Bei Landung Liebe
verheimlichte er mir etwas. Die Frau steuerte den Wagen aus dem Parkhaus und reihte sich in den Verkehr ein. Nun konnte ich die beiden nicht weiter verfolgen. Sollte ich nun wieder zurück in das Restaurant gehen? Nein, unmöglich. Karin und Svenja würden sofort merken, dass ich sie eben belogen hatte. Ich zog meine Jacke fester um mich und machte mich auf den Heimweg. Als ich zuhause ankam, zog ich mich um und legte mich ins Bett. Vielleicht war alles nur ein böser Traum. Ich zog die Knie an und grub meine Nase tief in mein Kissen, in der Hoffnung, dass Ryans Geruch noch daran haftete. Aber ich konnte nichts finden. Ich fühlte mich schrecklich einsam, betrogen und verlassen. Einige Tränen liefen mir übers Gesicht. Morgen wurde Markus aus der Reha entlassen. Ob er mir helfen konnte? Hatte Ryan ihm gegenüber vielleicht erwähnt, was es mit seinem neuen Job auf sich hatte? Gequält wälzte ich mich hin und her. Ich musste etwas tun, etwas herausfinden.
Da ich sowieso viel zu durcheinander war, um zu schlafen, schlich ich mich in Markus Zimmer, zu Ryans Sachen. Eine seiner Reisetaschen stand vor dem Schrank. Ich öffnete den Reißverschluss und suchte nach einem Hinweis.
Zwischen einigen T-Shirts lag ein brauner, zerknitterter Umschlag. Mit zitternden Fingern zog ich das Kuvert hervor. Vorsichtig öffnete ich es und schaute hinein. Darin befanden sich jede Menge Geldscheine. Ich nahm das Geld heraus und zählte es flüchtig durch. Es waren ungefähr dreißigtausend Euro. Woher hatte Ryan so viel Geld? Und warum versteckte er es hier zwischen seiner Wäsche? Ich hatte angefangen, ihm zu vertrauen, glaubte ihn mittlerweile etwas besser zu kennen. Was verheimlichte er mir? Rasch steckte ich das Geld zurück in den Umschlag. Dabei bemerkte ich, dass sich noch etwas darin befand. Ich legte das Geldbündel zur Seite und fischte einen Zettel hervor auf den jemand drei verschiedene Telefonnummern gekritzelt hatte. Auf der Rückseite war ein Straßenname notiert, den ich aber nicht zuordnen konnte. War das Ryans Handschrift? Ich wusste es nicht. Mein Blick wanderte suchend zu Markus’ Pinnwand, die über seinem Schreibtisch hing. An ihr, wie erhofft, einige der Postkarten, die Ryan meinem Bruder aus Miami geschickt hatte. Ich nahm eine davon ab und verglich die Schrift. Es war eindeutig Ryans Handschrift. Die Buchstaben und Zahlen waren identisch, sie waren von ein und derselben Person geschrieben worden. Panik und nackte Angst erfassten mich und ich spürte Übelkeit in mir aufsteigen. Ich rannte ins Bad und übergab mich. Warum musste das mir passieren? Warum wurde ich schon wieder betrogen?
Die Erinnerung an Dominik kam zurück. Aber das war nicht zu vergleichen. Ryans Verrat verletzte mich weitaus mehr, als Dominik es je hätte tun können. Es war nicht mehr von der Hand zu weisen. Ich hatte mich Hals über Kopf in Ryan verliebt und dabei offenbar wieder einmal mehr Gefühle investiert, als gut für mich waren.
Ich drehte den Wasserhahn auf und wartete, bis das Wasser eiskalt war. Dann hielt ich meine Hände darunter und klatschte mir das kalte Nass ins Gesicht. Meine Haut prickelte. Ich hob den Kopf und sah in den Spiegel. Meine Wimperntusche lief in dicken, schwarzen Bahnen über meine Wangen und meine Augen waren feuerrot. In dem künstlichen Licht der Badezimmerbeleuchtung wirkte meine Haut aufgedunsen und teigig. Ich nahm einen Waschlappen und wischte mir die Reste meines Make-ups vom Gesicht. Total verzweifelt sank ich auf den Boden und heulte solange, bis meine Augen schmerzhaft brannten. Wie sollte ich mich Ryan gegenüber nur verhalten, wenn er nach Hause kam? Um ihn zur Rede zu stellen, fehlte mir die Kraft. Ich fühlte mich so verletzt, so klein und schwach. Und unglaublich einsam.
Ich weiß nicht, wie lange ich auf den kühlen Fliesen saß, aber irgendwann rappelte ich mich auf, ging in mein Zimmer und schrieb Ryan einen Zettel, den ich an meiner Tür befestigte. Ein Magen-Darm-Virus würde ihn hoffentlich abschrecken. Um das Ganze unmissverständlicher zu machen, bat ich ihn, die Nacht allein in Markus Zimmer zu verbringen.
Hoffentlich blieb er die Nacht überhaupt alleine. Vielleicht kam er gar nicht nach Hause. Ich schleppte mich in mein Bett und weinte mich in den Schlaf, während One Republics „All we are“ in der Dauerschleife meiner Stereoanlage lief. We won't break, we won't die. It's just a moment of change. Wir werden nicht daran zerbrechen, wir werden nicht sterben. Es ist nur ein
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