Bei Landung Liebe
bemühte meine zitternden Hände zu verbergen.
„Die beiden Herrschaften haben ihre eigenen Vorstellungen. Die Räume hier sind ziemlich in die Jahre gekommen. Sie haben umfangreiche Modernisierungspläne. Was leider heißt, dass ich die Praxis schließen werde.“
„Schließen? Wann?“
„Das wird wohl schneller als gedacht passieren. Voraussichtlich schon zum Ende des Monats.“
Mein Herz hämmerte und tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf. Würde Paula wirklich meine neue Chefin werden? Aber sie hatte doch mit Medizin nichts am Hut, wenn Ryans Information richtig war. Ich musste unbedingt Genaueres in Erfahrung bringen.
„Ich habe mich gestern sehr darum bemüht, dass meine Angestellten auch in der neuen Praxis, die dann entstehen wird, eine Beschäftigung finden, aber leider war der Interessent strikt dagegen. Er wolle hier etwas vollkommen Neues aufbauen. Die ganze Struktur und Aufteilung der Räume soll geändert werden. In der neuen Praxis soll nichts mehr an das hier erinnern.“
Mit einer Geste deutete Dr. Groh auf das Zimmer, in dem wir saßen.
„Das heißt, wir werden alle arbeitslos?“, stotterte ich. Ich glaubte zu spüren, wie sich eine eiskalte Hand um mein Herz legte.
„Ich fürchte ja, Frau Richter. Es tut mir wirklich aufrichtig leid, aber ich verspreche ihnen, dass sie ein hervorragendes Arbeitszeugnis bekommen werden. Mit ihren Referenzen finden sie sicherlich bald eine neue Stelle. Alle weiteren Terminanfragen geben sie bitte an einen Kollegen weiter.“
Angestrengt kämpfte ich mit den Tränen. Ich liebte meine Arbeit hier und jetzt sollte das alles so schnell vorbei sein?
„Wissen die anderen das schon?“, fragte ich mit belegter Stimme.
„Nein, ich wollte es ihnen als Erste mitteilen. Den anderen gebe ich morgen persönlich Bescheid. Ich wäre ihnen sehr verbunden, wenn sie die Neuigkeit solange für sich behalten könnten.“
Ein stummes Kopfnicken war alles, was ich noch zustande brachte. Dr. Groh zog ein Papier aus der Schublade seines Schreibtisches und legte es vor sich ab.
„Ich habe mir gestern Abend ihr Überstunden-und Urlaubskonto angesehen. Dabei stellte ich fest, dass sich bei ihnen einiges aufgestaut hat.“
„Ja.“ Hilflos zuckte ich mit den Schultern. Es war nicht zu vermeiden, dass ich Überstunden schob. Und seit Svenja ihren Mutterschutz hatte, war es noch schwerer, diese abzubauen.
„Sie haben über siebzig Stunden und noch acht Tage Urlaub, Frau Richter. Ich möchte, dass sie das bis zur endgültigen Schließung noch abbauen. Deswegen bekommen sie den Rest des Tages frei.“
„In Ordnung“, sagte ich tonlos.
„Das wäre es soweit. Und bitte bewahren sie Stillschweigen.“
Das Ganze traf mich völlig unerwartet. Mit so einer Hiobsbotschaft hatte ich nicht im Entferntesten gerechnet. Die Konsequenzen waren grauenhaft. Ich musste mir eine neue Arbeitsstelle suchen, mich dort wieder einarbeiten. Mich auf andere Arbeitszeiten, interne Praxisabläufe und ein anderes Computersystem einstellen. Würde ich je wieder einen solch netten Chef wie Dr. Groh finden? Und so nette Kolleginnen wie Karin und Svenja?
Als ich das Sprechzimmer wieder verließ, war mir zum Heulen zumute. In wenigen Wochen würde ich also arbeitslos sein. Das würde nicht nur Auswirkungen auf mein Selbstwertgefühl, sondern auch auf meine finanzielle Lage haben. Zwar war es mir gelungen, monatlich etwas von meinem Verdienst auf mein Anlagekonto abzuzweigen, aber das war eine Reserve, die ich nur ungern antastete. Am besten durchforstete ich zuerst die Tageszeitung nach Stellenanzeigen. Vielleicht würde ich früher als gedacht etwas finden. Als Nächstes würde ich meinem Bruder und Ryan von der Praxisschließung und meiner somit verbundenen Kündigung erzählen müssen. Nachdem ich mich im Umkleideraum umgezogen hatte, knipste ich überall das Licht aus und verließ die Praxis.
Zuhause machte ich mir eine Tasse Kaffee. Der Appetit war mir nach dem Gespräch mit Dr. Groh erst einmal gründlich vergangen. Allgemein hatte ich die letzten Tage wenig gegessen. Lag das an meiner Verliebtheit? Hatte ich mich während der letzten Tage wirklich richtig in Ryan verliebt? Je mehr ich in mich hineinhorchte, umso sicherer wurde ich. Schon beim Gedanken an ihn machte sich ein Lächeln auf meinem Gesicht breit und ich erinnerte mich nur zu gerne an unsere gemeinsamen Stunden, die wir in der vergangenen Woche erlebt hatten. Leider war in der Zeitung keine geeignete Stelle
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