Bei Landung Liebe
dass er so schnell wie möglich wieder aus meiner Wohnung, und besser noch aus meinem Leben verschwand.
Kapitel 4 - Isa
Am Samstag wurde ich von einem dumpfen Wummern, das aus unserem Wohnzimmer kam, geweckt. Ohne mich zu bewegen, lauschte ich und hoffte, dass einer meiner Mitbewohner den Lautstärkeregler etwas nach unten drehen würde, bevor sich die ersten Nachbarn über die frühmorgendliche Lärmbelästigung beschwerten. Müde rieb ich mir die Augen, doch als der Krach schließlich nicht leiser wurde, sondern auch noch von zwei grölenden Männerstimmen verstärkt wurde, schlug ich meine Bettdecke zurück und tappte missgelaunt ins Bad. So früh war ich samstags sonst nie wach. Ich steckte mir meine Zahnbürste in den Mund und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Meinen gewohnten Samstagsputz konnte ich heute unmöglich durchführen. Ich würde mich hüten, laut singend und in ausgebeulten Jogginghosen vor Ryan das Wohnzimmer abzustauben oder die Küche zu wischen.
Die Musik wurde immer lauter. Was trieben die zwei Verrückten nur? Da ich absolut keine Lust hatte, mit einem der beiden zu reden, beschloss ich in die Praxis zu gehen. Zwar war das auch nicht unbedingt das, was ich zu meinen Lieblingsbeschäftigungen zählen würde, aber besser, als länger in diesem Irrenhaus zu verweilen, war es allemal. Ich zog mich an und verließ die Wohnung, ohne ein Wort mit meinen Mitbewohnern zu wechseln.
Ich arbeite seit einigen Jahren bei einem Facharzt für Innere Medizin. Mir gefällt meine Arbeit, nur meine Arbeitszeiten verfluche ich regelmäßig. Während meine Freundinnen schon im Park auf der Wiese liegen und das schöne Wetter genießen, sitze ich oft bis spät abends in der Praxis und erledige Dinge, die während des Tages liegen geblieben sind.
Eines dieser Dinge, die ich meist erst erledigen kann, wenn alle Patienten die Praxis verlassen haben, ist das Schreiben der Arztbriefe. Mein Chef diktiert auf Kassette und bei Gelegenheit schreibe ich die Briefe in aller Ruhe. Seit meine Kollegin Svenja in Mutterschutz gegangen ist, häufen sich allerdings die Bänder auf meinem Platz und diese Woche beschwerte sich mein Chef, dass ihm die Kassetten für seine Diktate ausgingen. Das war wohl sein indirekter Hinweis, dass es Zeit wurde, mal wieder einige Briefe zu tippen.
Da ich gestern viel zu aufgeregt war, um das nach der Sprechstunde zu erledigen, würde ich das eben heute nachholen. In der Praxis wäre ich zumindest vor Ryan sicher. Gerade als ich die Kassette mit dem nächsten Diktat meines Chefs einlegte, klingelte mein Handy. Ich schaute auf das Display und nahm ab.
„Hey Julia“, begrüßte ich sie bedrückt, obwohl mir ihr Anruf eine mehr als willkommene Abwechslung war.
„Ich beneide dich, Isa.“
„Mich? Weshalb das denn? Etwa, weil ich bestimmt noch zwei Stunden in der Praxis sitze, um längst überfällige Diktate zu tippen?“
Wenn ich den Haufen an Kassetten nur ansah, wurde mir schlecht. Wie lange hatte ich denn keine Briefe mehr geschrieben? So lange konnte das unmöglich her sein.
„Ach komm, so schlecht ist dein Job gar nicht, aber in erster Linie beneide ich dich um dieses Sahnestück, das mit dir unter einem Dach wohnt.“
Julia gab ein Glucksen von sich. Innerlich schickte ich ein Stoßgebet zum Himmel. Hoffentlich scherzte sie nur.
„Wen genau meinst du?“, wollte ich zur Sicherheit wissen.
„Na Mr. America natürlich. Der ist wirklich allererste Sahne. Ich hatte ihn irgendwie ganz anders in Erinnerung. Hoffentlich hast du die Gelegenheit gestern genutzt.“
„Welche Gelegenheit denn bitte?“
„Na ich dachte, wenn ich euch beide allein lasse, unterhältst du dich vielleicht mal unter vier Augen mit ihm.“
„Du hast den Sekt gestern wohl nicht vertagen“, murmelte ich trotzig in den Hörer. Ich wollte davon einfach nichts hören.
„Hast du dir Ryan überhaupt schon mal genau angeschaut? So ganz objektiv? Allein für seine Augen braucht er eigentlich einen Waffenschein.“
„Der Typ ist ein absolutes Arschloch, da helfen ihm seine ach so tollen Augen auch nicht.“
„Bei dem Aussehen wäre mir die eine oder andere Charakterschwäche glatt egal. Halt dich ran, Isa es wird nicht lange dauern und er hat an jeder Hand fünf Mädels. Außerdem war er gestern echt nett. Man konnte sich richtig gut mit ihm unterhalten.“
„Julia, ich kann den Typen nicht ausstehen, aber wenn er dir so gut gefällt, halt du dich doch ran“, blaffte ich sie an.
Weitere Kostenlose Bücher