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Bei Rotlicht Mord

Bei Rotlicht Mord

Titel: Bei Rotlicht Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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ist?“
    „Nein, nein. Das war etwas anderes.
Geld, das sie meinem kleinen Mädchen schuldete.“
    Sie seufzte, und dann sagten wir
nichts mehr. Als sie die Tür öffnete, sagte ich „Auf Wiedersehen, Madame“, und
reichte ihr meine Hand. Sie ergriff sie und hielt sie lange fest.
    „Sie war keine schlechte Tochter“,
flüsterte sie. „Ich möchte, daß alle das wissen. Auch wenn sie von zu Hause
fortgegangen ist, mit kaum zwanzig Jahren... Das muß man verstehen! Sie war so
quicklebendig, sprudelte über vor Lebenslust. Welches Leben hätte sie hier bei
mir erwartet? Ich komme ja grade mal so über die Runden... Und was für ein
Leben wäre das für mich gewesen, sie hier zu sehen, unbewußt voller Groll auf
mich? Wir hätten uns am Ende gehaßt. Sie war keine schlechte Tochter, und
deswegen ist sie von hier fortgegangen. Doch das werden viele nicht
verstehen... Ich verstehe sie... Ich habe mein kleines Mädchen immer
verstanden. Nur ihren Tod... den verstehe ich nicht.“
    Sie ließ meine Hand los. Ich sagte
noch einmal „Auf Wiedersehen“ und beeilte mich, zu meinem Wagen zu kommen.
     
    * * *
     
    Kurz vor der Porte d’Orléans hielt ich
an und ging in ein Bistro. Von dort aus rief ich Hélène an, um ihr zu sagen,
sie solle einen Schrieb vorbereiten, in dem Madame Pellerin mich mit den
Privatermittlungen in Sachen Tod ihrer Tochter betraue. Im Gegenzug teilte
meine Sekretärin mir mit, daß Marc Covet angerufen habe. Er erwarte meinen
Anruf.
    „Sehr schön“, erwiderte ich, „dann
soll er mal ruhig warten.“
    Doch nachdem ich aufgelegt hatte,
überlegte ich es mir anders. Ich rief meinen Freund in der Redakuon des Crépuscule an.
    „Hallo, Covet!“
    „Ach, Sie sind’s, Burma? Also, was ist
los?“
    „Sie wissen genausoviel wie ich. Aber
vielleicht wissen wir beide bald mehr. In den Zeitungen steht nichts mehr über
den Fall Pellerin. Ich hätte gerne, daß Sie ihn am Montag im Crépu Wiederaufleben
lassen. Nur eine Art Zwischenbilanz, in die Sie die Adresse von Madame Pellerin
einbauen. Wäre das möglich?“
    „Selbstverständlich. Wie lautet die
Adresse?“
    Ich nannte sie ihm.
    „O. k.“, sagte Covet. „Und was brütest
du zur Zeit aus?“
    „Eine Falle, aufs Geratewohl.“
    Ich legte auf und verließ das Bistro,
um wieder zu Madame Pellerin zu fahren.
    „Ich bin’s noch mal“, sagte ich zu
ihr. „Entschuldigen Sie, aber ich bin von Berufs wegen ein argwöhnischer
Mensch, der immer das Schlechteste annimmt. Vielleicht sehe ich Gespenster,
aber ich fürchte, Sie könnten in nächster Zeit unangenehmen Besuch bekommen...“
    „Um Gottes willen!“ rief Madame
Pellerin halb ungläubig, halb erschrocken. „Wer könnte etwas von mir wollen?“
    „Das weiß man nie so genau. Sehen
Sie... Es ist ein bißchen heikel...“
    Ich servierte ihr eine gut verdauliche
Geschichte und überredete sie dazu, ihr Häuschen überwachen zu lassen. Tagsüber
von außen, nachts von innen.
    „Meine Mitarbeiter werden Sie gleich
Montag aufsuchen“, schloß ich. „Merken Sie sich ihre Namen: Reboul, ein
Einarmiger, und Zavatter, ein elegant gekleideter junger Mann.“
    Als das erledigt war, fuhr ich wieder
los. Von einem Bistro aus — diesmal in Montrouge — rief ich Reboul an, einen
der angekündigten Mitarbeiter. Reboul hat im Krieg einen Arm verloren, was ihm
zu seinem Werbeslogan verhalf: „Der Einarmige, der Ihnen beide Hände reicht.“
    „Rue des Forges Nr. 15 in
Châtillon-sous-Bagneux“, sagte ich, als ich ihn an der Strippe hatte. „Häuschen
samt Bewohnerin, Madame Pellerin, sind rund um die Uhr zu bewachen. Teilen Sie
sich die Arbeit mit Za.“ Za, das ist Roger Zavatter, mein anderer Mitarbeiter.
„Montagmorgen stellen Sie sich der alten Dame vor. Dann steht nämlich ihre
Adresse im Crépu. Möglich, daß bestimmte Leute dort auftauchen. Bei mir
waren sie schon.“
    „In Ordnung“, sagte Reboul und legte
auf.
    Ich sah im Telefonbuch nach, ob Olga
Maîtrejean drinstand. Sie stand drin: Schausp., Rue du Dobropol (XVII.),
N-i-e-l 78-15. Ich schaute in meinem Büro vorbei, legte die Mappe mit den
Briefen und Fotos vertrauensvoll in die Hände meiner Sekretärin und bat sie,
den Inhalt zu sichten. Dann fuhr ich in die Rue Dobropol.
    Olga Maîtrejean war nicht zu Hause.
Von der Concierge erfuhr ich, daß sie wie üblich übers Wochenende weggefahren
sei. Ich fuhr wieder in die Agentur in die Rue des Petits-Champs.
    Hélène hatte sich schon durch eine
Anzahl von Briefen

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