woche gesehen hatte und großartig fand, sie sprachen über Musik und stellten fest, dass sie vieles gemeinsam mochten. Anke fühlte sich wie im Kino. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das Leben zuletzt als so hell und prickelnd empfunden hatte.
    »Ich habe dich ziemlich ungeschickt angesprochen, oder?« Georgs Frage kam ohne jeden Zusammenhang. Anke sah ihn von der Seite an und musste sich zwingen, nicht mit dem Finger über sein Gesicht zu streichen.
    »Ich   … also, das war ja kein richtiges Ansprechen. Ich wusste auch nicht, wie das gemeint war, also, die zwei, drei Sätze, die du gesagt hast.«
    Georg sah sie offen an. »Ich wollte dich ansprechen, aber mein Talent als Womanizer hält sich wohl in Grenzen. Richtig gut konnte ich das noch nie. Ich fand dich schon am Bahnhof sympathisch, auch wenn du mich beim Aussteigen so giftig

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