Bei Interview Mord
den Berg hinauf, an Fachwerkhäusern vorbei, und oben in Sand gelangte man wieder an eine T-Kreuzung, wo man sich für links oder rechts entscheiden musste. Gleich daneben war die Kirche. Und der Kirche gegenüber war…
Plötzlich war ich eingeschlafen.
Klang & Farbe
Am Sonntagmorgen kam mir der Schmerz in meinem Knöchel nur noch dumpf und unbedeutend vor. Wenn ich keine langen Fußmärsche unternahm, würde ich wieder arbeiten können, da war ich ganz sicher.
Mein Kopf sah da schon schlimmer aus. Die Verletzung an der Stirn konnte man zwar fast nicht mehr sehen, dafür hatte sich an der Schläfe eine dicke Schorfschicht gebildet.
Nachdem ich Theresa mühsam und langwierig davon überzeugt hatte, dass ich wieder einsatzfähig war, fuhr ich hinunter nach Gladbach zur Oberheidkamper Straße. Ich stoppte den Golf an der Stelle, wo der kleine Pfad in den Wald führte. Es war vielleicht ganz gut, den Tatort noch einmal anzusehen. Ich ging es langsam an und bemühte mich, den kranken Fuß zu entlasten.
Schließlich erreichte ich die Zäune. Das Laub war hier sehr dicht. Der Schütze hatte perfekte Deckung gehabt.
Ich fand die Stelle, wo ich über den Maschendrahtzaun geklettert war. Das Drahtgeflecht war heruntergebogen. Gleich dahinter musste es passiert sein. Der Schütze war ein paar Schritte zur Seite gegangen und sofort von Büschen verdeckt gewesen. Als ich dann hier angekommen und der Meinung gewesen war, er sei schon geflohen, hatte er mir eins übergezogen. Wahrscheinlich mit der Armbrust, die er noch in der Hand hielt. Erst dann war er zum Motorrad gelaufen.
Ich ließ meinen Blick über die Grundstücke schweifen. Bei den Kley-Knöters lag alles verlassen da, und bei den Nachbarn sah es genauso aus. Heike Quisselborn hatte wieder die Läden heruntergelassen.
Ich blieb eine Weile stehen und versuchte, auf eine Idee zu kommen. Nach einer Weile fiel mir auf, dass von irgendwoher Musik herüberwehte. Klavierspiel, auch Gesang. Ich konnte aber keine Melodie erkennen, dafür war alles zu weit weg. Wahrscheinlich hörte jemand Radio. Oder der junge Produzent war bei der Arbeit.
Ich machte mich auf den Rückweg. Vorsichtig, mit einigen Pausen.
Als ich wieder im Wagen saß und den Motor gestartet hatte, folgte ich dem Fluchtweg, den der Schütze genommen hatte. Zumindest das kurze Stück, das ich rekonstruieren konnte. Hinter der Kurve hielt ich mich links und kam an der Einfahrt zum Schloss Lerbach vorbei.
Als ich den Stadtplan studiert hatte, war ich der Ansicht gewesen, dass der Schütze weiter hinauf nach Sand gefahren sein musste. Aber es gab schon kurz hinter dem Parkplatz am Schloss eine weitere Abzweigung Richtung Sander Heide.
Ich gelangte an die Kreuzung neben der Kirche und hielt an der roten Ampel. Vor mir sah ich die Schaufenster von »Klang & Farbe«. Da war das Schlagzeug zu sehen, außerdem die vielen Bücher und die Bongo-Trommeln.
Hinten im Laden bewegte sich etwas. Obwohl das Geschäft heute, am Sonntag, ja geschlossen war. Ich parkte den Golf neben der Sparkasse, ging zum Schaufenster zurück und versuchte, etwas zu erkennen. Die Kerzenständer, Röhrenglocken, Blumen, Bücher und Gitarren lagen im dämmrigen Dunkel. Auch die kleine Sitzgruppe mit den Gartenmöbeln war verlassen. Aber ich hatte etwas gesehen, da war ich sicher.
Ich probierte die Tür. Verschlossen. Eine Weile stand ich in dem tunnelartigen Eingang herum, der weiter hinten zu einer Arztpraxis führte. Nachdenklich betrachtete ich die Kirche auf der anderen Straßenseite. Ich steckte mir eine Zigarette an und rauchte. Als neben mir eine sommerlich gekleidete blonde Frau erschien, zuckte ich zusammen. Sie lächelte.
»Hab ich Sie erschreckt?«, sagte sie freundlich. »Das wollte ich nicht.«
Ich schüttelte den Kopf und machte Platz, damit sie auf dem Gehsteig vorbeikonnte. Sie schien erst jetzt meine Verletzung an der Schläfe zu bemerken und machte ein besorgtes Gesicht. Oder wirkte sie eher ängstlich?
»Nein, nein«, sagte sie. »Ich will gar nicht vorbei. Ich möchte hier rein.« Sie klopfte an die gläserne Ladentür.
Meine Güte, dachte ich. Sehe ich so furchterregend aus, dass die Leute auf der Straße vor mir in den nächstbesten Laden flüchten?
Drinnen bewegte sich etwas. Die Besitzerin Gisela Werner war tatsächlich da. Sie kam an die Tür, öffnete und sah uns erstaunt an.
»Heide… und der Privatdetektiv! Wie sehen Sie denn aus? Ach, ich weiß schon. Sie haben mit dem Mörder gekämpft, oder?«
Die
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