Bei Interview Mord
blonde Frau, die Heide hieß, hatte den Laden bereits betreten und sah mich neugierig an.
»Ist das der Detektiv, von dem Silvia erzählt hat?«, fragte sie. »Das ist ja aufregend!«
Irgendwo hatte ich mal gelesen, dass Bergisch Gladbach mehr als hunderttausend Einwohner besaß und deshalb als Großstadt durchgehen konnte. Jetzt zeigte sich, dass es dort Getratsche gab wie auf einem Kuhdorf.
»Wahrscheinlich weiß hier jetzt jeder über mich Bescheid, was?«, fragte ich.
»Kommen Sie rein«, sagte Frau Werner. »Sie kriegen auch wieder einen Cappu, wenn Sie wollen.«
Ich ließ mich in einem der Gartenstühle nieder. Die blonde Frau stellte sich mit dem Nachnamen Heesen vor, und ich durfte den beiden Damen die ganze Geschichte meines Kampfes mit dem Mörder erzählen. Warum auch nicht. Mir war klar, dass mein Name früher oder später in der Zeitung auftauchen würde. Daran führte wohl kein Weg vorbei. Was konnte ich dafür, wenn andere die Spielregeln verletzten? Ich hielt mich nach Kräften daran.
»Ich würde gern Zeugen finden, die das Motorrad gesehen haben«, sagte ich und rührte in meinem Cappuccino.
»Das ist nicht schwierig«, sagte Gisela Werner.
»Klar, es gibt den Zeugen auf dem Parkplatz. Das stand in der Zeitung.«
»Das meine ich nicht.« Sie sah mich so auffordernd an, als sollte ich eine Quizfrage beantworten.
»Gisela, du?«, rief Heide Heesen aus, bei der offensichtlich der Groschen früher als bei mir gefallen war.
Frau Werner wandte sich ihr zu. »Natürlich ich! Wenn ich nicht hier gearbeitet hätte, wäre ich auch zu den Kley-Knöters runtergegangen, um bei dem Interview dabei zu sein. Aber ich kann ja den Laden nicht allein lassen.«
»Und Sie lassen ihn sonntags auch nicht allein?«
»Heute mache ich nur ein bisschen Büro.«
»Wie war das denn nun am Freitag?«
»Da kam einer hier hochgerast. Ob er's wirklich war, weiß ich natürlich nicht.«
Ich sah durch das riesige Schaufenster. Man hatte die Kreuzung wunderbar im Blick. Ein Logenplatz. Wieder mal.
»Er kam die Ommerbornstraße rauf«, fuhr Frau Werner fort. »Mit einem Höllentempo. Eigentlich habe ich ihn erst so richtig bemerkt, als er schon den Berg hoch war und dann hier links Richtung Herkenrath gefahren ist. Da hat er nämlich noch mal richtig Gas gegeben und dabei ein Riesenspektakel gemacht.«
»Können Sie den Fahrer beschreiben?«
»Schwarze Motorradklamotten, schwarzer Helm…«
»Könnten Sie sagen, ob es ein Mann oder eine Frau war?«
Sie dachte nach. »Nein.«
»Hatte er was auf dem Rücken? Einen Rucksack oder die Armbrust an einem Riemen?«
»Wahrscheinlich schon. Aber genau weiß ich es nicht.« Sie schüttelte den Kopf. »Das ging alles so schnell… Aber dafür weiß ich was anderes. Ich habe mir einen Teil des Nummernschildes merken können.«
»Einen Teil?«
»Ja, die Anfangsbuchstaben. In der Zeitung hat doch gestanden, dass der Mörder beim ersten Mord ein GL-Kennzeichen benutzt hat, das irgendwann mal samt der Maschine auf diesen Hubert P. zugelassen war, den sie dann festgenommen haben.«
»Ganz genau!«
»Diesmal war es kein GL-Kennzeichen, sondern GM. Gummersbach. Also Oberbergischer Kreis.«
»Sind Sie sicher?«
»Absolut. Und ich kann Ihnen sagen, was es für eine Maschine war. Eine Kawa.«
»Eine was?«
»Eine Kawasaki. Wahrscheinlich eine 750er. Schwarz.«
Wie beim ersten Mord. »Woran haben Sie das so genau erkannt?«
»Man erkennt eine Kawasaki an dem tropfenförmigen Tank. Und bei der 750er ist die Sitzbank auf besondere Weise gestuft.«
»Woher wissen Sie das alles?«, fragte ich. »Hatten Sie mal ein Motorradgeschäft?«
»Nein«, sagte Frau Werner und sah mich abschätzig an. »Ich bin selbst mal eine Kawa gefahren.«
Ich kehrte zum Parkplatz zurück, stieg in den Wagen und steckte den Autoschlüssel ins Schloss. Ich fuhr jedoch nicht los, sondern starrte gegen die schmutzige Wand der Sparkasse. Das Autoradio lief. Die Bergischen Lokalnachrichten begannen. Ich hörte nur mit halbem Ohr hin, doch als der Nachrichtensprecher eine Meldung aus Bergisch Gladbach ankündigte, drehte ich lauter.
»… teilte die Polizei am Morgen mit, dass das zweite Opfer des Armbrustmörders, eine Bergisch Gladbacher Autorin, heute Morgen ihrer Verletzung erlegen ist. Bereits gestern hatte die Kripo den Verdächtigen Hubert P. auf freien Fuß gesetzt. Ein Sprecher der Polizei erklärte, dass die Ermittlungen nun neu aufgerollt werden sollen…«
Ich schaltete ab, stierte
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