Bei Rotlicht Mord
ab.
„So“, sagte der Mann im Sessel, „jetzt
geht es Ihnen bestimmt sehr viel besser, und Sie müßten einer kleinen
Unterhaltung gewachsen sein, nicht wahr?“
„Was für einer Unterhaltung?“
„Unterhaltung ist nicht das richtige
Wort. Eher eine kleine Rede ist es, die ich von Ihnen erwarte. Ein Geständnis,
in gewisser Weise. Ich gebe das Startzeichen, indem ich Ihnen eine Frage
stelle. Sie brauchen dann nur noch loszulegen. Ist es recht so?“
„Stellen Sie Ihre Frage.“
„Zuerst möchte ich mich noch bei Ihnen
für die Behandlung entschuldigen, die ich Ihnen angedeihen lassen mußte. Ich
meine damit: Ihnen eine Falle stellen, Sie kidnappen und alles, was dann
folgte. Es war die einzige Möglichkeit für mich, bestimmte Dinge zu überprüfen
und jetzt mit Ihnen diese Unterhaltung zu führen. Ich hätte auch zu Ihnen
kommen können, aber ich habe gehört, daß man dort schnell in schlechte
Gesellschaft gerät...“
„Kann man wohl sagen! Mein letzter
Besucher, ein Flic namens Faroux, ist unerwartet bei mir vorbeigekommen und hat
sich prompt zusammenschlagen lassen!“
„Sehen Sie? Na schön... Also, hier
meine Frage: Welche Rolle spielen Sie bei dem Ganzen?“
„Bei welchem Ganzen?“
„Nun ja... Einerseits die
Fernsehansagerin, andererseits Henri Dolguet.“
„Das wüßte ich selbst zu gerne.“
„Oh, oh! Das ist genau die Art von
Antwort, die mir so gar nicht gefällt. So kommen wir nämlich nicht weiter. Wir
sind nicht hier, um Dialoge für einen Film oder fürs Theater einzustudieren.“
„Sind Sie da ganz sicher?“ fragte ich.
So langsam ging er mir auf die Nerven. „Wenn ich Sie so sehe, muß ich lachen.
Mit der Kanone in der Hand sehen Sie aus wie ‘n zweitklassiger Schauspieler in
einem drittklassigen Film. Außerdem versuchen Sie krampfhaft, sich auf eine Art
auszudrücken, die Ihnen nicht geläufig ist. Entweder Sie haben sich gut unter
Kontrolle, oder aber Sie hören sich gerne quatschen. Sie...“
„Schnauze!“ knurrte eine tiefe Stimme
an meinem Ohr, während eine mächtige Pranke — die mit den dreckigen Fingern von
eben — meine Schulter zerquetschte.
„Halt du lieber deine, und rühr ihn
nicht an!“ bellte „Zitrone“ sein elegantes Machtwort.
Meine Schulter wurde losgelassen. Ich
drehte mich um, um endlich meinen Bewacher zu sehen. Meine Bewacher, sollte ich
besser sagen, denn hinter mir standen zwei Kerle. Auch sie hatten sich eine
Léon-Zitrone-Maske aufgesetzt, aber ich erkannte das Paar trotzdem wieder: Es
waren der Kleine und der Große... meine nächtlichen Besucher von neulich... das
knallharte Duo... die angeblichen Freunde von Mairingaud... die beiden, die
meine Wohnung durchsucht und mich und Faroux niedergeschlagen hatten.
„Also gut“, sagte der Mann, der
offensichtlich ihr Chef war.
Ich drehte mich wieder zu ihm um. Er
trommelte mit den Fingern der freien Hand auf seinen Oberschenkel.
„Sie sind ein kleiner Witzbold,
Monsieur Burma“, fuhr er fort, „und trotz des Brummschädels, der Ihnen
zweifellos zusetzen muß, haben Sie ein ziemlich loses Mundwerk. In diesem
Sinne, fahren Sie fort!“
„Wo?“
„Herrgott nochmal! Geht das schon
wieder los?!“
In einem plötzlichen Wutanfall packte
er den Revolver am Lauf und schlug mit dem Kolben auf das niedrige Tischchen,
daß es nur so wackelte. Dann, als er sich wieder beruhigt hatte, sagte er
versöhnlicher:
„Sehen Sie... Wir haben bei Ihnen
nichts gefunden, weder in Ihrer Agentur noch in Ihrer Wohnung. Und in Ihren
Taschen auch nicht...“
Er legte seine Waffe auf das Tischchen
und breitete, soweit das noch möglich war, den Inhalt meiner Taschen noch ein
wenig sorgfältiger aus. Er nahm das Foto von Dolguet in die Hand, sah es sich
ohne besonderes Interesse an und legte es wieder zu den anderen Dingen.
„Nichts, nirgendwo“, brummte er und
machte es sich wieder in seinem Sessel bequem. „Aber trotzdem... Sie werden
sich doch wohl nicht für nichts und wieder nichts so sehr ins Zeug legen, oder?
Für nichts und wieder nichts lassen Sie sich doch wohl nicht mit dem Namen
Dolguet ködern und kommen in die Rue d’Alésia gerast, wo Madame Dolguet
angeblich etwas zu verkaufen hat
„Das muß ich allerdings zugeben“, warf
ich ein. „Ziemlich blöd von mir, in diese Falle zu laufen.“
„Das können Sie laut sagen! Aber hätte
der Trick genausogut funktioniert, wenn Sie sich nicht für Dolguet
interessieren würden, den ehemaligen Techniker vom Fernsehen? Sehen Sie,
Monsieur
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