Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bei Tag und Nacht

Titel: Bei Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
Vom Netzwerk:
Langen. Ich freue mich darauf, Euch zum Ball zu begleiten.« Hinzu fügte er etwas gallig: »Und hoffentlich geht es Euch bis dahin deutlich besser.«
    Elissa begann zu zittern. »Ja-ja... bestimmt.« Sie hastete hinauf in ihr Zimmer, kämpfte gegen heftige Übelkeit an. Du liebe Zeit, wie sollte sie sich von ihm berühren lassen, wenn sie jedesmal bei einer solchen Gelegenheit befürchten mußte, sich gleich zu übergeben?
    Erschöpft schloß sie die Tür und lehnte sich dagegen. Sophie hatte Feuer im Kamin entfacht, und Elissa durchquerte unsicheren Schrittes den Raum, stellte sich in die Wärme und rieb sich die Arme, um das Zittern loszuwerden.
    Bilder von Steigler bemächtigten sich ihrer Phantasie. War er wirklich der Verräter - der Mann, der den Tod ihres Bruders zu verantworten hatte? Es gab keinen Beweis, aber sie hielt ihn einer solchen Tat für fähig. Sie spürte seine Skrupellosigkeit, seine Verachtung gegenüber den Menschen. Würde er für genügend Geld noch skrupelloser werden?
    Bilder von Karl traten an die Stelle Steiglers. Karl, groß und blond, beherzt und gutaussehend! Es fiel ihr ein Ereignis ihrer Kinderzeit ein, wie er gelacht hatte, als sie in Mutters Seidenkleid herumstolziert war. Obwohl er wußte, daß er dafür bestraft werden würde, wenn man sie entdeckte, hatte er mitgespielt und Papas besten Frack angezogen. Schließlich standen sie beide entzückt vor dem großen Spiegel.
    Dann dachte sie an ihn, wie er älter und ernster geworden war. Er zweiundzwanzig, sie achtzehn, hatte er sie eines Tages um Rat gebeten wegen eines Mädchens namens Allison Bainbridge, der Tochter eines Adligen aus dem Nachbardorf. Da ihr Vater auch aufgeschlossen zu sein schien, sie mit dem Erben der von Langens zu verheiraten, und er glaubte, das junge Mädchen würde ihn annehmen, wollte er ihr einen Heiratsantrag machen. Sie war jung und hübsch - er fand, sie würde eine gute Ehefrau abgeben. Elissa hatte ihn nur gefragt, ob er sie denn liebe.
    Karl bekam eine nachdenkliche Miene und schüttelte den Kopf. Dann küßte er sie auf die Wange und sagte: »Danke, Lis. Ich glaube, das war die richtige Antwort.« In der darauffolgenden Woche wurde er Soldat.
    Jetzt gab es Karl nicht mehr, und niemandem schien das etwas auszumachen. Nichts war nach dem Mord unternommen worden; aber sein dringender letzter Wunsch mußte erfüllt werden. Sie mußte den Falken finden - für Karl und den Frieden in Europa, den sie beide wollten.
    Elissa begann, vor dem Feuer auf und ab zu gehen. Adrian war noch in Wien, und selbst wenn er es nicht gewesen wäre, brachte der Ton seiner knappen Nachricht sie auf den Gedanken, daß er jetzt, am Ziel seiner Wünsche angelangt, sein Interesse an ihr verloren hatte.
    Bei diesem Schluß zog sich etwas in ihr zusammen. Aber was auch zwischen ihnen beiden geschehen war, hatte sie nur sich selbst zuzuschreiben.
    Ihre Überlegungen kehrten zu Steigler zurück. Wenn es ihr am Abend des Balls gelingen würde, in Steiglers Zimmer einzudringen, würde sie sicher irgend etwas entdecken, das auf seine Verbindung mit dem Falken hindeutete. Damit und mit Karls Brief würde sie zu den Behörden gehen. So konnte sie sich vor Steigler in Sicherheit bringen und ihre Verpflichtung ihrem Bruder gegenüber erfüllen, ohne sich zu kompromittieren.
    Das Feuer knisterte, seufzend überließ sich Elissa der Wärme. Vielleicht würde es so klappen. Sie klingelte nach Sophie, nahm sich vor, nicht mehr an Steigler zu denken. Und später war es dann nicht mehr der General, sondern Adrian Kingslands herrliche Gestalt, die sie in ihrem ruhelosen Schlaf verfolgte.

10
    Elissa kleidete sich sorgfältig zum Ball der Kaiserin in eine Robe aus pflaumenblauem Brokat, in dem Goldfäden schimmerten. Nur dieses Gewand kam für eine solche Gelegenheit in Frage. Sophie korrigierte noch die letzten Feinheiten an Kleidung und Frisur.
    »Ihr dürft das hier nicht vergessen, Mylady.« Das schmale Mädchen reichte ihr einen eleganten Fächer mit einem englischen Sonnenuntergang in Violett und Gold.
    Die junge Gnädige bedankte sich, warf einen letzten Blick in den Spiegel, zupfte eine Locke am Ohr zurecht. Sie war ziemlich nervös, weil sie für diesen Abend die Durchsuchung der Räumlichkeiten des Generals geplant hatte. Ehrfurchtsvoll hauchte Sophie: »Ihr seht sehr schön aus, Mylady.«
    Lächelnd bedankte Elissa sich. Mit einem letzten Seufzer verließ sie eilig das Zimmer. Ob es ihr gelänge, eine Verbindung zwischen Steigler und

Weitere Kostenlose Bücher