Bei Landung Liebe
entschuldigte ich mich kurz, um auf die Toilette zu gehen. Als ich wieder zu unserem Tisch gehen wollte, bemerkte ich einen bekannten Haarschopf an der Theke. Was machte Ryan denn hier? Er musste doch arbeiten. Warum saß er nun hier und unterhielt sich angeregt mit einer Frau? Sie griff zu einer Flasche Sekt oder Prosecco, die vor den beiden auf der Theke stand, und schenkte zwei Gläser ein. Sie reichte Ryan eines davon, sah ihm tief in die Augen und lächelte ihm zu, bevor sie miteinander anstießen. Ich spürte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich und ich zu zittern begann. Er hatte mich angelogen!
Wie versteinert blieb ich stehen. Mir wurde beinahe schlecht. Die Eifersucht brannte wie Essigsäure in meinem Inneren. Am liebsten wäre ich hingegangen und hätte ihn zur Rede gestellt. Aber ich zwang mich zur Ruhe und kehrte wieder an unseren Tisch zurück, um die beiden noch einen Moment zu beobachten. Vielleicht war alles doch ganz anders, als ich im ersten Moment vermutete. Schon einmal hatte ich Ryan vorschnell verdächtigt.
Svenja erzählte gerade von den Veränderungen, die das Muttersein mit sich brachte und schwärmte in den höchsten Tönen von ihrer kleinen Tochter. Sie ging voll und ganz in ihrer Mutterrolle auf. Stolz zeigte sie ein kleines Fotoalbum mit Bildern eines wirklich süßen Babys herum, aber es fiel mir schwer, mich darauf zu konzentrieren. Immer wieder warf ich heimliche Blicke zur Theke, an der sich Ryan immer noch mit der Unbekannten unterhielt. Sie trug einen kurzen, schwarzen Rock und einen grauen Blazer. Ihre langen, schlanken Beine wirkten durch ein Paar teuer aussehende Stilettos noch länger, als sie schon waren. Ich schätzte sie auf Mitte dreißig. Sie hatte langes blondes Haar und trug eine elegante, rahmenlose Brille. Da Ryan mit dem Rücken zu mir saß, hatte er mich noch nicht entdeckt. Er wusste zwar, dass heute unser Abschiedsessen war, aber sicherlich rechnete er nicht damit, mich ausgerechnet im teuersten Restaurant der Stadt zu treffen.
Als die Frau Ryan erneut anlächelte, spürte ich einen Stich der Magengrube. Sie winkte dem Schankkellner, der hinter der Bar seinen Dienst tat zu und wollte offenbar die Rechnung. Ohnmächtig beobachtete ich, wie die Frau Ryan, der gerade seine Geldbörse zücken wollte, die Hand auf den Arm legte und den Kopf schüttelte. Mit einer gönnerhaften Geste reichte sie dem Kellner einen Schein und stieg anmutig von ihrem Hocker. Ryan folgte ihr zu der Garderobe und suchte nach seiner Jacke. Hoffentlich erkannte er meine nicht darunter. Aber meine unauffällige schwarze Jacke blieb unentdeckt. Ich musste unbedingt herausfinden, was da vor sich ging. Betrog er mich etwa? Ging es um den neuen Job, den er in Aussicht hatte?
„Isa? Alles in Ordnung?“, fragte mich Svenja und holte mich aus meinen finsteren Gedanken.
„Äh, ja. Nein, eigentlich nicht. Ich habe wohl zu viel gegessen und fühle mich nicht gut“, log ich rasch, als ich sah, dass Ryan der Frau in einen beigen Wollmantel half. Dann schlüpfte er selbst in seine Jacke und hielt ihr die Türe auf. Sie bedankte sich mit einem angedeuteten Knicks bei ihm und verließ das Lokal.
„Du kannst gerne nach Hause, wenn du dich lieber hinlegen möchtest. Wir regeln das hier schon.“
„Danke“, murmelte ich und verabschiedete mich rasch. Einen kurzen Moment wartete ich und beobachtete, welche Richtung Ryan und die Frau einschlugen. Dann folgte ihnen mit ausreichend Abstand. Sie liefen in Richtung des Parkhauses, das sich am Ende der Straße befand. Die Frau hatte sich an Ryans Arm eingehakt. Den Arm, in dem ich die letzten Wochen stets eingeschlafen war. Allein die Tatsache, dass sie ihn berührte, machte mich wütend. Im Parkhaus gingen die beiden zielstrebig auf einen dunklen Mercedes zu, während sie leise miteinander sprachen. Ich schlüpfte gebeugt zwischen den geparkten Fahrzeugen hindurch und beobachtete durch die verschmierten Scheiben eines Kleinwagens, wie Ryan der Frau galant die Türe aufhielt und dann selbst auf der Beifahrerseite Platz nahm.
Was ging hier vor sich? War das etwa sein neuer Job? War Ryan an eine Begleitagentur geraten? Wollte er sein Geld etwa damit verdienen, indem er alleinstehenden gut betuchten Damen Gesellschaft beim Essen und vielleicht noch darüber hinaus leistete? Der Anruf, den er vor ein paar Tagen erhielt, kam mir wieder in den Sinn. Warum hatte er zum Telefonieren das Zimmer verlassen und mir nichts über den Anrufer erzählt? Definitiv
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