Bei Interview Mord
für einen deiner Krimis, oder?«
Theresa wuchtete sich aus dem Sessel und ging ans Bücherregal. Sie zog ein Taschenbuch heraus und gab es mir. Es war ein Roman von Patricia Highsmith. Er hieß »Der Fremde im Zug«.
»Leider hat diese nicht ganz unbedeutende Kollegin das Thema schon mal behandelt«, sagte Theresa. »Aber warum sollte man nicht einmal eine Neuauflage versuchen?«
»Worum geht's denn in dem Roman?«
»Da lernen sich zwei Männer im Zug kennen, und der eine schlägt dem anderen vor, dass sie jeweils für den anderen einen Mord begehen. Sie gehen auseinander, und der eine von den beiden nimmt das nicht so ganz ernst. Bis dann der andere handelt. Und er gezwungen wird, seinen Teil der Abmachung zu erfüllen.«
»Bei uns ist das Ganze schon passiert«, sagte ich. »Wir kommen leider ein bisschen spät. Ich frage mich, wie man das alles beweisen soll.«
»Tja«, sagte Theresa. »Das ist jetzt wieder dein Ressort.«
Ich seufzte. »Wie konnte man auch ahnen, dass bei dem zweiten Interview noch ein Mord geschehen würde? Dass es gleich um eine ganze Serie geht?«
»Eine Serie beginnt streng genommen erst bei drei Ereignissen«, korrigierte mich Theresa.
»Du meinst, wir sollten die Augen aufhalten, wenn es ein drittes Interview gibt?«
»Schaden würde es nicht. Wenn die Theorie mit dem Überkreuzmord allerdings stimmt und Heike und Kley-Knöter die Täter sind, dann gibt es beim dritten Mal keinen Grund mehr, jemanden umzubringen.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das ist schon alles ganz schön konstruiert. Nur weil Heike bei dem zweiten Interview nicht dabei war, muss sie noch lange nicht als Täterin in Frage kommen.«
»Umso höher steigen die Chancen, dass bei einem dritten Interview der Mörder wieder zuschlägt. Und weißt du was? Sogar wenn es Heike und Kley-Knöter waren, könnte man sie zwingen, zuzuschlagen.«
»Wie bitte? Wie soll das denn funktionieren?«
Theresa bekam vor lauter Begeisterung über ihre Idee plötzlich ganz rote Wangen. »Das Radio müsste bekannt geben, dass der Mörder in dem Interview genannt wird. Wer es auch immer ist - er wird die Gelegenheit nutzen, um diese Aussage zu verhindern.«
»Aber das würde ihn auch nicht retten. Wenn man beim Radio weiß, wer er ist, was nützt es ihm dann, denjenigen umzubringen, mit dem das Interview gemacht wird? Nur weil der sagt, wer der Mörder ist?«
»Man müsste das entsprechend einfädeln. Man müsste in den Vorankündigungen sagen: Heute Nachmittag machen wir bei uns ein Interview mit jemandem, der uns sagen wird, wer der Mörder ist. Und das soll heißen, nur er weiß es… Und er wird es auch erst in der Sendung verraten…«
»Ich stelle mir schon die Reaktion der Polizei vor. Ich glaube, da wird kein Mörder beim Interview auftauchen, sondern eher dieser Ballmann.«
»Es war ja auch nur so eine Idee«, sagte Theresa.
»Sie ist ja auch nicht schlecht«, sagte ich. »Aber die Frage ist: Wer soll sich da vor das Mikro stellen?«
Theresa sah mich an und lächelte. »Ach, ich wüsste da schon jemanden…«
Forsbach
»Schlosshotel Lerbach, mein Name ist Müller, was kann ich für Sie tun?«
»Guten Morgen. Ich hätte gern einen Gast von Ihnen gesprochen, Jutta Ahrens.«
»Einen Moment bitte.« In der Leitung dudelte Musik. Ich saß wieder auf demselben Stuhl wie gestern Abend. Theresa hatte mich mit ihrer Idee erst noch nachdenklicher gemacht, dann hatten wir stundenlang darüber diskutiert, und ich hatte mir vorgenommen, eine Nacht darüber zu schlafen. Jetzt, am nächsten Morgen, und bei Tageslicht betrachtet, bot die Idee wenigstens eine Chance.
Es gab nur einen Haken: Ich musste Jutta überzeugen, mitzumachen. Und wahrscheinlich nicht nur sie.
»Herr Rott, hören Sie bitte? Frau Ahrens ist nicht auf ihrem Zimmer.«
Wo konnte sie sein? Auf ihrem Handy hatte ich es auch schon versucht. Es war nicht angestellt.
»Hat sie nichts darüber hinterlassen, wo sie hingeht?«
»Einen Moment«, sagte die Frau, »ich sehe mal eben nach, ob es eine Mitteilung gibt.« Ich hörte einen Moment, wie eine Computertastatur klackerte. »Wie war Ihr Name, sagten Sie?«
»Remigius Rott.«
»Ich soll Ihnen ausrichten, Frau Ahrens sei heute Vormittag in Forsbach bei einer Bioenergetik-Behandlung. Sie ist erst am frühen Mittag wieder zu erreichen.«
»Können Sie mir sagen, wo genau sie hingegangen ist?«
»Tut mir Leid, diese Information liegt mir nicht vor. Nur dass sie erst heute Mittag zurückkommt.«
Bis Mittag konnte
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